Ärztemangel: 14 Kassenstellen ohne Bewerber

Immer weniger Ärzte bewerben sich für freie Kassenstellen in NÖ.
Mehrere nö. Städte sind betroffen / Kammerpräsident startet Kampagne.

Rund 14 Kilometer müssen die Patienten aus Puchenstuben im Bezirk Scheibbs zurücklegen, um den nächsten Arzt zu erreichen. Zwei Jahre lang hat die nö. Ärztekammer nach einem Kassenarzt für den 320 Einwohner großen Ort gesucht und die Ausschreibung nun erfolglos eingestellt. Und das, obwohl die Gemeinde freie Räume anbietet und Unterstützung zusagt, betont Bürgermeisterin Petra Jani. Dass die Versorgung schwieriger wird, ist längst kein ländliches Problem mehr, sondern erreicht nun auch einige Städte.

Ärztemangel: 14 Kassenstellen ohne Bewerber
Trotz mehrmaliger Ausschreibungen sind landesweit derzeit 14 Kassenplanstellen – zehn für Allgemeinmedizin und vier für Fachbereiche – ohne Bewerber. Nur elf von insgesamt 25 Arztstellen können neu besetzt werden. Christoph Reisner, Präsident der nö. Ärztekammer, ist besorgt. Die drohende Pensionswelle verschärft die Situation zusätzlich. Gingen 2014 knapp mehr als 100 nieder gelassene Mediziner in Rente, werden es 2017 schon 280 sein. "Am stärksten betroffen ist der Bezirk Neunkirchen, hier werden gleich drei allgemeinmedizinische Ordinationen per 1. April geschlossen. Gefolgt von Krems und Mistelbach, wo wir jeweils zwei Nachfolger für Hausärzte suchen", sagt Reisner.

Anforderungen

Die Ursachen für das geringe Interesse glaubt Bernhard Koller, dessen Kassenarztstelle in Aspangberg-St. Peter, Bezirk Neunkirchen bereits ausgeschrieben ist, zu kennen. Die Anforderungen an eine Ordination hätten drastisch zugenommen. "Die Verantwortung ist gestiegen, der Zeitaufwand für Administration und Dokumentation ebenso. Dazu kommen die Auflagen für die Barrierefreiheit, Hygiene und die Registrierkassenpflicht", zählt Koller auf, "das lässt die Schere zwischen Ertrag und Aufwendungen immer mehr auseinander gehen." Oftmals seien die Auflagen nicht nachvollziehbar: "Was mache ich mit einem sterilen Boden, wenn der nächste Patient ein Bauer mit Stallstiefeln ist?", fragt Koller.

Auch für die Ordination von Kinderärztin Ulrike Ebm aus Groß-Enzersdorf, Bezirk Gänserndorf, findet sich keine Nachfolge. Die Planstellen für Kinderheilkunde seien am schwierigsten nachzubesetzen. "Kinderärzte sind mit Abstand am schlechtesten bezahlt", erklärt Ebm. Wie Koller meint auch sie, dass die Hindernisse für eine Ordination immer mehr werden. Ab April ist sie auch in Pension: "Ich bin furchtbar traurig, dass meine Patienten dann keinen Nachfolger haben."

Wie es ist, eine Planstelle als Mediziner auf dem Land zu übernehmen, weiß Alexander Pesendorfer. Er ist seit 2010 Gemeindearzt in Groß Gerungs, Bezirk Zwettl. "Ich bin bereits unter schwierigen Verhältnissen eingestiegen und musste ohne Hausapotheke auskommen", sagt Pesendorfer. Trotzdem kann er davon leben. "Die Arbeit dauert aber durch die zunehmende Bürokratie immer länger", erklärt Pesendorfer.

Reisner startet nun eine Informationskampagne, um die Hemmnisse der Mediziner vor Planstellenbewerbungen auszuräumen.

Aus Sicht der nö. Gebietskrankenkasse ist die Situation nicht besorgniserregend. "Gegenwärtig gibt es so viele Planstellen wie noch nie. Die Patienten müssen keinen Versorgungsengpass fürchten", sagt Direktor Jan Pazourek.

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