Die rote Bastion war uneinnehmbar
Die lockere Stimmung hatte sich St. Pöltens Bürgermeister am Sonntag bis zum Abend bewahrt. Sein Outfit nicht. Bei der Stimmabgabe am Vormittag zeigte sich Matthias Stadler (SPÖ) noch lässig in Blue Jeans. Bei der abendlichen Ergebnisverkündung im Rathaus durfte es schon der Anzug sein. Im Rathaus empfing ihn tosender Applaus als er verlautbarte, wie die Gemeinderatswahl ausgegangen ist: 58,88 Prozent Zuspruch bedeuten für die SPÖ ein Plus von 2,12 Prozent und die Rückeroberung des 26. Gemeinderatssitzes, der 2011 verloren gegangen war.
Das Zugpferd der SPÖ feierte – ganz wie es seine Art ist – den Sieg eher verhalten. "Ein, zwei Achterl Wein werde ich sicher noch trinken. Morgen geht die Arbeit aber schon wieder weiter", sagte Stadler. Den Erfolg begründete der 50-Jährige so: "Wir haben mit unseren Zukunftsthemen Verkehr, Bildung und Wohnen bei den Menschen gepunktet."
Weitgehendes Schweigen herrschte bei den ÖVP-Anhängern – den kurzen "Adl, Adl"-Sprechchören fehlte es an Kraft. Spitzenkandidat Matthias Adl musste eine ordentliche Schlappe hinnehmen: nur mehr 20,39 Prozent und neun statt bisher elf Mandate lautet die ernüchternde Bilanz. "Wir hatten einen starken Gegner und Gegenwind aus der Bundespolitik. Zudem hatte die SPÖ ungefähr das sechsfache unseres Wahlkampfbudgets", betonte Adl.
Man werde nun in Gremien besprechen, wie es weitergehen soll. Von Rücktritt wollte er dezidiert nicht sprechen.
Bundestrend
Ähnlich wie vor fünf Jahren waren auch am Sonntag die Blauen der große Gewinner der Wahl. So wie 2011 packten sie zwei Mandate drauf (14,69%, +3,9%) und sitzen jetzt mit sechs Abgeordneten im Gemeinderat.
FPÖ-Spitzenkandidat Klaus Otzelberger und seine Truppe waren dementsprechend auch in Jubelstimmung. "Die Blauen haben künftig mehr Gewicht im Gemeinderat. Das freut uns sehr, weil wir nun als Kontrollpartei noch stärker agieren können." Er gab aber auch zu, dass der gute Bundestrend der Mannschaft in der Landeshauptstadt genützt habe.
Die Grünen legten in St. Pölten jenen Absturz hin, der ihnen prognostiziert worden war. Nach ihrer 2011er-Schlappe haben sie sich am Sonntag halbiert. Damit ist eine traditionell im urbanen Bereich starke Partei mit nur noch einem Mandat in der Landeshauptstadt vertreten.
Grünen-Chefin Nicole Buschenreiter gab noch am Abend ihren Rücktritt bekannt. "Dieses Ergebnis braucht man nicht zu beschönigen. Ich ziehe daraus selbstverständlich die Konsequenzen." Wirklich traurig schien sie allerdings darüber nicht zu sein. "Die Politik ist auch, ehrlich gesagt, nicht mehr meine Welt, weil die Parteien immer mehr nach rechts driften."
Sie ist der Meinung, dass der in den vergangenen Monaten eingeschlagene Weg der Grünen trotzdem nicht falsch gewesen sei. "Ich stehe zu meinen Entscheidungen."
Verpasst
Die erstmals angetretenen NEOS verpassten wie zwei weitere Listen ("BLÜH", "Die Kühnen.jetzt") den Einzug in den Gemeinderat deutlich. Ihr Antreten hat sich trotzdem ausgezahlt: Die Wahlbeteiligung lag mit 63,63 Prozent (28.610 gültige Stimmen) deutlich über den 58 Prozent der vergangenen Wahl.
Ob die NEOS in fünf Jahren noch einmal an den Start gehen werden, ist ungewiss. "Vielleicht nimmt mein Nachfolger noch einen Anlauf", meint Spitzenkandidat Wolfgang Grabensteiner. Er verglich die Niederlagen der Pinken so: "Wenn man einer Frau einen Heiratsantrag macht, kann es immer passieren, dass sie Nein sagt."
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