Die letzte Hauptstadt-Greißlerei

Die letzte Hauptstadt-Greißlerei
Man glaubt es kaum, aber in St. Pölten kann man noch auf 45 Quadratmetern einkaufen. Ein KURIER-Besuch bei Lilly Gruber.
Die letzte Hauptstadt-Greißlerei

Das Häuschen in der Handel-Mazzetti-Straße im Süden St. Pöltens ist nicht zu übersehen. Es sieht aus wie ein Relikt aus vergangenen Tagen. „Kaufhaus L. Gruber“ steht über der Eingangstür, drinnen wartet schon Ludmilla Gruber. „Bitte sagen Sie Lilly zu mir“, lacht die 61-Jährige. Ihre Arbeitswelt, die so liebt, ist gerade einmal 45 Quadratmeter groß. Wursttheke, Regale, Zeitschriften – das wars schon. So sieht sie aus, die letzte Greißlerei in der Landeshauptstadt.

Seit 39 Jahren versorgt Gruber die Kundschaft mit Waren aller Art, sie ist mit viel Herzblut dabei. „Geht auch gar nicht anders“, erzählt sie. Oft muss sie schon zeitig in der Früh aufstehen, um Jausenplatten für einige Firmen herzurichten. „Manchmal beginnt mein Tag schon um vier Uhr Früh.“ Die Begeisterung darüber halte sich aber in Grenzen, schmunzelt sie. „Denn eigentlich bin ich ein Morgenmuffel.“

Gruber kann auf ihr Stammpublikum bauen. Sie hat immer Zeit für ein persönliches Gespräch, kennt die Sorgen und Nöte jener, die bei ihr Einkaufen. „Manchmal komm’ ich mir wie ein Beichtvater vor“, lacht die 61-Jährige. Über die Jahre sind dabei echte Freundschaften zustande gekommen. Das geht sogar so weit, dass man gemeinsam auf Urlaub fährt. „Alle zwei Jahre machen wir eine kleine Reise. Es ist immer eine große Gaudi.“

Es ist ein kleines Wunder, dass so ein Geschäft in St. Pölten überhaupt noch zu finden ist. Vor allem in Zeiten, wo die großen Ketten den Ton angeben.

Der Niedergang der Greißlerei fand schon in den 80er-Jahren statt. „Damals sperrte etwa die Hälfte zu“, weiß Karl Ungersbäck, Spartengeschäftsführer Handel in der Wirtschaftskammer NÖ. Mittlerweile seien die Zahlen, es gibt etwa noch 1200 Greißlereien in Niederösterreich, stabil. Interessant ist, dass viele Menschen angeben, sie würden gern in kleineren Geschäften einkaufen. „Wenn es aber um den Preis geht, dann shoppt man doch lieber im Supermarkt“, sagt Ungersbäck.

Wie lange Lilly Gruber noch hinterm Tresen steht ist ungewiss. „Mir macht’s Spaß. Allerdings gibt es leider noch keinen Nachfolger. Vielleicht meldet sich ja noch jemand“, erzählt sie.

Mut machen ihr Kunden wie Henriette Wenninger. „Ich komme schon seit so vielen Jahren in das Geschäft. Hier fühle ich mich einfach wohl.“

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