Der harte Weg aus der Sucht ins Leben

Der achtjährige Samuel, der am ADHS-Syndrom leidet, fühlt sich in der Privatschule wohl. Rolke-Rosenberg hofft nun auf Spenden
Mit 13 nimmt sie Heroin, mit 17 ist sie Mutter. Obwohl sie längst clean ist, wird eine junge Frau immer wieder von ihrer Vergangenheit eingeholt.

Vielleicht würde Tanja an diesem sonnigen Donnerstag im Oktober nicht in ihrem Wohnzimmer sitzen und heulen, weil sich eine fixe Jobzusage als Kellnerin in Luft aufgelöst hat. Vielleicht würde sich Tanja auch keine Sorgen um ihren Sohn Samuel machen müssen, der am ADHS-Syndrom (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ) leidet und in der Schule eine ganz spezielle Betreuung braucht. Doch die 26-Jährige hat eine Drogenvergangenheit, die sie immer wieder einholt. Ein Stigmata, das sie bis heute nicht losgeworden ist.

Behütet aufgewachsen, kommt die Mostviertlerin mit 13 erstmals in Kontakt mit Drogen. Sie verfällt dem Teufelszeug, zieht Heroin, weil sie den Kick sucht, wie sie sagt. Sie umgibt sich mit den falschen Menschen,wird abhängig. „Von den Freunden, mit denen ich damals unterwegs war, leben einige nicht mehr.“ Mit 17 wird sie schwanger, Samuel kommt auf die Welt. „Er hat mir das Leben gerettet“, sagt sie heute und lächelt ihren Sohn an. Sie kommt von den Drogen los, ist clean. „Der Entzug war brutal, aber ich habe es ganz ohne Medikamente geschafft. Darauf bin ich stolz.“

Eklat

Doch Samuel ist kein normales Kind. Er hat Schwierigkeiten sich zu konzentrieren, der Besuch der Volksschule in der 3000-Einwohner-Stadt wird für Sohn und Mutter zur Hölle. „Wir wurden gemobbt. Einige haben uns abgelehnt, weil sie von meiner Vergangenheit wussten“, erzählt Tanja. Die Lehrer sollen auch auf die besonderen Bedürfnisse Samuels nicht eingangen sein.

„Sie haben ihn in die letzte Reihe gesetzt“, erzählt die 26-Jährige. Für einen, der ein Aufmerksamkeitsdefizit hat, nicht gerade eine ideale Lösung. Dann kommt es zum Eklat. Samuel wird von der Schule suspendiert, weil er einer Pädagogin gedroht haben soll.

Zu teuer

Während Tanja ihre Geschichte erzählt, hört ihr Gerlinde Rolke-Rosenberg aufmerksam zu. Seit zehn Jahren leitet sie den Verein „Angehörige Drogenkranker“ in St. Pölten. Sie führte viele Gespräche mit Tanjas Mutter und hofft nun auch für den achtjährigen Samuel etwas tun zu können.

Derzeit besucht der aufgeweckte Bursch eine Privatschule in Ober-Grafendorf, wo er sich auch sehr wohl fühlt.

„Mama, was habe ich getan, dass dort alle so nett zu mir sind“, fragte er kürzlich seine Mutter. Doch nun geht der Familie das Geld aus. 319 Euro kostet die Schule pro Monat. Für die Alleinerziehende ist das finanziell unmöglich allein zu stemmen. „Wir hoffen nun, dass sich Menschen beim Verein melden, um zu helfen“, sagt Rolke-Rosenberg. Auch damit Samuel in eine gute Zukunft blicken kann. Ohne Drogen.

Nicht nur Suchtkranke brauche Hilfe, auch für die Angehörigen kann die Situation zu einem Höllentrip werden. Der Verein „Angehörige Drogenkranker“ hat sich genau dieser Problematik angenommen. Finanziell unterstützt werden sie dabei von der Fachstelle für Suchtprävention des Landes Niederösterreich.

„Um die Krankheit des Angehörigen verstehen zu lernen und damit umgehen zu können, braucht es oft professionelle Unterstützung“, sagt Leiterin Gerlinde Rolke-Rosenberg.

Monatlich werden mehrere Gruppen in NÖ (St. Pölten, Mödling, Wr. Neustadt, Mauer) angeboten, die von Experten moderiert werden.

Neben den laufenden Gruppen und der Telefonhotline (0650 3907730 ) für Angehörige Drogenabhängiger, betreibt der Verein ein Internetforum und möchte in Zukunft auch Online-Beratung anbieten. www.angehoerigen-hilfe.at

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