Der Hotelier als Datenjäger

Vermieter sammeln umfangreiche Gästedaten.
Kontrollnetz wird enger geknüpft: Unternehmer plagt der Mehraufwand.

Zuerst Rauchverbot, dann Registrierkasse. Jetzt plagt Österreichs Hotellerie das neue Meldegesetz. Den Unternehmern reicht es jetzt. Sie proben den Aufstand.

Der Grund zu strengeren Meldeauflagen ist vor dem Hintergrund der terroristischen Bedrohungslage zu suchen: Österreichs Behörden wollen engere Kontrollnetze. Mögliche Attentäter sollen nicht einfach unerkannt in Reisegruppen untertauchen.

Waren früher Reisegruppen mit mindestens acht Mitgliedern von der Meldepflicht ausgenommen (nur der Reiseleiter musste sich eintragen, Anm.), bzw. genügten kurze Gästelisten, müssen Hoteliers nun umfangreiche Datensätze von jedem aufzeichnen. Das sind: Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Herkunftsland, Adresse samt Postleitzahl sowie – bei ausländischen Gästen – Art und Nummer sowie Ausstellungsdatum und die ausstellende Behörde des Reisedokuments. Auch bei Reisegruppen müssen diese Daten von jedem Einzelnen vorgelegt werden.

„Das ist ein irrsinniger Aufwand für den Unternehmer“, sagt Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Der Verband hat wiederholt darauf hingewiesen, die Verschärfung sei kaum zu administrieren: „Bei allem Verständnis für das Thema Sicherheit müssen die Maßnahmen doch praktikabel bleiben.“ Der Wunsch der ÖHV: Einfache Sammelmeldungen für Reisegruppen.

Neue Formulare

Seit April ist die Bestimmung in Kraft, dass die Daten – sofern sie nicht elektronisch gespeichert werden – auf sogenannten „Gästeverzeichnisblättern“ einzutragen sind. Sie ersetzen das bekannte „Gästeblatt“. „Nur waren zum Start nicht einmal die entsprechenden Formulare da“, sagt Gratzer. Außerdem müssen die Gästedaten statt bisher drei jetzt sieben Jahre aufbewahrt werden. Noch läuft eine Übergangsfrist bis Ende Juli 2017. Recherchen des KURIER zeigen, dass sich aktuell kaum jemand an die neuen Regeln hält.

Warum, dafür hat Florian Werner eine deutliche Erklärung parat. „Es ist wieder eine Belastung mehr, die nicht sinnvoll ist“, sagt der Hotelier vom renommierten Arlberg Hospiz Hotel, das selbst gekrönte Häupter gerne als Urlaubsdomizil wählen. „Die Daten werden ja nicht genutzt. Wir werden als Jäger und Sammler eingesetzt und nach sieben Jahren schmeiß’ ich die Aufzeichnungen weg. Besser gesagt, ich muss sie teuer vernichten lassen, weil das ja sensible Daten sind.“

Der Hotelier als Datenjäger
Florian Werner, Hospiz, St. Christoph/Arlberg; Honorarfrei!
Werner will nun abwarten, ob sich nicht noch Entscheidendes im Gesetz ändert. „Das Drama in Österreich ist ja, dass wir nie Rechtssicherheit haben. Da bist du der Blöde, wenn du bei den Ersten dabei bist – wie beim Rauchverbot, wo viele teuer umgebaut haben.“ Der Frust der Unternehmer steige: „Österreich hat das Glück, dass wir mit unseren Betrieben nicht abwandern können. Wir arbeiten ja gerne, man muss uns aber auch lassen.“

Flüchtlinge

Die nächste Änderung des Meldegesetzes steht übrigens bereits bevor. Grund dafür ist das Thema Asyl. Die Meldebehörden sollen Möglichkeiten bekommen, Identitätsdaten elektronisch zu ermitteln (siehe Zusatz). „Die Praxis zeigt, dass die Fotos auf Asylwerberkarten mitunter kaum zu erkennen sind“, sagt Walter Grosinger, Rechtsexperte des Innenministeriums. Fälschungen der Ausweise würden so erleichtert.

Darüber hinaus sei nicht immer zweifelsfrei feststellbar, ob die Personendaten von Asylwerbern tatsächlich stimmen. „Das betrifft Menschen, die zu uns kommen und sich anmelden wollen, aber keine Dokumente mithaben.“ In solchen Fällen bekommen die Betroffenen künftig einen entsprechenden Vermerk im Melderegister.

Die derzeit in Begutachtung befindliche Novelle des Meldegesetzes erlaubt Meldebehörden, künftig im Zentralen Fremdenregister Daten oder Bilder abzugleichen. Außerdem soll ihnen der Einsatz von elektronischen Passlesegeräten ermöglicht werden. Kann die Identität einer Person nicht mit Verlässlichkeit festgestellt werden, darf die Behörde dies künftig im Melderegister (ZMR) vermerken.

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