21 Burschen und ein Mädchen: "Ich habe keine Angst, ich bin stark"

Masood (in der ersten Reihe) ist meist der Erste beim Aufzeigen. Leili ist das einzige Mädchen
In der HTL Mödling werden 22 Asylwerber in einem Lehrgang auf den regulären Unterricht vorbereitet. Erstmals ist ein Mädchen dabei.

"Welcome", sagt Masood und grinst breit. Es ist Dienstag, zehn Uhr, an der HTL Mödling. Für 21 Burschen aus Afghanistan, Syrien, Uganda und Somalia sowie ihre afghanische Klassenkollegin steht Englisch auf dem Stundenplan. Unbestimmte Artikel. "A arrogant man" oder "an arrogant man"? Doch was bedeutet arrogant ? "Ich weiß es", meldet sich einer von Masoods Kollegen. "Das ist wie bei Ronaldo (Fußballer, Anm.). Viele glauben, er ist arrogant, aber eigentlich ist er es nicht." Die Klasse johlt. Sofort geht es um die Lieblingsfußballklubs – bis Professorin Eva Gianordoli mit einem scharfen "shhht" für Ruhe sorgt.

Seit Ende November besuchen die jungen Asylwerber zwischen 16 und 20 Jahren einen eigenen Lehrgang an der HTL, der sie auf den Besuch einer berufsbildenden Schule vorbereiten soll. Nach Abschluss des Kurses können sie die Aufnahmsprüfung für eine Fachschule absolvieren. Im Vorjahr haben dies 16 von 22 Jugendlichen geschafft. Zwölf gehen seither regulär in die HTL zur Schule.

Heuer ist mit der 16-jährigen Leili erstmals ein Mädchen dabei. Eine Frau unter lauter Burschen? "Ein bisschen schwer ist es schon", sagt die Afghanin, die im Iran aufgewachsen ist und dort als Flüchtling keine Chance auf Bildung hatte. "Manchmal, wenn ich einen Fehler mache, lachen sie. Aber ich weiß, das ist normal. Ich muss lernen und meinen Abschluss machen." Später will sie Ärztin oder Designerin werden. "Ich habe keine Angst, ich bin ein starkes Mädchen." Die Burschen akzeptieren ihre Mitschülerin. "Wir freuen uns, wir haben ein Mädchen in der Klasse", sagt der Afghane Mohammad Reza.

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HTL Mödling, Flüchtlinge, Flüchtlingsklasse, Fachschule
"Vor einem Jahr hat keiner gewusst, was mit den Jugendlichen passiert. Aber die Lehrer wollten helfen" erinnert sich Direktor Harald Hrdlicka. Gemeinsam mit Freiwilligen und einer Mödlinger Gemeinderätin wurde im November 2015 der erste Kurs nach einem eilig im Unterrichtsministerium entwickelten Bildungsplan auf die Beine gestellt. "Es gab ja keine Struktur von oben." Auch die Professoren engagieren sich freiwillig. Nun absolvieren die Jugendlichen zehn Wochenstunden Deutsch, jeweils vier in Englisch und Mathematik sowie zwei in Geschichte und Ethik. Dazu kommt die Fachpraxis in diversen Werkstätten.

Wissbegierig

"Ich finde den Unterricht perfekt. Ich versuche, immer fleißig zu sein. Möglichkeiten muss man nutzen", schwärmt Masood. Er sei der Klassen-Streber. Der 16-jährige Afghane kam im Oktober 2015 nach Österreich. Nun möchte er eine Elektronik-Ausbildung absolvieren. "Das ist mein Lieblingsfach."

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Damit ist er nicht alleine: "Die Burschen sehen den Computer als ihre Zukunft", sagt Klassenvorstand Rudolf Razka. "Es sind einige Diamanten dabei", lobt er seine Schützlinge. Dennoch: Manchen wird trotz aller Bemühungen die Zukunft in Österreich nicht weit offen stehen. Viele der Schüler sind oder werden bald Volljährig. Erhalten sie keinen Asylstatus, sondern nur subsidiären Schutz, wie bei Afghanen üblich, ist es laut Razka fraglich, ob sie sich ihre Ausbildung weiter leisten können.

Ausgewählt wurden Schüler übrigens vom Flüchtlingsnetzwerk Connect Mödling. Kriterien waren etwa das Abschneiden bei den Deutschkursen. Und hier kann keiner der Burschen Leili das Wasser reichen. Als Einzige, erzählt sie stolz, habe sie beim Test alle Punkte erreicht. Ihr Lieblingsfach ist aber Mathe. Auch das liegt ihr. So sehr, dass sie sogar den Burschen hilft.

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