Wegen Amtsmissbrauch vor Gericht: Bedingte Haft für Bürgermeister

Ein Bürgermeister aus dem niederösterreichischen Waldviertel hat am Mittwoch am Landesgericht Krems ein Jahr bedingte Haft erhalten. Der ÖVP-Politiker wurde wegen Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit einem Bauverfahren in seiner Gemeinde schuldig gesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der 59-Jährige hatte die Vorwürfe durchgehend bestritten. Angelastet wurde dem Ortschef, „wahrheitswidrig Anzeige erstattet und Bescheide bewusst wahrheitswidrig begründet zu haben“, betonte die Staatsanwältin.
Im Kern drehte sich die Causa um ein Bauvorhaben eines Gemeindebewohners. Geplant und bei der Kommune eingereicht wurden die Umwandlung einer Garage in Fremdenzimmer sowie die Errichtung von drei Pferdeboxen, einer Steinschlichtung und einer Geländeanschüttung.
Mit Bescheid vom 20. August 2020 erteilte der von Heinrich Nagl sowie vom von der ÖVP nominierten ehemaligen Justizminister und Vizekanzler Wolfgang Brandstetter rechtlich vertretene Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz die Bewilligung dieses Vorhabens. Im Sommer 2023 war die Geländeanschüttung bereits durchgeführt und eine Steinmauer teilweise errichtet. Im August 2023 führte der Angeklagte dann gemeinsam mit einem Sachverständigen eine baupolizeiliche Überprüfung durch. In der Folge erließ der Bürgermeister am 30. August einen Abbruchbescheid mit der Begründung, dass keine Bewilligung für die Bautätigkeiten vorliege. Auch eine Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Zwettl erfolgte. Eine Möglichkeit zur Stellungnahme gab es für den Bauherren nicht.
"Kein Vorsatz"
„Ein konsensloser Bau sieht es nicht vor, dass ich das Gespräch suche“, argumentierte der Angeklagte. Bescheide wurden wieder aufgehoben Infolge einer Berufung wurden der Abrissbescheid sowie ein ebenfalls erlassener Bescheid zum Baustopp vom Bürgermeister am 26. September 2023 mit Berufungsvorentscheidungen wieder aufgehoben. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft musste der Angeklagte jedoch bereits bei der Verfassung des Abrissbescheids von der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung von Steinschlichtung und Geländeanschüttung wissen.
Der Beschuldigte und Verteidiger Nagl führten wiederum ins Treffen, dass die tatsächlich vom Bauherren errichtete Schalsteinmauer von der zuvor bewilligten Version einer Steinschlichtung abweiche. Die Rechtsprechung sehe in so einem Fall das Erlöschen der ursprünglichen Baubewilligung vor, wodurch der Bürgermeister richtig gehandelt habe. Es seien zwar Fehler passiert, es hätten aber Wissentlichkeit und Schädigungsvorsatz gefehlt, ergänzte Brandstetter.
Angeklagter ortete „Wortklaubereien“
Bei zuvor bei der Polizei getätigten Aussagen des Ortschefs über den Wissensstand zur Baugenehmigung ortete die vorsitzende Richterin mehrfach Widersprüche. Der Angeklagte wiederum sprach von „Wortklaubereien“, er sei wohl „zu oberflächlich bei der Aussage gewesen“. Generell verwies der Waldviertler auch auf „juristische Spitzfindigkeiten“, mit denen ein Bürgermeister konfrontiert sei. „Wir werden in Zukunft ohne juristischen Beistand keine Entscheidungen mehr machen und keine Bescheide mehr erlassen können.“
Die Steinmauer steht noch immer. Bisher gab es keine zusätzlichen Schritte seitens der Kommune. Eine Amtshaftungsklage gegen die Gemeinde ist anhängig. „Ich wollte jetzt im laufenden Verfahren nicht noch Öl ins Feuer gießen“, betonte der Ortschef. Weitere Begründung: „Weil mir als Bürgermeister nicht klar ist, was jetzt zu tun ist.“
Mildernd berücksichtigt wurde bei der Strafbemessung der bisher ordentliche Lebenswandel des 59-Jährigen. Hinzu kam laut vorsitzender Richterin, dass die Tat bereits vor längerer Zeit begangen worden war und sich der Angeklagte seitdem wohl verhalten hat. Erschwerungsgründe gab es keine. Das Urteil bringe auch eine Signalwirkung mit sich, dass „Derartiges nicht geduldet wird“, führte die Richterin aus. Die bedingte Haftstrafe sei „so ausgemessen, dass kein Amtsverlust damit verbunden ist“. Die Verteidiger-Seite erbat sich Bedenkzeit, die Staatsanwältin verzichtete indes auf Rechtsmittel.
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