Die Winzerkönige

Erich & Walter Polz: Der Höhenflug der steirischen Weinbrüder ist nicht zu bremsen. Die Besitzer des Haubenlokals Kreuzwirt betreiben neuerdings auch ein Hotel.

Als junge Burschen sind wir nach Frankreich, in die Toskana und nach Australien gereist, um uns weiterzubilden." Walter Polz schildert die Anfänge. Heute wird in der Branche gerätselt, wie hoch die Weinbrüder Erich und Walter Polz noch hinaus wollen. Sie sind zu Großunternehmern aufgestiegen. Jetzt kommen Australier und Franzosen zu ihnen auf Kellerinspektion.

Acht Millionen Euro Jahresumsatz lassen die Brüder bei gesellschaftlichen Anlässen
mit weltmännischen Blicken genüsslich an ihren Zigarren ziehen. Die Ehefrauen Margret und Renate sind bodenständig geblieben.

1,1 Millionen Flaschen Wein pro Jahr sind nicht genug. Die Familie ist an einem Weingut im slowenischen Jeruzalem beteiligt. Sie besitzt das Top-Restaurant Kreuzwirt mit Haubenkoch Gerhard Fuchs.

Geschmack

Neuerdings sind die Polz-Brüder auch Hoteliers. Genießer des südsteirischen Weinlandes finden in der Nobelherberge neben dem Kreuzwirt auch auf andere Weise ihre Sinneslust. Gesamtinvestment für Hotel und Restaurant: Fünf Millionen Euro. Ach ja: Am Hotel-Restaurant Jaglhof in Gamlitz wird auch mitverdient.

"So schmeckt die Steiermark": Die Polz’sche Vinofaktur in Ehrenhausen bietet Produkte der Topwinzer und regionale Schmankerln. Eine Vinothek in Graz war die blitzartige steirische Antwort auf "Wein & Co" noch vor deren Eröffnung.

Terroir

Der letzte Coup der Winzer: Die Pacht des bischöflichen Weingutes in Seggauberg. "Wir bewirtschaften insgesamt 110 Hektar", skizziert Walter Polz Arbeit und Reichtum: "Mir taugt’s."

Bruder Erich streckte seine Fühler nach Gumpoldskirchen aus. Weinlagen des Stiftes Heiligenkreuz versprechen eine spannende neue Weinlinie. Walter will noch den steirischen Weinort Ehrenhausen aus dem Dornröschenschlaf holen.

"Wir Weinbauern haben eines gelernt: Es geht längst nicht mehr nur um die reine Produktion. Sonst geht’s uns einmal wie den Milchbauern", setzt Walter Polz stark auf Vermarktung des Weins und des Terroirs.

Wird’s irgendwann einmal nicht doch zu viel? "Nein. Lebensqualität hab’ ich nach wie vor. Negativen Stress lasse ich nicht aufkommen. Ich kann Betrieb und Privat sehr gut voneinander trennen", beschreibt Walter Polz. "Ich werde oft beneidet, weil zu unserem Beruf eben das gute Essen und Trinken dazugehört."

Gastfreundschaft ist großgeschrieben und lockt viele Promis an: Von Gastronom Heinz Reitbauer bis zur Jazz-Gitti und Wolfgang Ambros. Schauspieler August Schmölzer kommt ebenso gerne wie Mimin Anja Kruse mit Partner Norbert Blecha. "Johanna, Köchin aus Leidenschaft", ein TV-Softy von ARD und ORF, wurde teils auf Polz’schen Schauplätzen gedreht.

Qualität

Johann Lafer, der echte Kochkünstler, macht sich von Deutschland gelegentlich auch zu den Polzes auf. Die Qualitätsschiene und die Präferenz für Bioregionalität verbinden. Walter Polz nennt diesen Anspruch als Triebfeder für all die Betriebserweiterungen. Als prämierte Weine schon selbstverständlich waren, stellte sich die Frage nach der Topkulinarik, später nach Winzerzimmern ohne knacksende Betten ... "So hat eben eines das andere ergeben", resümiert Walter.

Dabei hat dieWinzerfamilie mal sehr bescheiden angefangen: Mit drei Hektar. "1981 und 1982 waren vom Weinskandal in Niederösterreich und im Burgenland bestimmt. Damals war überhaupt sehr viel süßer Massenwein unterwegs. Das hat uns nicht befriedigt."

Eine eigenständige steirische Linie wurde mit (Schul-)Freunden beständig weiterentwickelt, die heute alle auch große Namen haben: Tement, Gross oder Sattler.

