Nach Stilllegung der legendären Weinmarke erwarb die Stadt vor zehn Jahren das Patent zurück
05.04.21, 05:00
Der urige und eigentümliche Name lässt es kaum erahnen, aber in den 1970er-Jahren war der „Poysdorfer Saurüssel“ ein äußerst gefragter Wein. Der Grüne Veltliner aus dem Weinviertel wurde sogar auf dem Opernball kredenzt und als einer der ersten Markenweine Österreichs durch den nö. Winzerverband und Winzerkeller Poysdorf stark mit Werbespots im Fernsehen vermarktet – der Saurüssel erreichte Kultstatus. Mit dem Konkurs des nö. Winzerverbands übernahm Lenz Moser die Marke, 2003 kam dann aber das Aus.
Doch der Saurüssel feierte ein unglaubliches Comeback. Seine Heimatstadt erwarb das Patentrecht und der Poysdorfer Kultwein kehrte zurück. Nachdem die Marke fünf Jahre lang nicht verwendet wurde, habe die Stadtgemeinde 2010 die Chance ergriffen und das Recht auf den Namen übernommen, so Karl Wilfing, Präsident des nö. Landtages und ehemaliger Bürgermeister von Poysdorf.
Dies sei bei den Bewohnerinnen und Bewohnern gut angekommen. „Ich wurde immer wieder auf den Poysdorfer Saurüssel angesprochen“, erzählt Wilfing. All die Jahre sei der Name in den Köpfen der Leute geblieben und mit der Stadtgemeinde identifiziert worden. Auf die bestehende Bekanntheit habe man aufbauen wollen, sagt Wilfing. Deshalb wurde der Verein „Poysdorfer Saurüssel“ gegründet, mit dem Ziel, die Weinsorte neu zu vermarkten. „Mir war es wichtig, dass mehrere Winzer aus Poysdorf etwas davon haben“, erklärt Wilfing. So schlossen sich 15 Weinhauer zusammen, die jeweils eine eigene Saurüssel-Version herstellen. 2011 feierte der Kultwein Auferstehung.
Feinheiten schmecken
Um sich Saurüssel nennen zu dürfen, muss der Grüne Veltliner nicht nur aus Poysdorf stammen, sondern auch einen frisch-fruchtigen Geschmack mit maximal 11,5 Prozent Alkoholgehalt haben. Echte Weinkenner würden die verschiedenen Versionen der Winzer voneinander unterscheiden können, so die Obfrau des Vereins Poysdorfer Saurüssel, Susanne Riegelhofer.
Eine optische Veränderung wurde ebenfalls vorgenommen – das Etikett des „Saurüssel neu“ ist schlicht gehalten und zeigt den stilisierten Rüssel eines Schweines. Der Name lässt sich aber nicht auf das Tier zurückführen, sondern auf die Weinriede „Saurüssln“, die zwischen Poysdorf und Walterskirchen liegt. Seitdem der Saurüssel wieder ins Leben gerufen wurde, habe er erneut an Beliebtheit zugelegt, so die Obfrau.
Laut ihren Angaben werden pro Jahr rund 70.000 Flaschen verkauft – hauptsächlich in Österreich, aber auch nach Deutschland und in die USA. Während sich die Weinmarke früher eher im „Luxussegment“ positionierte, erinnert sie heute viel mehr an einen Sommerwein für jedermann. Auch preislich liege er häufig unter dem restlichen Sortiment der Winzer, sagt Wilfing.
Besonders beliebt ist der Wein bei Touristen. Sätze, wie „Einen Saurüssel nehmen wir auch noch mit“ oder „Ein Saurüssel muss schon sein“, höre man im Weinmarkt Poysdorf häufig, weiß Riegelhofer. Weil in Poysdorf der Weinbetrieb und der Tourismus eng verbunden sind, gibt es viele weitere Angebote im Namen des Saurüssels, wie ein Rad- und Wanderweg oder geführte Touren. Wer die Gegend nicht ohne Proviant erkunden möchte, kann sich mit einem Saurüssel-Picknick-Rucksack – gefüllt mit einer gekühlten Bouteille, Mineralwasser und Jause – auf den Weg durch die Weinberge machen.
Auf die letzten zehn Jahre blicke man zufrieden zurück. Der Saurüssel sei wieder in aller Munde, so Riegelhofer. Zum Anlass möchte man dies feiern und hofft am 19. Juni ein Jubiläum mit der offiziellen Jahrgangspräsentation 2020 veranstalten zu können. Die Planungen seien trotz Corona bereits im Gange, sagt Riegelhofer. Bis dahin heißt es aber noch abwarten. Eines bleibt bis dahin jedenfalls gewiss, der Grüne Veltliner gehört weiterhin zu der Identität der Stadtgemeinde: „Saurüssel ist Poysdorf und Poysdorf ist Saurüssel“, betont Wilfing.
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