„Bis 2015 muss ein Plan zum Atomausstieg vorliegen“
KURIER: Sie kampagnisieren gegen die grenznahen Atomkraftwerke. Warum?
Stephan Pernkopf: Fukushima hat gezeigt, dass Atomkraftwerke die größte Bedrohung für die Menschheit sind. Dort leben jetzt noch Tausende in Notunterkünften. Das würde sich in Europa niemand gefallen lassen. Mir ist klar, dass nicht jedes Land sofort aussteigen kann. Aber es kann nicht zu viel verlangt sein, dass jedes Land möglichst rasch einen Ausstiegsplan vorlegt.
Wie akut ist die Gefahr durch die AKW für Niederösterreich?
Atomkraftwerke sind nicht sicher. Ich schätze die Gefahr daher durchaus als akut ein. Es könnte leider jeden Tag etwas passieren.
Tschechien hat bisher auf die Aktionen aus Österreich keinerlei Wirkung gezeigt. Im Gegenteil – zuletzt wurde der Ausbau der Atomkraft angekündigt. Was nun?
Was haben Sie von der Bundesebene gehört? Das Schweigen der Lämmer. Diplomatisches Schweigen ist hier zu wenig. Man muss hier ganz entschieden dagegen auftreten. Nachdem wir als Land rechtlich wenig Handhabe haben, gibt es nur ein politisches Druckmittel. Nämlich Druck bei den Finanzverhandlungen in Europa zu machen.
Sie haben den Bundeskanzler in einem Brief aufgefordert, bei den EU-Finanzverhandlungen in Richtung Tschechien entschieden aufzutreten. Wie hat er darauf reagiert?
Er hat nur seine Partei vorgeschickt, die uns kritisiert, dass wir untätig wären. Es ist aber jetzt der Kanzler in der Ziehung, etwas zu tun. Es ist nicht einzusehen, dass ein Nettoempfängerland in Europa gleichzeitig das größte Sicherheitsrisiko ausbaut.
Warum sehen Sie den Bundeskanzler in der Pflicht?
Er allein sitzt bei den Finanzverhandlungen in Brüssel am Tisch. Er muss in dieser wichtigen Frage jetzt Flagge zeigen.
Welche Übergangsfrist für den Atomausstieg sollte Tschechien gegeben werden?
Ich bin mit Global 2000 einer Meinung, dass jedes Land in Europa bis 2015 einen verbindlichen Atomausstiegsplan vorlegen muss.
Reicht es Ihnen nicht, wenn Tschechien mehr in die Sicherheit der AKW investiert?
Nein, das Risiko der Atomkraft ist einfach zu groß.
Sollte die Bundesregierung untätig bleiben, thematisieren Sie die Atomkraftfrage im NÖ-Landtagswahlkampf?
Wir haben zu diesem ernsten Thema eine eigene Online-Plattform geschaffen. Unter www.energiebewegung.at/anti-atom kann man den Druck auf die Bundesregierung unterstützen. Ein feines Staatsbankett in der Hofburg für einen tschechischen Präsidenten auszurichten, der gleichzeitig das höchste Sicherheitsrisiko ausbaut und uns alle damit gefährdet, das versteht niemand.
Ist eine Schützenhilfe in Sachen Atomkraftausstieg durch die EU realistisch?
Es gibt in Europa eine sehr starke Atomlobby. Hier dürfen wir uns nicht einschüchtern lassen. Deshalb ist NÖ bei den erneuerbaren Energien Vorreiter, weil Tschechien mittelfristig gesehen dieselben Voraussetzungen hat wie wir. Japan hat vor Fukushima gesagt, es kann ohne die 54 Atomkraftwerke nicht auskommen. Heuer im Sommer war keines dieser 54 AKW am Netz. Es ist daher eine Frage des Willens, den Umstieg zu schaffen.
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