Rosen

Was zählt jetzt noch? "Es soll sich alles festigen. Vorbereitungen für die Weiterführung in der nächsten Generation sind zu treffen. Und irgendwann einmal wird wohl ein Ruhestand kommen", schildert Mitt-Vierziger Walter, um drei Jahre jünger als Bruder Erich.

Dass kürzlich klammheimlich die deutsche Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek bei Polz zu Gast war, hat ausnahmsweise nichts mit Wein zu tun. Walters Ehefrau Renate wandelt auf eigenen Pfaden: Mit ihrem profunden Wissen um historische Gärten. In einschlägigen Gartenkunst-Magazinen sorgen ihre Pflanzen und Blumen für großes Aufsehen. "Im Frühjahr ist alles gelb, im Mai purpur und blau. Im Sommer blühen 500 alte Rosenstöcke."

Weinkultur ist ihr natürlich nicht fremd: "Ich bezeichne mich immer als freie Mitarbeiterin im Betrieb." Schwägerin Margret leitet mittlerweile das Hotel.

"Stolz auf die Buam"

Polz-Clan: Die vierte Generation baut auf. Der alte Nussbaum vor dem Haus weiß viel zu erzählen. Bereits in der dritten Generation besteht das Weingut Polz. Dessen Ursprung kam aus einer Mischlandwirtschaft am südsteirischen Grassnitzberg. Später wurde von der Obst- auf dieWeinwirtschaft
spezialisiert.

Auf 25 Mitglieder sind die Polzes angewachsen. Die nächste Generation zeigt viel Interesse und großes Talent in der Önologie. Top-Ausbildungen sind selbstverständlich. Sogar Lukas, 15, bereitet sich schon auf seine erste Weinverkostung vor.

Ruhepol der Familie ist die Polz-Oma Johanna. "I bin stolz auf die Buam", lobt sie die große Karriere ihrer Söhne und deren rasante Geschäftsentwicklung. Ein bissl zu hektisch gehe es ihr manchmal schon zu.

Die 75-jährige hat seinerzeit eine gemütliche Buschenschank aufgebaut. Während die Männer in den Weinbergen arbeiteten, kamen schon die ersten honorigen Gäste, um sich unter den Nussbaum zu setzen und das Terroir zu genießen. Alles hat sie selbst gemacht, die Polz-Oma: Brot gebacken, Käse erzeugt, Hauswürstel gedreht.

Altwinzer Reinhold hat den Aufstieg seiner Söhne wohlwollend begleitet. 2008 starb er als einer jener Pioniere im steirischen Weinbau, die nach dem Weinskandal in den 80er Jahren erkannte: "Auf Qualität müss’ ma setzen."

Das emotionale Erbe des Seniors: Der Zusammenhalt in der Familie.

Auf zu neuen Märkten

Qualität: Sie bringt auch EU-Millionen. "Der Konsument lebt nicht von Pasta und Brot allein." Qualitätswein sei immer gefragt, sorgt sich Oliver Sartena von Wein & Co um die heimische Weinwirtschaft nicht. "DieWirtschaftskrise ist in Wahrheit nur ein Umdenken." Der Markt werde sich verändern, 300 Euro- Flaschen seien dann eher nicht mehr gefragt.

2,99 Millionen Hektoliter werden heuer vermarktet, bei einem Gesamtproduktionswert von 500 bis 600 Millionen Euro. Dabei war das Jahr 2008 witterungsbedingt kein Fall für schwache Nerven. "Wer auf Masse gesetzt hat, ist auf die Papp’n gefallen. Ich habe kein Mitleid", bekräftigt Weinbaupräsident Josef Pleil.

Die Qualitätsoffensive bei Winzern soll sich fortsetzen. Von den EU-Stilllegungsprämien macht kaum jemand Gebrauch. "570 Hektar wurden gemeldet, das ist unbedeutend", sagt Pleil. Österreich bekomme viel Geld von der EU, um von Tafelweinproduktionen wegzukommen. Stattdessen soll man in Kellertechnik und Weingärten investieren sowie neue Märkte erschließen: USA, Russland, China, Indien, Indonesien, Indien. "Acht Millionen Euro lukrieren wir heuer, dann zehn Millionen. 2013 werden es sogar 13,7Millionen sein."

75 Prozent des heimischenWeins werden in Österreich konsumiert. Niederösterreich hat 30.000 ha Ertragsfläche, das Burgenland 14.000 ha, die Steiermark 4300 ha. Wien mit 680 ha ist die einzige Hauptstadt der Welt mit eigenen Weinlagen.

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