Die Weltmeisterschaft, bei der es wirklich um die Wurst geht
Zuerst wird die Konsistenz kontrolliert, dann daran gerochen, dann abgebissen – wie ist der Biss: fest, gallig, gummig? – und schließlich ertastet, wie sich das Ganze auf Gaumen und Zunge anfühlt.
In etwa so gestaltet sich die professionelle Bewertung von Brat-, Bock-, Fleischwürsten, Pasteten, Rouladen und Co. bei der diesjährigen sogenannten Wurst Weltmeisterschaft in Hollabrunn. Insgesamt gab es 755 Einreichungen.
Begonnen hat die WM dieses Jahr am 29. August. Innerhalb von drei Tagen bewerten 20 Jurymitglieder alle Würste, die aus Österreich, Italien, Deutschland, der Schweiz und Luxemburg nach Hollabrunn geschickt wurden, wo die WM ausgetragen wird.
Brot dazwischen
Die Würste wurden zuerst nach Geschmack sortiert: Von mild bis würzig, damit der Gaumen nicht irritiert wird. „Wenn man die scharfe vor der milden Wurst isst, kann man die milde nicht mehr beurteilen“, erklärt Oberjuror, Fleischermeister Wolfgang Seidl. Damit auch zwischen den verschiedenen Proben der Gaumen wieder neutralisiert wird, stehen auf allen Jurytischen Brot und Mozzarella bereit. Die Jury besteht größtenteils aus Österreichern, aber auch Deutsche sind darunter. So auch Klaus Gerlach aus Berlin. Er ist zum zweiten Mal dabei und freut sich zu Mittag auf einen Salat zum Ausgleich. Schlecht sei ihm aber noch nie geworden. Am Abend wolle er sich sogar einen Tafelspitz gönnen, schließlich sei man nicht jeden Tag in Österreich.
1247 Fleischereibetriebe gibt es aktuell in Österreich, sagt Anka Lorenzc von der Wirtschaftskammer. Der Wettbewerb biete ihnen die Möglichkeit, sich zu vergleichen, zu wissen, wo man stehe. Nur so könne man sich anschließend auch verbessern. Der Großteil der Einreichungen stammt von Handwerksbetrieben. "Die Tendenz geht zurück zu den handwerklichen Ursprüngen des Wurstmachens und weg von der komplett durchstandardisierten Ware", erklärt sie. Jedes einzelne Stück sei dabei verschieden. "Ein Umstand, der früher angekreidet wurde und nun wieder als Zeichen dafür gilt, dass es handgemacht ist." Kunden würden es wieder schätzen, wenn nicht alles gleich schmeckt.
Auf Sinne verlassen
Beim Wurstkauf soll sich der Kunde auf seine Instinkte verlassen, rät Seidl: "Bei der Theke kann man sich die Wurst zum Kosten geben lassen. Da merke ich sofort: Riecht sie gut? Wie ist der Biss? Wie schmeckt sie?" Grundsätzlich sei gute Qualität auch an der geringen Würzung erkennbar. "Eine überwürzte Wurst ist nicht ideal, weil der Fleischgeschmack so nicht in den Vordergrund treten kann." Eine herkömmliche Wurst bestehe lediglich aus Rinder-, Schweinefleisch, Speck für den nötigen Geschmack und einer genügenden Menge Salz, sowie einer dezenten Würzung.
Im Rahmen des Wettbewerbs wurden auch die besten Fleisch- und Aufschnittplatten prämiert – auch das kunstvolle Arrangieren weckte das Interesse des Publikums. Doris Steiner, die das Plattenlegen perfektioniert hat, erklärt etwa: "Bei der Dekoration dürfen Süßes und Saures nicht gemischt werden - also Obst und Gemüse. Es gibt nur vier neutrale Bestandteile: Butter, Zitrone, Pumpernickel und Spargel."
Kommentare