Historischer Moment: 26 Frauen gelingt in NÖ ein Bundesheer-Rekord
Frauenpower in Mistelbach (nicht alle Soldatinnen sind auf dem Foto)
Tief hängt der Nebel über Mistelbach, es ist nass und kühl – nicht unbedingt die besten Voraussetzungen, um sich durch den Wald zu schlagen.
Dann kommt eine Soldatin angelaufen, schwarze Tarnfarbe im Gesicht, Helm, Rucksack, das Sturmgewehr fest in den Händen. Sie ist außer Atem, die Anstrengungen stehen ihr ins Gesicht geschrieben. Gefechtsdienst ist an diesem Novembervormittag angesagt – laufen, robben, Stellungen beziehen.
Elif-Sara Aslaner heißt die junge Frau, die es von Vorarlberg ins Weinviertel verschlagen hat, um sich im Bundesheer einen Traum zu erfüllen. „Es ist schön, dem Land zu dienen“, sagt Aslaner. Dieser Satz kommt ihr ganz selbstverständlich über die Lippen; er wirkt nicht einstudiert.
Sie quält sich an diesem Novembertag durch den Wald, um ihr Ziel zu erreichen. Die 23-Jährige will Unteroffizierin in der Armee werden.
„Chancengleichheit“
Aslaner ist eine von 26 Frauen, die vor einigen Wochen in die Bolfras-Kaserne in Mistelbach, dem Sitz des Aufklärungs- und Artilleriebataillons 3, eingerückt sind.
Der Umstand, dass Frauen eine Bundesheer-Uniform tragen, ist freilich nicht neu. Aber die Anzahl der Frauen, die am 6. Oktober durch das Kasernentor schritten, um hier ihre Ausbildung zu beginnen, ist in der Geschichte des Heeres ein Rekord. Erstmals rückten 26 Frauen gleichzeitig bei einem Verband ein. 24 von ihnen sind nach rund einem Monat noch dabei.
Von Vorarlberg ins Weinviertel: Rekrutin Aslaner
Der „freiwillige Grundwehrdienst“, der 2023 ins Leben gerufen wurde, dauert für die jungen Frauen in der Kaserne in Mistelbach noch weitere fünf Monate.
Intensive Werbung
Im Verteidigungsministerium blieb dieser Rekord unterdessen nicht unbeobachtet. „Das ist ein starkes Zeichen dafür, dass der freiwillige Grundwehrdienst sehr positiv angenommen wird und immer mehr Frauen sich bewusst für den Dienst beim Bundesheer entscheiden. Jede einzelne von ihnen ist ein Vorbild, macht das Bundesheer vielfältiger und moderner und setzt ein klares Zeichen für Chancengleichheit – denn Führung kennt kein Geschlecht“, betont Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP).
Sehr zufrieden mit dieser Entwicklung ist auch Oberst Hans-Peter Hohlweg, der die Verantwortung über das Aufklärungs- und Artilleriebataillon 3 trägt.
Oberst Hohlweg mit Soldatin Marcsanyi
„Wir sind viel in Schulen unterwegs, in den sozialen Medien sehr aktiv, präsentieren uns oft außerhalb des Kasernentores“, glaubt Hohlweg, das sei das Geheimnis, warum ausgerechnet die Bolfras-Kaserne viele Frauen anzieht. Denn schon in den vergangenen Jahren erfüllte die Einheit jene Frauenquote, die die Ministerin gern auch in anderen Kasernen sehen würde.
Mehr Leistung
Der Offizier sieht viele Vorteile darin, dass sich das Heer für Frauen geöffnet hat. „Frauen in der Truppe steigern das Leistungsvermögen der Männer um zehn bis 15 Prozent. Der Grund ist ganz einfach: Viele Soldaten denken sich, wenn eine Frau das schafft, dann schaffe ich das auch.“
Emese Marcsanyi hat sich ebenfalls für den Dienst an der Waffe entschieden. Die 19-Jährige kommt gerade vom Sport, das Training bei den Aufklärern ist fordernd.
„Ich habe mir gedacht, dass ich viel schlechter abschneiden würde, aber ich bin mit meiner Leistung bislang zufrieden“, sagt sie im Gespräch mit dem KURIER. Für sie steht vor allem der Zusammenhalt innerhalb der Truppe an erster Stelle.
„Die Kameradschaft gefällt mir am besten. Man ist füreinander da, da wird auch kein Unterschied zwischen Mann und Frau gemacht. Wenn jemand Hilfe braucht, etwa bei einem Marsch, dann wird geholfen. Außerdem habe ich schon Freunde gefunden, mit denen man auch außerhalb des Dienstes etwas unternehmen kann.“
Dann geht es für Marcsanyi wieder zum Sport. Auf sie und ihre Kameradinnen warten noch fünf harte Monate in Mistelbach.
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