Anklage gegen Gefängnis-Chefin

Die Justizanstalt Wiener Neustadt
Anonyme Anzeige: 54-Jährige ließ Lehrlinge für ihr FH-Studium tippen und sieht sich als Mobbing-Opfer.

Die Leiterin der Justizanstalt (JA) Wiener Neustadt muss vor Gericht. Wie die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte, wurde gegen die 54-jährige Teresa H. Anklage wegen Amtsmissbrauchs eingebracht. Der Vorwurf: H. soll zwei Lehrlingen die dienstliche Anweisung gegeben haben, Interviews für Arbeiten im Rahmen ihres FH-Studiums „Polizeiliche Führung“ abzutippen.

Anklage gegen Gefängnis-Chefin
Teresa H., Leiterin der Justizanstalt Wiener Neustadt
Eine anonyme Anzeige gegen die 54-Jährige hatte den Fall im Sommer 2014 ins Rollen gebracht. H. hatte 2012 den FH-Studienlehrgang begonnen. Von der Vollzugsdirektion bekam sie dafür Sonderurlaub genehmigt, ein Teil der Kosten wurde übernommen.

Die beiden Lehrmädchen sollten unter anderem Interviews abtippen, die H. mit Fußfessel-Trägern für einen Teil ihre Diplomarbeit geführt hat. Thema: „Analyse des Instruments elektronisch überwachter Hausarrest im modernen Strafvollzug“.

Die Staatsanwaltschaft Wien wollte das Verfahren ursprünglich einstellen – der KURIER berichtete über einen entsprechenden Vorhabensbericht. Einerseits, weil H. „weder ein sicheres zweifelsfreies Wissen um die Begehung eines Amtsmissbrauchs noch ein entsprechender Schädigungsvorsatz (...)“ nachgewiesen werden kann, wie es darin heißt. Andererseits, weil die Diplomarbeit kein reines Privatvergnügen gewesen sei. Schließlich habe die Vollzugsdirektion das Studium gefördert.

Mobbing

Und schließlich auch, weil die Schreibarbeiten durchaus der Ausbildung der Lehrlinge gedient hätten. Sie sollten ohnehin die Arbeit mit dem Computer lernen – und hatten die Anweisung, die Interviews nur abzutippen, wenn sie nichts anderes zu tun hätten.

Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium sahen das aber offenbar anders und empfahlen eine Anklage.

Zum Ärger von Anwalt Manfred Ainedter: „Das ist nie im Leben ein Amtsmissbrauch, sondern erfolgreiches Mobbing.“

H. hatte die Leitung der Justizanstalt 2008 übernommen, war seither oft Anfeindungen ausgesetzt. Schon 2009 war in der Vollzugsdirektion ein anonymes Fax eingegangen, sie hätte „Spaß daran, die Beamten zu quälen.“ Im März 2014 hatte die gebürtige Polin ein SMS mit rassistischen Beleidigungen auf ihrem Diensthandy.

Nach der Anzeige war H. in die Justizanstalt Favoriten versetzt worden. Eine Rückkehr nach Wiener Neustadt ist unwahrscheinlich: H. hat sich um die Leitung der JA Wels beworben.

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