Die Jungschar trotzt der Krise
Der Geruch von Uhu in der Nase, Danke für diesen guten Morgen im Ohr und windschiefe Jugendherbergsbetten vor Augen. Jungschar: Das klingt irgendwie nach Basteln und Sommerlager mit Jazzmessen-Soundtrack – angestaubt.
Trotzdem, die katholische Jungschar scheint die Diskussionen um Kirchenskandale und hohe Austrittszahlen weitgehend unbeschadet zu überstehen. Am Osterwochenende war das dank der Ratschenkinder vor allem in den ländlichen Gemeinden wieder zu hören. Wie in Wiesmath in der Buckligen Welt, wo Ulrike Gallei und ihre Jungschar-Leiterinnen 60 Kinder in sechs Gruppen betreuen. "Fast alle Kinder im Ort kommen in der dritten Volksschulklasse zu uns", meint Gallei.
Konstante Zahlen weist aber auch eine aktuelle Jungschar-Studie auf: Insgesamt sind über 72.000 Kinder und Jugendliche in Österreichs Pfarren aktiv – sei es als Ministranten oder in Gruppen.
Im vorkonziliaren Jahr 1961 waren es knapp über 79.000. Dass es 1992 noch 130.000 gewesen sein sollen, ist für die Autoren der Studie "nicht seriös". Damals habe man hochrechnen müssen – nur ein Drittel der Pfarren haben sich beteiligt. Diesmal waren es 86 Prozent (siehe Zusatzbericht).
Muslimische Kinder
In der Studie wird auch das Bild der Jungschar in der Gesellschaft thematisiert: Als Metapher für gesellschaftliche Skurrilität müsse man herhalten, heißt es. Tatsächlich sieht Sara Dallinger, die Vorsitzende der Österreichischen Jungschar deren Arbeit aber als "zentralen Bestandteil des pastoralen Angebots der Pfarren."
Offenheit ist für sie ein wesentlicher Bestandteil von Jungschararbeit im 21. Jahrhundert: "Wir fragen nicht, welchen Hintergrund ein Kind hat. In unseren Gruppen finden sich auch Kinder aus orthodoxem oder evangelischem Elternhaus." Auch muslimische Kinder kommen zu Jungschartreffen.
Jugendbischof Stephan Turnovszky findet das gut: "Die Realität der Jungschararbeit hat viel mit Gemeinschaft und Kinderpädagogik zu tun."
Religiöse Aspekte werden von den über 12.000 Gruppenleiterinnen – 74 Prozent sind Frauen – auch als Ziel genannt. "Vor allem jugendliche Gruppenleiterinnen trauen sich über theologische Themen vielleicht nicht so richtig drüber", meint Turnovszky.
Austritte
Konstant hoch ist aber nicht nur die Zahl der Jungschar, sondern auch jene der Austritte: 55.000 Menschen kehrten der Kirche im Jahr 2014 den Rücken. "Wir wissen, dass unter den Austretenden viele Erstbeitragszahler sind", so Turnovszky.
Gehen der Kirche die Schäfchen zwischen dem Ende der Jungscharzeit mit 14, 15 Jahren und dem Einstieg ins Berufsleben verloren? Der Bischof sieht das anders: Ohne das Engagement in der Jungschar wären die Austrittszahlen wohl noch höher: "Den Menschen, die hier tätig sind, gebührt mein Dank." Die Kirche müsse aber darüber hinaus junge Menschen mehr ansprechen.
Kommentare