Die Liebe zu alten Dingen: "Es ist ein Finden, nicht ein Suchen"
Der Koffer ist in seinem hundertjährigen Leben schon weit gereist. Er besuchte die exklusivsten Hotels in Bad Gastein, New York, London; vergilbte Aufkleber verraten seine Aufenthalte. Jetzt steht er auf einem Schrank in Chris Alexandra Löbs Geschäft in der Mödlinger Innenstadt und reiht sich neben Jugendstil-Lampen, antiken Schmuck und Möbel aus den 50er-Jahren ein.
„Ich verkaufe nicht nur Gegenstände, sondern auch Geschichte“, sagt Löb mit Blick auf ihre Schätze.
Mitten in der Pandemie, im August 2020, hat die Marketing-Expertin den Vintage-Laden Z(w)eitwert eröffnet. Im Geschäft stehen Schirmständer aus den 20er-Jahren neben Vitrinen voller Uhren oder Silberservice (etwa aus dem Weißen Rössl) und einem drehbaren Barschrank aus den 50ern, der sogar James Bond eine Freude gemacht hätte. Kultspielzeug wie Matador oder ein Schuco-Flugzeugmodell warten auf historischen Kommoden; ein Schreibtisch aus 1780 thront im hinteren Teil des Geschäfts.
„Es ist mit eigentlich nichts anderes übrig geblieben, als zu eröffnen“, erzählt Löb. Alles war fertig geplant, der Mietvertrag unterschrieben. „Das hieß Augen zu und durch.“
Letztendlich sei es besser gelaufen, als gedacht. Denn die zahlreichen Lockdowns hätten ihr geholfen, bekannt zu werden. „Die Leute sind mehr strandeln gegangen.“ Und hätten dabei den Laden entdeckt. Denn genau darum gehe es: „Bei mir ist es eher ein Finden als ein Suchen. Es gibt nichts, was man braucht, sondern nur, was man möchte“, sagt Löb.
"Lieb und Wert"
Mit dem Finden kennt sie sich aus, denn viele ihrer Stücke entdeckt sie beim wöchentlichen Stöbern auf Flohmärkten. Oder Leute bringen Dinge, „die ihnen lieb und wert sind“, vorbei. Nicht bei allen ist gleich klar, um was es sich handelt. Wie bei einer martialisch anmutenden Vorrichtung mit Verschluss. Recherchen hätten dann gezeigt, dass es sich um ein Kontobuch-Schloss handelt, berichtet Löb.
Die Leidenschaft für alte Dinge pflegte die Z(w)eitwert-Chefin privat schon lange, beruflich hatte sie im Marketing einer Bank und später eines Großmarktes damit nichts am Hut. Als irgendwann Leute entlassen wurden, „hab ich mir gedacht, so, jetzt mach ich das, was mir Spaß macht.“ Mit allem, was dazu gehört. Und das ist auch schon mal abstauben und polieren (zwei Stunden für ein Service aus den 1860ern). „Ich hab’ mein Lebtag noch nicht so viel geputzt wie jetzt“, erzählt Löb und lacht.
Dafür nimmt sie ihre Arbeit auch buchstäblich mit nach Hause. Immer wieder tauscht sie Stücke aus ihrer Wohnung und dem Z(w)eitwert aus. Denn auch daheim umgibt sie sich gern mit Vintage-Möbeln. „Was die alten Dinge auszeichnet, ist, dass sie handwerklich ganz anders hergestellt wurden. Die Qualität ist super und auch das Design“, sagt Löb. Vielleicht arbeitet die Geschäftsfrau deswegen auf einem ausklappbaren Pokertisch aus 1890.
Bei der Auswahl ihrer Waren achtet die Marketing-Expertin auch darauf, dass sie Stücke aus der Region im Programm hat, aktuell etwa Lithografien von der Burg Liechtenstein.
Bekannt aus Film und Fernsehen
Apropos Region: Kleinen Unternehmern möchte Löb ebenfalls ein Angebot machen: Sie können bei ihr im Geschäft ein Fach mieten, in dem sie ihre Produkte, etwa Kerzenhalter oder Hauben, zum Verkauf anbieten.
Ihre Kunden sind durchaus jung, bei ihnen ist das Interesse für Schmuck groß. Doch auch Filmproduktionen haben sich schon in einige von Löbs Stücken verschaut. Für einen Fernsehfilm verlieh Löb alte Kameras, die Kinoproduktion „Alma und Oskar“ über Alma Mahler und ihre Affäre mit Oskar Kokoschka, oder borgte Schränke aus den 20er Jahren aus.
Künftig werde es aber immer schwieriger werden, historische Stücke zu finden, ist Löb überzeugt. „In Haushalten, die jetzt geräumt werden, findet man solche Gegenstände nicht mehr.“ Umso wertvoller werden die Stücke, die nun noch zu haben sind - wie ein um die Welt gereister Koffer.
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