Atommüll-Lager: Noch ein Standort

Atommüll-Lager: Noch ein Standort
In Tschechien dauert die Suche nach einem Endlager für Atommüll an. Neu ist ein Uranbergwerk in Grenznähe.

In Tschechien wird aktuell über einen weiteren Standort für ein Atommüll-Endlager diskutiert. Die tschechische Behörde für Nuklear-Abfallentsorgung SURAO (Správa úložiš radioaktivních odpadů) hat vor Kurzem einen weiteren möglichen Standort bestimmt, wo die radioaktiv verbrauchten Brennstäbe aus den Atomkraftwerken Temelin und Dukovany endgelagert werden könnten.

Laut dem NÖ Wirtschaftspressedienst handelt es sich dabei um Kravi Hora, einen rund 600 Meter hohen Berg nordwestlich von Brünn in der Gemeinde Rašov. Er liegt in einer Entfernung von 70 Kilometern zu Retz und Wildendürnbach im nö. Weinviertel. Warum der Berg auf die Liste der potenziellen Atommüll-Endlager neu hinzugekommen ist, liegt für tschechische Umweltschützer auf der Hand: Dort wurde unter kommunistischer Herrschaft von 1959 bis 1989 Uranerz abgebaut und in die damalige Sowjetunion exportiert.

Weil die risikoreiche Arbeit in der Mine sehr gut bezahlt und für die Kumpel mit einer Zusatzpension "aufgefettet" worden war, hat die ansässige Bevölkerung – im Gegensatz zu den anderen von SURAO ausgewählten Standorten – noch heute eine positive Einstellung zum Thema Kernenergie.

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Darüber hinaus gibt es für den Kravi Hora schon seit 1998 eine gültige Standortgenehmigung zur Errichtung eines Zwischenlagers für abgebrannte Brennstäbe. SURAO hat laut eigenen Angaben bereits in vier von sieben umliegenden Gemeinden eine Befragung zum geplanten Atommülllager durchgeführt. Die Ortschaften seien dafür, wurde jetzt verlautbart.

Das kommt nicht von ungefähr. Die tschechische Behörde stellt den Gemeinden viel Geld in Aussicht, wenn sie die atomaren Brennstäbe bei sich aufnehmen. Bis zu 100 Millionen

Tschechische Kronen (rund vier Millionen Euro) hält die staatliche Nuklearbehörde dafür bereit. Allein heuer bezahlt SURAO den Kommunen fast 18 Millionen Kronen (710.000 Euro), wenn sie geologische Untersuchungen auf ihrem Gebiet zulassen.

Offenes Rennen

Noch ist aber in Tschechien nichts entschieden. Der Berg bei Brünn ist nur einer von mehreren Standorten. Als weitere geeignete Standort in Grenznähe gelten Bereiche im Umfeld von Lodhéřov, Budišov und Rohozná.

Atomkraftgegner hoffen, dass die schwierige Suche nach einem Atommüll-Endlager in Tschechien, den weiteren Ausbau von Temelin und Dukovany verhindern könnte.

Temelin wurde am 9. Oktober 2000 erstmals in Betrieb genommen, am 8. April 2003 der zweite Block. Anfang August 2009 wurde das Ausschreibungsverfahren für den Bau zwei weiterer Reaktorblöcke eröffnet.

Schon am 3. Mai 1985 wurde der erste Reaktorblock im grenznahen Dukovany (siehe Grafik) in Betrieb genommen. Am 21. März 1986 folgte die Inbetriebnahme von Block 2. Block 3 ging am 20. Dezember desselben Jahres in Betrieb. Beim 4. Block wurde die erste Synchronisation mit dem Stromnetz am 19. Juli 1987 nach über achtjähriger Bauzeit durchgeführt

Deponie auch nahe des Mühlviertels möglich

Lediglich 18 Kilometer von der oberösterreichischen Grenze beim Mühlviertler Ort Schwarzenberg entfernt, hat Tschechien ein Gelände für ein Atommüll-Endlager ins Auge gefasst. Der ehemalige Truppenübungsplatz Boletice nahe des südböhmischen Moldaustausees fällt in die engere Auswahl.

Bald soll eine Machbarkeitsstudie vorliegen. Und bis Jahresende soll sich entscheiden, ob das Areal zwischen Oberplan und Krumau in die Liste der am besten geeigneten Standorte aufgenommen wird. Bis 2025 möchte sich Tschechien auf einen endgültigen Platz für eine Deponie des radioaktiven Mülls festlegen. Ab 2065 soll ein Lager seinen Betrieb aufnehmen.

Weil das ehemalige Militärareal Boletice aber auch auf dem Gebiet angrenzender Gemeinden liegt, haben die Kommunen im Genehmigungsverfahren ein Mitspracherecht. "Wenn der Standort ausgewählt wird, müssen fünf Gemeinden ihre Zustimmung geben, ob auf dem Truppenübungsplatz Probebohrungen durchgeführt werden können", sagt Ulrike Schwarz, Umweltsprecherin der Grünen Oberösterreich.

Zuckerl "Zwei haben ihre Bereitschaft erklärt. Die anderen werden noch bearbeitet", beklagt die Politikerin. Dabei sei die Bevölkerung massiv gegen die Endlagerung radioaktiver Abfälle direkt vor der Haustür. Allerdings winkt den Kommunen ein Zuschuss von bis zu vier Millionen Tschechischer Kronen (16.000 Euro) , wenn sie die Untersuchungen zulassen. "Das ist natürliche ein starker Anreiz, gerade in dieser eher strukturschwachen Region", betont die Politikerin.

Doch so einfach werde man sich nicht geschlagen geben, meint Schwarz. "Wir arbeiten intensiv mit den tschechischen NGOs zusammen und informieren die Bevölkerung vor Ort." Damit solle der Widerstand gegen das Endlager weiter geschürt werden. – Daniel Voglhuber

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