Behinderung verschwiegen: Kündigung trotzdem ungerecht

Schweißer wird gefeuert, weil er nicht die Wahrheit sagte. Dennoch gab das Gericht dem Mann recht.

Karl S. (*Name geändert) ist ein Arbeiter, von dem Chefs nur träumen können. Nie krank, bei den Kollegen sehr beliebt und ein tadelloser Schweißer, der immer zur vollsten Zufriedenheit aller seinen Job erledigte. Doch der 35-Jährige verschwieg seinem Arbeitgeber etwas: nämlich dass er begünstigter Behinderter ist.

Als das Mostviertler Unternehmen im September 2012 durch einen Brief vom Sozialamt von diesem Umstand erfuhr, folgte die Konsequenz auf dem Fuß. Der Arbeiter wurde gekündigt. Unter anderem hatte es der Firma nicht gepasst, dass der Schweißer durch seinen Status plötzlich einen erhöhten Kündigungsschutz genossen hätte.

Prozess

Schließlich schaltete sich die Arbeiterkammer Niederösterreich in den Fall ein und ging gegen die Kündigung wegen Diskriminierung eines Behinderten beim Landesgericht St. Pölten vor. Jahrelang wurde prozessiert, bis der Oberste Gerichtshof im Jahr 2016 schließlich die Ansicht der Arbeiterkammer teilte. Interessantes Ergebnis: Das Interesse des Arbeitnehmers, den angestrebten Arbeitsplatz zu erlangen, überwiegt das Informationsinteresse des Arbeitgebers. Heißt im Klartext: Um einen Job zu bekommen, darf man eine Behinderung auch verschweigen.

Weil die angefochtene Kündigung rechtsunwirksam ist, besteht ein ununterbrochenes Dienstverhältnis. Seit Kurzem arbeitet der 35-Jährige deshalb wieder seiner alten Firma. Zudem hat er noch Anspruch auf Nachzahlung seines Entgelts für fast dreieinhalb Jahre.

Langes Verfahren

Behinderung verschwiegen: Kündigung trotzdem ungerecht
markus wieser
"Der Einsatz unserer Rechtsschutz-Experten hat sich einmal mehr bewährt, und das Verfahren nahm für den Betroffenen ein gutes Ende. Eine Privatperson hätte sich so ein langes Gerichtsverfahren wohl kaum leisten können", betont dazu AK-Präsident Markus Wieser.

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