Anwesenheitskontrollen von Flüchtlingen: Land NÖ relativiert

Anwesenheitskontrollen von Flüchtlingen: Land NÖ relativiert
Quartiere müssen Abwesenheit auch untertags melden. Rechtliche Grundlage für Experten fraglich.

Dürfen Asylwerber ihre Quartiere untertags nicht mehr verlassen? Ein Schreiben der Koordinationsstelle für Ausländerfragen, die Landesrat Gottfried Waldhäusl ( FPÖ) untersteht, an Caritas und Diakonie legen diese Interpretation zumindest nahe. Bei Verstößen wird mit Anzeigen an die Quartiergeber gedroht. Während Experten die Gesetzmäßigkeit anzweifeln, relativiert das Land.

In einem Mail von 7. September werden die Organisationen informiert, dass die behördlichen Kontrollen in den Quartieren intensiviert werden. So soll geprüft werden, ob die Abwesenheit der Asylwerber ordnungsgemäß gemeldet wird. Basis ist eine Richtlinie aus 2007, wonach innerhalb eines Monats nur drei Tage Abwesenheit toleriert werden, und zwar auch „während der bloßen Tageszeit“. Nur „Behördenladungen, Arztbesuche und legale Beschäftigungen“ sind laut der Richtlinie ausgenommen. Verpflichtend ist eine Abmeldung eigentlich erst bei drei Tagen durchgehenden Fehlens. Bei Ungereimtheiten werde mit einer Strafanzeige vorgegangen.

„Ob es für die Vorgabe eine rechtliche Grundlage gibt, ist zumindest fraglich“, meint Asylanwalt Christian Schmaus. Hinter vorgehaltener Hand glauben manche Insider, dass die NGOs aus der Asylversorgung gedrängt werden sollen. Andere sprechen von Schikanen.

Bei den Organisationen spricht man jedenfalls von einer weiteren Verschärfung im Asylwesen. „Die Selbstbestimmung von Asylwerbern ist sehr essenziell“, sagt Christoph Riedl von der Diakonie. Auch die Frage der Kontrolle sei offen.

Grundversorgung

Im Land ist man um Erklärung bemüht. Natürlich werde nicht die Bewegungsfreiheit der Asylwerber eingeschränkt, betont man im Büro Waldhäusl. Das sei verfassungsrechtlich gar nicht möglich. Es gehe um die Abrechnung der Grundversorgungsleistung sowie die Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit der Asylwerber im Falle von Vermögen oder Einkommen. „Es kann wohl nicht angenommen werden, dass das Land für nicht erbrachte Unterbringungs- und Betreuungsleistungen Tagsätze zu leisten hat.“ Sprich: Wenn der Asylwerber wiederholt gar nicht im Heim sei. Geprüft werde im Einzelfall. Besuche von Deutschkursen oder Vereins und anderen Freizeittätigkeiten seien weiterhin möglich.

Die Quartiere müssen nun auch Vermögensverhältnisse der Asylwerber bekannt zu geben – für das Land fallen auch teure Handys oder Fernseher darunter, selbst wenn sie geschenkt wurden.

Heftige Kritik an dem Vorgehen des Landes kommt von den NEOS. „Waldhäusl versucht sich hier in menschenverachtendem Umgang, spielt sich erneut als Retter der Heimat auf und glaubt dann auch noch, die Unterkunftgeber mit Bürokratie mürbe machen zu müssen. Das ist eines Landesrats nicht würdig!“, sagt Landessprecherin Indra Collini. Das ständige Überschreiten roter Linien müsse Konsequenzen haben, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner müsse ein Machtwort sprechen und die "unwürdigen Experimente der FPÖ im Asylrecht" unterbinden.

Der Zweite Landtagspräsident Gerhard Karner (ÖVP) betonte hingegen, dass die Richtlinie bereits seit elf Jahren gelte.

Kommentare