Der Hüter der Thermometer und Messstellen
Es waren staubige Akten, die im Magazin lagerten. Bis ins Jahr 1954 reichen die handschriftlichen Daten zurück, die Bernhard Bauer in feinsäuberlicher Arbeit digitalisierte. Dann hat er sie ausgearbeitet und in Statistiken erfasst.
Bauer ist eine von 515 Privatpersonen, die für das Land Niederösterreich hydrografische Messungen betreuen – also Niederschlag, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Verdunstung aufzeichnen.
Begonnen hat er damit ursprünglich nur, weil er die Arbeit von seinem Vorgänger übernommen hat. Schnell hat es sich aber zu einer Leidenschaft entwickelt. Und 30 Jahre später dreht sich in Bauers Kopf alles ums Wetter. Selbst wenn er auf Urlaub fährt, beschäftigt er sich mit den dortigen Gegebenheiten oder ist besorgt, ob zu Hause die Daten auch korrekt eingetragen werden.
Jeden Tag in der Früh, wenn er zu seinem Arbeitsplatz in Naglern (Bezirk Korneuburg) kommt – er arbeitet dort als Saatbautechniker bei der Kartoffelsaatbaugenossenschaft – nimmt er als erstes die Messungen vor. Die Temperatur wird zwar automatisch und mit fünf Minuten Zeitverzögerung ins Internet übertragen und auf der Seite des Landes NÖ angezeigt. Bauer misst dennoch zusätzlich händisch mit dem Thermometer – „sicher ist sicher“.
Im Internet kontrolliert er in regelmäßigen Abständen, ob die Daten korrekt angezeigt werden. Mit dem Mauscursor fährt er über die NÖ-Karte und liest vor: „10.30 Uhr, 7 Grad.“ Zufrieden vergleicht er den Wert mit dem Thermometer neben seinem PC.
„Mai ist Gold wert“
Wenn es 24 Stunden lang geregnet hat, misst er auch Niederschlag und Wasserverdunstung. Am Donnerstag fielen zwischen 8 und 11 Uhr 1,4 Liter Regen pro Quadratmeter. In der gleichen Zeit verdunsteten 2,8 Liter. „An Spitzentagen im Sommer können es auch neun Liter sein, wenn es warm ist und der Wind geht“, erklärt Bauer.
Nur an den Wochenenden gönnt er sich eine Pause. Ganz lassen kann er es aber nicht: Bei seinen Motorradtouren im Sommer plant er immer einen kurzen Halt bei den Messstellen ein, um auch da die Daten eintragen zu können.
„Das Wort Klimawandel nehme ich nicht gerne in den Mund, aber es fällt mir kein anders ein“, sagt er beim Blick auf seine Statistiken.
Er vergleicht seine Daten kurz- und langfristig. Frühling und Herbst seien nicht mehr existent. Und: „Im Februar und März war es heuer extrem warm. Es hatte durchschnittlich um vier Grad mehr. Dafür war der Mai um rund sieben Grad kühler“, erklärt er.
Aus seinen Daten liest er heraus, dass 1983 das trockenste Jahr war: 368 Liter pro Quadratmeter hat es da geregnet. 1966 war mit 900 Litern das niederschlagreichste. Februar und März waren heuer „extrem trocken, dafür ist der Mai jetzt Gold wert für die Landwirtschaft“. Denn auf die Verteilung komme es an: Viel Niederschlag im April, Mai und Juni seien wichtig, sagt er mit einem Blick auf das Erdäpfelfeld.
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