Man ist schon sehr privilegiert, wenn man in einer der Villen am Stadtrand von Wien leben kann. Diese entstanden meist im 19. Jahrhundert und wurden von Aristokraten, Großbürgern und Künstlern bewohnt. ORF III zeigt am Dienstag die Dokumentation „Lebensraum Wiener Villen“. Wir stellen hier vier davon mit besonders prominenten Bewohnern vor.
Hans Moser hat lange in feuchten Kellern und Bassena-Wohnungen gelebt, ehe er vom Film entdeckt wurde und sich das elegante Haus in der Hietzinger Auhofstraße 76 leisten konnte. Dem Kaufvertrag aus dem Jahr 1931 ist zu entnehmen, dass er für die Gründerzeit-Villa an die Vorbesitzerinnen 100.000 Schilling zahlte (die heute rund 320.000 Euro entsprechen).
Existenzängste
Doch Moser konnte das feudale Ambiente nie wirklich genießen. Geprägt durch die vielen Jahre als Schmierendarsteller, der oft für ein Nachtmahl auftreten musste, litt er auch jetzt, als gefeierter Film- und Bühnenstar, unter Existenzängsten. Franz Antel, der mit ihm mehrere Filme gedreht hat, erzählte mir einmal, dass Moser den „Herrschaftstrakt“ seiner Villa nur im Sommer bewohnte und die kalte Jahreszeit in der winzigen Hausmeisterwohnung im Parterre zubrachte, um Heizkosten zu sparen.
Im März 1938 verließ Hans Moser das Haus, um sich bei seiner Schwester in der Josefstadt anzusiedeln. Der Grund: Seine jüdische Frau Blanca und seine Tochter Grete traten die Flucht vor den Nationalsozialisten an. Während Blanca nach Budapest und Grete nach Buenos Aires emigrierten, wollte Moser nicht allein in der großen Villa leben. Er bezog sie erst wieder, als seine Frau 1945 zurückkehrte.
Nach dem Tod des Schauspielers im Jahr 1964 stand die Villa infolge eines Erbschaftsverfahrens viele Jahre leer, da Mutter und Tochter zerstritten waren. Erst 1985, als beide tot waren, wurde das 2500 große Anwesen vom Obersten Gerichtshof der „Hans-und-Blanca-Moser-Stiftung zur Unterstützung alter und kranker Menschen“ zugesprochen.
Heute eine Botschaft
Nachdem im Haus eine zeitlang das Restaurant „Villa Moser“ untergebracht war, kaufte es im Jahr 2000 die Republik Aserbaidschan, die die Villa des Schauspielers seither als Botschaft nützt. Eine Gedenktafel erinnert heute noch an den berühmten Bewohner.
Peter Alexander hat mit Moser etliche Filme gedreht, doch sein Einfamilienhaus in der Paul-Ehrlich-Gasse 8 in Wien-Döbling war weit weniger feudal. Es war ein schmuckloses Gebäude aus den 1960er-Jahren, in dem der Publikumsliebling mehr als drei Jahrzehnte mit seiner Familie verbracht hat.
Besonders die letzten Lebensjahre in dem Haus waren für Peter Alexander schwer zu ertragen, verlor er doch 2003 seine Frau Hilde und 2009 seine Tochter Susanne, die 50-jährig bei einem Autounfall in Thailand starb. Daher ging das Anwesen nach Peter Alexanders Tod im Februar 2011 in den alleinigen Besitz seines Sohnes Michael Neumayer über. Bei den Bemühungen, es zu verkaufen, fanden sich lange keine Interessenten. Der Grund: Das Areal war viel zu groß für das relativ kleine Haus. Endlich, im Dezember 2015, erwarb ein Käufer um kolportierte vier Millionen Euro das Haus samt Garten und Swimmingpool. Knapp drei Jahre später ließ es der neue Besitzer abreißen, um auf dem Grund eine Wohnhausanlage zu errichten.
Das Erbe brachte Alexanders Sohn kein Glück. Er starb im Jänner 2019 im Alter von 56 Jahren in der Türkei an den Folgen eines Blutgerinsels.
Die Burgtheaterschauspielerin Katharina Schratt bezog im Jahr 1889 eine elegante ebenerdige Villa in der Hietzinger Gloriettegasse 9, die ihr der Kaiser geschenkt hatte. Franz Joseph besuchte sie dort fast täglich um ½ 7 Uhr zum Frühstück. Die Villa lag gegenüber eines Seiteneingangs des Schönbrunner Schlossparks, war für den Monarchen also bequem zu erreichen.
Die Schratt geleitete den hohen Gast in das dunkel getäfelte Rauchzimmer, in dem er sich bei Kaffee und Guglhupf meist durch den von ihm so geliebten Theaterklatsch unterhalten ließ.
Wieder im Bett
Die Villa in der Gloriettegasse dient auch als Beleg dafür, dass die Beziehung des Kaisers zur Schratt nicht platonisch war, schreibt Franz Joseph doch seiner Freundin von einer Reise: „Dieses ist mein letzter Brief vor dem ersehnten, endlichen Wiedersehen.
Da ich am 19. ungefähr um 6 Uhr Früh in Schönbrunn eintreffen werde, so werde ich mir erlauben um 8 Uhr in der Gloriette Gasse zu erscheinen mit der Hoffnung, Sie endlich wieder einmal zu Bett zu finden, was Sie mir auch halb und halb versprochen haben.“
Nach ihrem Tod im Jahr 1940 war Katharina Schratts Sohn Anton Kiss der Universalerbe. Er verkaufte die Villa, die im Zweiten Weltkrieg durch Bomben stark beschädigt wurde, und sich heute in Privatbesitz befindet.
Ebenfalls in Hietzing war das letzte Atelier von Gustav Klimt untergebracht. Der Maler benützte das Gartenhaus in der Feldmühlgasse 11 von 1912 bis 1918 als Wohn- und Arbeitsstätte. Allerdings sah die Villa damals anders aus als heute: Es gab nur das Erdgeschoß, der erste Stock und die Freitreppe wurden erst nach seinem Tod dazugebaut.
Eine pikante Geschichte
Die Wohnung bestand aus sechs Räumen, die eine pikante Geschichte haben: Der Hauptvertreter des Jugendstils hat im Lauf seines Lebens Hunderte Mädchen gemalt und mit vielen von ihnen sexuelle Kontakte gehabt. So kam es, dass nach seinem Tod die Mütter von 14 Kindern im Verlassenschaftsakt erklärten, dass Klimt deren Vater sei – in fünf Fällen wurde dies gerichtlich anerkannt.
„Ein bis zwei Mädchen“, hinterließen uns Besucher des Hauses, „warteten fast immer im Vorraum, dienten ihm als Kaffeeköchinnen, Musen, Objekte der Begierde“. Klimt selbst hat einiges dazu beigetragen, dass so viele Gerüchte über sein Liebesleben in Umlauf sind. „Wer über mich etwas wissen will“, sagte er, „der soll meine Bilder ansehen“.
Vor Jahren gab es den Plan, die Klimt-Villa abzureißen, was man im letzten Moment verhinderte, indem das Haus unter Denkmalschutz gestellt wurde. Es kann als Museum besichtigt werden.
Sobald wir uns wieder frei bewegen können.
TV Tipp
Dienstag, 31. März, 21.05 Uhr ORF III: „Lebensraum Wiener Villen“, Doku von Marie-Thérèse Thiery und Isabel Gebhart.
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