Angst vor Heurigensterben

Winzer und Heurigenwirt Schabl weiß um die Probleme: „Wir steuern auf Heurigensterben zu“
Viel Arbeit, Auflagen und wenig Förderungen lassen Winzer ihre Hoftore schließen.

Am Wochenende sind die Tische voll. Weinseligkeit steht hoch im Kurs. Doch obwohl die Heurigenbesuche rund um Wien in den Weinorten wie Perchtoldsdorf oder Gumpoldskirchen boomen, schließen immer mehr Betriebe ihre Hoftore endgültig. "Wir steuern auf ein Heurigensterben zu", malt Winzer und Wirt Christian Schabl aus Gumpoldskirchen ein düsteres Zukunftsszenario. Allein in seinem Ort denken heuer drei Betriebe ans Aufhören.

Ist es nicht die hohe Arbeitsbelastung, sind es zahlreiche Auflagen wie aktuell die Registrierkassenpflicht und fehlende Fördermöglichkeiten für Investitionen, die die Betriebe vor Probleme stellen, heißt es bei vielen. "Dass Heurigen schließen, ist nicht neu", sagt der stellvertretende Obmann der Bezirksbauernkammer. "Doch jetzt verschärft es sich." Die Entscheidung gegen den Betrieb werde leichter gemacht.

"Wenn jemand nur vier bis fünf Wochen im Jahr ausgesteckt hat, wird er sich nicht mit der Registrierkasse auseinandersetzen", meint auch Josef Drexler, Obmann des Weinforum Thermenregion und selbst Winzer in Perchtoldsdorf. "Die kleinen werden aufhören, überleben werden die Ketten." Rund 2000 Heurige gab es im Jahr 2014 in NÖ, Drexler schätzt, dass seither 100 geschlossen haben. "Allein in der Thermenregion sperren 20 pro Jahr zu." Gerade Weinhauer, die wenige Jahre vor der Pension stehen, und kleine Betriebe im Nebenerwerb würden sich die etwa 5000 Euro teure Umrüstung für die Registrierkasse nicht antun wollen, betont Schabl.

Wird ein Betrieb dennoch weitergeführt, würden seit kurzem Fördermöglichkeiten für Investitionen fehlen, ärgert sich der Heurigenwirt. Er weiß, wovon er spricht. Schabl hat den Heurigen im historischen Presshaus in Gumpoldskirchen vor 13 Jahren von seinem Vater übernommen. Für die Modernisierung – neue Schank, Küche, Behinderten-WC – hat er um Unterstützung angesucht und Ernüchterndes erlebt. Denn sein Heurigen gilt trotz Weinbaus weder als landwirtschaftlicher Betrieb, noch ist er ein vollwertiges Gastgewerbe – und daher aus keinem der zwei Töpfe förderwürdig (siehe Zusatzbericht). "Dabei ist es Kulturpflege, die wir hier machen", ärgert sich Schabl. "Man sollte schon bewerten, ob es um die Erhaltung eines Kulturguts geht, oder es sich um die Förderung einer Schnitzelbude handelt. "

Gastgewerbe-Lizenz

"Das Problem ist, dass der Heurigen zwischen Wirtschafts- und Landwirtschaftsbetrieb hängt", erklärt Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager. Zahlreiche Lokale hätten bereits eine Gastgewerbe-Lizenz. Auch er sieht die Schwierigkeiten. "Klar ist, die Anschaffungskosten für etwa die Registrierkasse schlagen bei den Heurigen stärker durch, weil sie nicht durchgehend offen haben." Eine Ende der Heurigenkultur will er aber nicht herauf beschwören. "In Klosterneuburg beginnen Leute im Nebenerwerb wieder Betriebe zu eröffnen."

Winzer und Gastronom, doch beides nicht zu 100 Prozent – viele Heurigenwirte sitzen in Sachen Förderung zwischen den Stühlen.

Seit heuer werden nämlich nur landwirtschaftliche Betriebe gefördert, die sich ein zweites Standbein, etwa in Richtung Gewerbe, schaffen wollen. Jene Winzer, die bereits eine Gewerbeberechtigung haben, sind ausgeschlossen. "Das hat an und für sich immer gegolten. Nun ist es aber klarer definiert worden, da die Regelung in den Bundesländern unterschiedlich ausgelegt wurde", heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium. Für Förderungen im Bereich Gewerbe sind Betriebe wie das Weingut Schabl zu klein. Bei der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank ist ein Jahresumsatz von 80.000 Euro Voraussetzung.

Zahlreiche Heurigenbetriebe haben bereits eine Gastgewerbe-Lizenz, um ihr Angebot entsprechend erweitern zu können. Denn eine klassische Buschenschank darf nur hausgemachte Mehlspeisen und kalte Speisen anbieten.

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