Alarmierende AK-Studie: Wohnkosten in NÖ für die Ärmsten fast nicht mehr leistbar

In Miete steigen die Kosten mehr an als im Eigentum
Stark zunehmende Belastungen bei den Wohnkosten, vor allem bei der armutsgefährdeten Bevölkerung, werden durch eine neue von der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ) beauftragten Studie über die Wohnsituation aufgezeigt und lassen die Alarmglocken schrillen. Bei den armutsgefährdeten Haushalten, das sind rund ein Sechstel der Gesamtbevölkerung, betragen die Kosten allein fürs Wohnen bereits bis zu 42 Prozent des monatlichen Verdienstes.
Gemeinsam mit dem Wunsch nach sozialer Absicherung liege das Thema Wohnen bei den Zukunftsfragen der Menschen ganz vorne, sagt AKNÖ-Präsident Markus Wieser. Wohnen sei ein Grundrecht, dass immer mehr Menschen fast die Hälfte ihres Einkommens dafür aufwenden müssen, dürfe nicht sein, kritisiert Wieser. Auf Basis der Studie des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) hat die AK in NÖ einen Forderungskatalog zusammengestellt.

Präsentierten Studie: AK-Präsident Markus Wieser und Studienautor Wolfgang Amann
Kosten für Miete gestiegen
Noch vor fünf bis acht Jahren belasteten die Wohnkosten die armutsgefährdeten Haushalte in Österreich weniger als in den Nachbarländern Deutschland und Schweiz, nun liege man mit 42 Prozent deutlich über dem EU-Durchschnitt von 38 Prozent, berichtete Studienautor Wolfgang Amman (IIBW). Der Mittelstand, der zu 50 Prozent bei den Arbeitern und zu 65 bei Angestellten im Eigentum wohne, komme mit den Teuerungen besser zurecht. Die Kosten für Mietwohnungen, auch im sozialen Wohnbau, seien aber deutlicher gestiegen, so Amman.
Die Studie zeigt auch den Trend auf, dass Haushalte kleiner werden, was auch den Wohnungsbedarf maßgeblich beeinflusst. Laut IIBW wird in NÖ deshalb bis 2034 ein jährlicher zusätzlicher Wohnungsbedarf von 4.700 Einheiten notwendig.
Rückgang an Neubauten
Maßgeblich verschärft wird die Situation durch den dramatischen Rückgang an Neubauwohnungen. Gab es 2017 und 2019 österreichweit jeweils über 85.000 neu baubewilligte Wohneinheiten, brach die Bautätigkeit ab 2022 ein. 2024 waren es bundesweit nur mehr rund 44.000 Wohnungen.
"In Niederösterreich fielen die Baubewilligungszahlen von einem Höhepunkt 2021 von über 15.000 auf 2024 nur noch rund 6.600 bewilligte Einheiten. Das ist ein Rückgang um fast 60 Prozent“, rechnete Amman weiters vor. Der Einbruch betrifft sowohl Eigenheime als auch den sozialen Wohnbau und habe massive Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette des Bauens, die in Österreich rund 200.000 Erwerbstätige umfasse, so der Studienautor.

AK-Präsident fordert Maßnahmen zur Unterstützung für Junges Wohnen
Eindringlich warnt Amman davor, durch politische Einflüsse die im Hinblick der angestrebten Dekarbonisierung und Isolierung des Gebäudebestands bis 2040, die Förderungen zu kürzen. "Die mit dem aktuellen Förderstopp einhergehende Stop-and-Go-Politik ist problematisch“, warnt er. Die Sanierungsförderung beschere eine mehrfache Win-win-Situation.
Für AK-Präsident Wieser ergeben sich grundsätzliche Forderungen: Die Wohnbauförderbeitrag und die Rückflüsse aus den ausstehenden Darlehen müssten in NÖ zweckgebunden sein. Die drei existierenden Wohnbauhilfemodelle müssten zugunsten der Bezieher zusammengezogen werden.

AK-Präsident Wieser, Forscher Amman
In Richtung Bund fordert er Maßnahmen, um die Sanierungsrate anzukurbeln, ein Anheben der Fördersätze für den großvolumigen sozialen Neubau und vor allem auch Zugang zu günstigem Bauland für die gemeinnützigen Bauträger. Dingend bedürfe es einer effektiveren Koppelung von Länder- und Bundesförderung nach dem "One-desk-Prinzip“, so Wieser weiters. Außerdem sollen Bodenfonds eingeführt werden, um günstiges Bauland für geförderten Wohnbau zu ermöglichen. Ebenso dringend sei die Unterstützung für junge Haushalte und junge Familien. "Für sie ist leistbares Wohnen ein ganz entscheidendes Thema“, sagt der AK-Präsident.
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