Warum die Bauern heuer weniger Erdäpfel legen

Bis 10. August können „Heurige“ geerntet werden. Fast zeitgleich startet das Klauben der Lagererdäpfel.
Kartoffel-Anbau wird um 15 Prozent reduziert, weil die wirtschaftliche Konkurrenz um Ackerflächen größer geworden ist. Noch ist die Trockenheit kein Problem, sie kann die Versorgung aber gefährden

Nicht aus klimatischen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen werden auf Niederösterreichs Äckern heuer markant weniger Erdäpfel angebaut als 2021. Der Krieg in der Ukraine lässt die Nachfrage nach Getreide, Mais und Ölsaaten steigen. Die höheren Preise in diesen Bereichen hat rund 15 Prozent der Erdäpfelbauern zu einem Wechsel ihrer Ackerfrüchte bewogen, heißt es aus Niederösterreich. Dort liegen 80 Prozent der österreichischen Anbaufläche.

Schon in den früheren Jahrhunderten galt die Erdknolle in Krisenzeiten als wirksame Stütze gegen Hunger und Not. Erst in der vergangenen Woche wurden Tonnen von Speise- und Saatkartoffeln aus NÖ in die notleidende Ukraine geschickt. In der Diskussion um die Nutzung der Agrarflächen und die Garantie der Versorgungssicherheit wird die nahrhafte Knolle natürlich auch hierzulande sehr genau beobachtet.

Warum die Bauern heuer weniger Erdäpfel legen

Franz Wanzenböck, Obmann IG Erdäpfel

„Es ist nicht nur der Preis, sondern die aufwendige Arbeit, die der Erdäpfelanbau erfordert und manche Bauern nun aussteigen lässt“, analysiert Franz Wanzenböck, Obmann der Interessensgemeinschaft Erdäpfelbau (IGE). Die Anbauzeit laufe zwar noch, doch anhand der bestellten Mengen von Saaterdäpfel bei Speise-, Industrie und Stärkekartoffel lasse sich der heurige Flächenverlust bereits hochrechnen, sagt Wanzenböck.

Aufwendiger Arbeits- und Maschineneinsatz, sowie der hohe Düngebedarf, aber auch der Schädlingsdruck, etwa durch den Erdäpfelkäfer oder den Drahtwurm, stellen hohe Anforderungen an die Erdäpfelbauern, schildert IGE-Geschäftsführerin Anita Kamptner. Im Vorjahr kam es durch frühe Trockenheit und eine späte Regenphase zu einem verspäteten Wachstumsschub, was massive Verformungen bei den Speiseknollen und damit deren Unverkäuflichkeit und massive Abzüge verursachte. 40 Prozent betrugen die Ertragseinbußen im vergangenen Jahr, so Kamptner. Eine einwandfreie Optik und eine glatte Haut sei für den Lebensmittelhandel ein absolutes Qualitätsmerkmal, so Kamptner.

Trockenheit

Ein großes Thema ist bei den Erdäpfelbauern natürlich auch die Trockenheit. „Das Legen der Früherdäpfel ist schon abgeschlossen. In dieser Phase spielt Feuchtigkeit noch keine so große Rolle, weil sich die Pflanze aus der Knolle ernährt“, erklärt Wanzenböck. Doch nach dem Keimen sei Regen unbedingt notwendig, sonst wackle im schlechtesten Fall auch die Versorgungssicherheit. „Trotz des Regens vorige Woche fehlen bei uns im Weinviertel noch 70 bis 80 Millimeter pro Quadratmeter“, sagt der Sprecher der Erdäpfelbauer.

Ende Mai, Anfang Juni wird dann im Weinviertel die Ernte der Frühkartoffeln erwartet. Regen sollte sich in jedem Fall in den nächsten Wochen einstellen, weil sich da entscheidet, wie viele Knollen die Staude ansetzt, schildert Anita Kamptner aus der Praxis. Das Thema Bewässerung sei im Erdäpfelanbau wegen der Verfügbarkeit von Wasser und der Kosten der Anlagen schwierig, lediglich ein Viertel der Flächen sei überhaupt bewässerbar, schätzt Kamptner, die auch Pflanzenbauexpertin der Landwirtschaftskammer ist.

Züchtung

Umso wichtiger sei auch die Zuchtarbeit der im Waldviertel situierten Saatbaugenossenschaft (NÖS), die schon sehr erfolgreiche Kartoffelsorten auf den Markt gebracht hat, die sowohl Hitze und Trockenheit, als auch großen Wassermengen widerstehen, so Kamptner. Weil Saaterdäpfel eine intensive Vorarbeit von zwei bis drei Jahren benötigen, ist heuer der Schaden durch nicht genutztes Saatgut groß, aber verkraftbar, berichtet Michael Buxbaum von der NÖS. Die Genossenschaft ist der größte heimische Anbieter und hat derzeit 50 Erdäpfelsorten im Programm. Von den insgesamt 1.800 Hektar Vermehrungsfläche für Kartoffel in Österreich betreibt sie 1.300.

Speisesaaterdäpfel, die nicht auf die Äcker kommen, landen noch bestenfalls zu bedeutend günstigerem Preis in den Kochtöpfen, erklärt Buxbaum.

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