Bierbrauen ist nicht mehr nur ein Männerberuf

Karin Thaller lässt sich in der Brauerei Zwettl ausbilden.
Seit September lernt eine 20-jährige Waldviertlerin das Handwerk zur Bierbrauerin.

Sieht ein Mann mit Bierbauch attraktiv aus? Auf eine Diskussion um das Aussehen ihres Traummannes lässt sich Karin Thaller nicht ein. "Es geht um den Menschen und um seine inneren Werte", sagt die junge Single-Dame und pariert gelassen. Wer bei ihr Pluspunkte sammeln will, sollte zumindest Bierfreund sein. "Das wäre von Vorteil", sagt sie und schmunzelt.

Die 20-Jährige ist im männerdominierenden Brauwesen eine weibliche Ausnahme. Um ihren Traumberuf ausüben zu können, lernt sie in der Privatbrauerei Zwettl seit Herbst das Handwerk zur Getränketechnikerin.

"Bier ist meine Leidenschaft", sagt Karin Thaller mit voller Überzeugung. Als sie im Waldviertel auf Jobsuche war, musste sie bald einsehen, dass die beruflichen Möglichkeiten überschaubar sind. Nach einem Schnuppertag mit 14 und weiteren Praktika hat sie aber in der Brauerei ihre Berufung gefunden. "Bier ist vielfältig und faszinierend. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie man die Rohstoffe verarbeiten kann", erzählt die 20-Jährige.

Fundament

Aber erst nach dem Abschluss ihrer Ausbildung an der Höheren Lehranstalt für Wirtschaftliche Berufe (HLW) in Tulln bekam sie in der Privatbrauerei Zwettl eine Lehrstelle. Es sei üblich, erst als Erwachsener den Brauberuf zu erlernen.

Die Gründe dafür: Zum einen ist es gängige Praxis, in den körperlich anstrengenden Schichtbetrieb hineinzuschnuppern. Zum anderen ist der Umgang mit alkoholischen Getränken als Teenager nicht ratsam.

"Mir ist wichtig, dass meine Lehrlinge für alle Fälle zuerst ein berufliches Fundament haben. Es ist auch eine gewisse Reife nötig, um verantwortungsvolle Bereiche besser zu verstehen", sagt Heinz Wasner, der seit fast 20 Jahren Braumeister in Zwettl ist. Er sieht Karin Thaller als Rohdiamant, weil sie wissbegierig und ehrgeizig ist. "Die Bierkultur hat lange Tradition. Damit die Werte erhalten bleiben, muss der Nachwuchs bestmöglich ausgebildet werden", sagt Wasner.

Verkostungen

Nach nur sechs Monaten ist die 20-Jährige voll in den Braualltag integriert. Sie arbeitet im Sudhaus, um etwa aus der Maischbottichpfanne die Jodprobe zu nehmen, analysiert Biere im Labor, um die Qualitätskontrolle durchzuführen oder packt zu, wenn bei der Filtration der Tankauslauf kontrolliert werden muss. "Es macht viel Spaß, in alle Produktionsbereiche hineinschauen zu können." Angesprochen auf ihr Lieblingsbier, meint sie: "Ich mag hopfige Biere wie Pils oder India Pale Ale am liebsten."

Da das Thema Bier auch in ihrer Freizeit eine wichtige Rolle spielt, liest sie darüber zahlreiche Bücher und ist in zwei Biervereinen aktiv. "Man trifft sich zu Verkostungen oder organisiert Bierreisen im In- und Ausland", sagt die 20-Jährige. Sobald sie gelernte Braumeisterin ist und Erfahrungen gesammelt hat, hofft sie, eines Tages in die Fußstapfen von Braumeister Wasner treten zu dürfen.

Tradition seit 1708

Die Geschichte der Zwettler Brauerei im Stadtteil Syrnau reicht ins Jahr 1708 zurück. Die erste urkundliche Erwähnung lautet: „Preuer auf der Stiegen zu Siernau“. Seit 1890 ist der knapp 100 Mitarbeiter große Betrieb im Besitz der Familie Schwarz und wird in fünfter Generation geführt. Mit einem jährlichen Bierausstoß von fast 200.000 Hektolitern liegt der bundesweite Marktanteil bei 2,3 Prozent. In NÖ gehört Zwettler zu den drei meistverkauften Bieren. Seit Kurzem wird unter der Marke „Zwettler Korl“ erstmals auch eine eigene Limonade erzeugt.

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