Tauglich für den Atemschutzeinsatz? Mediziner in NÖ kritisieren Feuerwehr

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Die Ärzteschaft stößt sich an einer neuen Regelung des Landesfeuerwehrverbandes.

Zusammenfassung

  • Mediziner kritisieren die neue Regel des NÖ Landesfeuerwehrverbandes, da Feuerwehrmitglieder selbst Erkrankungen angeben müssen.
  • Der Landesfeuerwehrverband verteidigt die Regelung als administrativ entlastend.
  • In Wien gibt es klare gesetzliche Vorgaben für Eignungsuntersuchungen bei der Berufsfeuerwehr, die in NÖ aufgrund der Ehrenamtlichkeit nicht gelten.

Bei Brandeinsätzen geht es oft um Leben und Tod. Und das nicht nur für jene, denen geholfen werden muss; auch die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehren in Niederösterreich gehen bei jedem Löschangriff ein Risiko ein. Vor allem dann, wenn mit schwerem Atemschutz gegen die Flammen gekämpft wird.

Sprich: Wer nicht fit genug für den Atemschutzeinsatz ist, der bringt sich und andere in Gefahr. Wie das künftig beurteilt werden soll, ist nun aber zu einem Streitpunkt zwischen Medizinern und Medizinerinnen und dem Landesfeuerwehrverband geworden.

Denn der Verband arbeitet künftig mit Formularen, bei denen Feuerwehrmitglieder selbst vorliegende Erkrankungen eintragen müssen. „Laut unseren Informationen hat der Landesfeuerwehrverband aus finanziellen Gründen so entschieden“, sagt Martina Hasenhündl, Ärztin für Allgemeinmedizin im Bezirk Korneuburg. Die Letztverantwortung liege dann beim Feuerwehrkommando, das sich für oder gegen einen Einsatz entscheidet.

„Falscher Weg“

Der falsche Weg, wie auch Markus Zambiasi findet. Der Mediziner, der neben seiner Ordination im Bezirk Mistelbach als Feuerwehrarzt tätig ist, hat einen Offenen Brief verfasst. Darin spricht er von einer „fehlenden Verhältnismäßigkeit“. „Ich schätze die Kosten bei 200 Euro pro Untersuchung ein. Wenn man bedenkt, dass ein Feuerwehrhelm zirka 300 bis 400 Euro kostet und niemand ohne entsprechende Schutzausrüstung in den Einsatz gehen würde, sehe ich da keine Relation zum möglichen Nutzen einer Untersuchung“, hält er fest.

Zambiasi betont, der Organisation keineswegs schaden zu wollen. „Aber hier riskieren wir einerseits absehbar das Leben von freiwillig tätigen Menschen und gefährden andererseits andere durch Ausfälle bei erwartbaren Erkrankungen im Einsatzfall“, findet der Mediziner klare Worte.

Für die Ärztinnen und Ärzte steht fest, dass das Vorgehen nicht dem Stand der Wissenschaft entspricht und eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Einsatzkräften, wie der Berufsfeuerwehr in Wien, vorliegt. Hinzu komme die Verantwortung, die den Kommandantinnen und Kommandanten aufgebürdet werde. „Für sie ist die neue Regelung eine Katastrophe“, betont Hasenhündl. Nicht zuletzt im Hinblick auf Datenschutz und eine mögliche Befangenheit, vor allem im ländlichen Raum.

"Völlig unbegründet"

Beim Landesfeuerwehrverband wehrt man sich indes gegen die Vorwürfe: Die Bedenken der Ärzteschaft seien, so Sprecher Klaus Stebal, völlig unbegründet. Es würde trotz des neuen Formulars weiterhin eine verpflichtende Gesundheitsvorsorge, medizinische Eignungsbeurteilungen sowie jährlich normierte Leistungstest geben.

„Die Durchführung standardisierter Untersuchungsmethoden in der Vergangenheit war mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden, welche von den Ärzten oft nur widerwillig durchgeführt wurden“, erklärt Stebal gegenüber dem KURIER. Deshalb habe man sich dazu entschieden, gemeinsam mit Landesfeuerwehrarzt Florian Imböck ein neues Verfahren zu entwickeln. Mit Einsparungen habe das aber nichts zu tun; vielmehr gehe es um eine administrative Entlastung.

Umfassend geprüft

Die „Gesundheit und Sicherheit der Einsatzkräfte“ bliebe jedoch vollumfänglich gewährleistet, wie Stebal betont. Welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, um für den Atemschutzeinsatz geeignet zu sein, werde durch Arbeitsausschüsse sowie durch den Landesfeuerwehrarzt regelmäßig evaluiert.

Für die Kommandos würde die neue Regelung keine zusätzliche Verantwortung bringen. „Die datenschutzrechtlichen Aspekte wurden im Vorfeld rechtlich geprüft und in die Gestaltung der Formulare und Prozesse eingebunden. Die personenbezogenen Daten werden, wie bisher, dabei vertraulich behandelt“, sagt Stebal.

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