Wirtesterben: Wie Anteilseigner ihr Dorfwirtshaus retten

Wirtesterben: Wie Anteilseigner ihr Dorfwirtshaus retten
Schon 580 Unterstützer für den Erhalt des Landgasthauses in Form einer Genossenschaft in der Buckligen Welt. Ein paar Anteile fehlen noch zur Rettung.

Das Wirtshaussterben ist speziell am Land nicht aufzuhalten. Von den bundesweit rund 15.000 klassischen Gasthäusern Ende der 1970er-Jahre sind nur noch knapp über 7.000 übrig – Tendenz fallend.

Eine 1.630-Seelen-Gemeinde im Dreiländereck Niederösterreich, Burgenland und Steiermark in der Buckligen Welt will dieses Schicksal nicht so einfach hinnehmen. Weil in Hochneukirchen (Bezirk Wiener Neustadt) mit dem Kirchenwirt mindestens schon zehn Pächter gescheitert sind, nimmt nun die Dorfgemeinde den Kochlöffel und ihr Wirtshausglück selbst in die Hand. Und die Resonanz auf die ausgefallene Idee kann sich sehen lassen.

Bürgermeister Thomas Heissenberger und sein Projektteam aus Touristikern, Gastronomen und Marketing-Fachleuten hatte bereits vor einigen Wochen erstmals dem KURIER die Pläne präsentiert. Die Gemeinde gründet eine Genossenschaft und erweckt mit finanzieller Unterstützung der Anteilseigner das alte Gasthaus als neues „s’Hutwisch – Wirtshaus am Dach der Welt“ wieder zum Leben (www.s-hutwisch.at).

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So soll das neue s'Hutwisch aussehen

1.666 Genossenschaftsanteile zu je 150 Euro wären nötig, um die 250.000 Euro für Um- und Ausbau sowie den Start des Wirtshauses finanziell zu stemmen. Bis zu dieser Woche haben bereits 580 Unterstützer die verbindliche Absicht zum Kauf von 1.335 Genossenschaftsanteilen abgegeben. Darunter sind Ortsbewohner ebenso wie Vereine, die Feuerwehr, hiesige Firmen und Interessierte aus der gesamten Region.

Hohe Inflation

Am kommenden Montag gibt es die nächste Sitzung des Projektteams, in der rechtliche Fragen geklärt und die weitere Vorgangsweise festgelegt wird, sagt Heissenberger. Die Gemeinde ist jedenfalls guter Dinge, dass sich der ambitionierte Plan trotz verschärfter Rahmenbedingungen, wie der hohen Inflation und den massiv gestiegenen Energiekosten, in die Realität umsetzen lässt. Kann man tatsächlich alle Anteilsscheine verkaufen, würde die Genossenschaft das Hutwisch als „gutbürgerliches Wirtshaus“ selbst betreiben.

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Das konkrete Konzept von den Beratern des Saint Elmo’s Tourismusmarketing sieht sechs bis acht Mitarbeiter vor. Heissenberger und sein Team glauben, dass dieses Modell in der heutigen Zeit mehr Sinn macht, als das Gasthaus in fremde Hände zu legen. Gerade in der Branche hätten viele Spundus vor dem unternehmerischen Risiko.

Regionale Produkte

Was die Ausrichtung anbelangt, setzt man auf Regionalität. „Das ganz große Plus – wir können Kindergarten, Schule und uns selbst wieder mit regionalen Produkten aus der eigenen Gemeinde und Umgebung versorgen“, erklärt der Ortschef.

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Inventar und die Schank des alten Kirchenwirts werden nicht entsorgt, sondern im Sinne der Nachhaltigkeit restauriert. Ein Veranstaltungssaal für bis zu 60 Personen eignet sich für Vereinssitzungen, Ehrungen und private Feiern. „Davon kehrt wieder echtes Dorfleben ein“, sagt der Bürgermeister.

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