Die Karl-May-Intrigenspiele: Winnetou am Tisch des Staatsanwaltes

Bis zu zehntausend Besucher kamen jeden Sommer zu den Karl-May-Festspielen in den Kalksteinbruch
Die Kämpfe, die sich Winnetou und Old Shatterhand mit den Sioux lieferten, waren nicht minder heimtückisch als das, was sich heute in der Festspiel-Gemeinde abspielt. Mit zehntausend Besuchern jeden Sommer waren die Karl-May-Festspiele in Winzendorf 30 Jahre lang ein Garant für beste Unterhaltung und Wild-West-Feeling.
Als im Februar plötzlich das abrupte Ende des Festspiel-Klassikers verkündet wurde, waren viele vor den Kopf gestoßen. Mit einem Schreiben der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ist nun klar, was hinter dem überraschenden Aus des Winnetou-Spektakels steckt.

Am Festivalareal im Kalsteinbruch in Winzendorf wurden ein Haus und eine Tanzschule errichtet
Politische Scharmützel
Intendant und Veranstalter Martin Exel war in die Mühlen politischer Scharmützel und Intrigen samt Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt geraten. Der Amtsleiter der Marktgemeinde Winzendorf-Muthmannsdorf, Hans-Peter Sammer, hatte mit einer Anzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen die frühere Bürgermeisterin Ernestine Kostak (Liste UBL) gleichzeitig auch schwere Vorwürfe gegen Exel und die Festspiele erhoben.
Die Anklagebörde hat den Fall mehrere Monate geprüft und das Verfahren vor wenigen Tagen eingestellt, "zumal kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung der Beschuldigten bestand. Zusammengefasst konnten keine Malversationen zutage gefördert werden, bei denen ein Schädigungsvorsatz bzw. eine Wissentlichkeit mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden könnte“, heißt es bei der Staatsanwaltschaft.

Martin und Helene Exel mit dem Winzendorfer Bürgermeister Peter Mayer (UBL)
Fristlose Entlassung
Für Intendant Exel ist mit der Anzeige aber die "rote Linie“ überschritten. Solange die Gemeinde das "Thema in der Amtsstube“ nicht regle, werde er keine Karl-May-Spiele mehr inszenieren: "Mir ist der Spaß vergangen“.
Aber was steckt eigentlich hinter den Vorwürfen?
Im Vorjahr war es zu einem schweren Zerwürfnis zwischen der damaligen Bürgermeisterin Ernestine Kostak und dem Amtsleiter gekommen. Wie Kostak erklärte, wäre Sammer, der auch Gemeinderat war, gerne zum Vizebürgermeister aufgestiegen. Als das nicht geschah, habe sich die Lage "zugespitzt“. Der Konflikt gipfelte im Sommer 2024 in der fristlosen Entlassung des Amtsleiters wegen Amtsmissbrauchs. Sammer zog dagegen vor Gericht und gewann. Während er in die Gemeindestube zurückkehrte, schmiss Ernestine Kostak im September 2024 hin und erklärte ihren Rücktritt.
Doch das Machtspiel ging weiter – mittendrin die Karl-May-Festspiele. Sammer schwärzte die frühere Bürgermeisterin und Martin Exel bei der Staatsanwaltschaft an. In seiner Anzeige ging es im Kern darum, dass die Ortschefin zugunsten der Festspiele und Exel mehrfach Amtsmissbrauch begangen haben soll. Als Baubehörde soll sie akzeptiert und abgesegnet haben, dass Martin Exel am Festspiel-Areal eine Tanzschule und ein privates Wohnhaus errichtet, obwohl die Widmung des Geländes dies nicht zulasse. Exel, der auch Baumeister ist, war ab 2020 auch Bausachverständiger der Gemeinde.
Gemeinde finanziell geschädigt?
Ein weiterer Vorwurf: Die Festspiele hätten keine Lustbarkeitsabgabe abgeführt und damit die Gemeinde finanziell geschädigt. Dieser Umstand wurde aber offiziell als "Wirtschaftsförderung“ der Gemeinde für die beliebte Veranstaltung deklariert. In seiner Anzeige wirft Sammer der früheren Bürgermeisterin vor, Martin Exel auch beim Gesundheits- und Bauprojekt Kalkmetzen "bevorteilt“ zu haben, was eine mögliche Auftragsvergabe betrifft.
Die Staatsanwaltschaft prüfte den Sachverhalt und kam zu einem anderen Schluss. "Auch in Bezug auf die Vorschreibung der Vergnügungssteuer, die Vergabe von Kindergartenplätzen und das Projekt Kalkmetzen konnte der Verdacht in Richtung eines Missbrauchs der Amtsgewalt bzw. einer Verletzung des Amtsgeheimnisses nicht erhärtet werden“, heißt es in der Begründung der Anklagebehörde.
Nach den Vorwürfen arbeitet Martin Exel nach 13 Jahren als Veranstalter der Karl-May-Festspiele an einem Ausstiegsszenario. Er hat das 26.400 Quadratmeter große Festspiel-Gelände im Kalksteinbruch für 5,7 Millionen Euro zum Kauf angeboten. Auf dem Gelände befindet sich auch eine 250 Quadratmeter große Tanzschule, die Exels Frau betreibt. Außerdem gibt es ein Privatanwesen sowie einen Saloon und die riesige Bühne samt 1.600 Quadratmeter großer Halle vor der Kulisse des stillgelegten Steinbruches.
Bürgermeister um Lösung bemüht
Was die Zukunft der Winnetou-Festspiele anbelangt, sieht Exel in der angespannten Situation derzeit nur wenige Chancen auf eine Fortsetzung. "Die Gemeinde muss sich klar deklarieren, was sie will“, spielt der Intendant den Ball an Bürgermeister Peter Mayer (UBL). Wie dieser im Gespräch mit dem KURIER erklärt, sei man bemüht, doch noch eine Lösung für die weitere Aufführung der Spiele zu finden.
Am Freitag hat Exel dem Ortschef einen Fragenkatalog mit aktuellen Themen in der Causa übergeben. Diese Fragen werden demnächst im Gemeindevorstand behandelt und anschließend darüber auch dem Gemeinderat berichtet. "Winzendorf identifiziert sich mit den Festspielen. Deshalb wünsche ich mir, dass es die Veranstaltung auch weiterhin gibt“, sagt Mayer. Der Konflikt sei leider auf einer sehr emotionalen Ebene ausgetragen worden und habe viel verbrannte Erde hinterlassen. Ob sich die Wogen noch glätten lassen, werde man sehen, so Mayer.

Ernestine Kostak sieht durch die Einstellung der Ermittlungen ihren Namen reingewaschen: "Ich habe es endlich schwarz auf weiß, dass ich mir nichts zu Schulden kommen habe lassen“.
"Gemeinde muss sich deklarieren"
Für Exel grenzt die Vorgangsweise an Rufmord. Juristen der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt hatten die Bauten am Festspiel-Gelände längst geprüft und als "widmungskonform“ eingestuft, so der Baumeister. Solange ihm gewisse Mächte in der Gemeinde weiter Prügel vor die Füße werfen, werde er sich davor hüten, weiterhin Festspiele zu veranstalten. "Die Gemeinde muss sich klar deklarieren, was sie will“, spielt Exel den Ball an Bürgermeister Peter Mayer (UBL).
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