Polls Sohn Niklas und sein Enkel Berthold waren seine Nachfolger als Bürgermeister von Wien.
Den von den Stadträten gewählten Bürgermeistern stand der doppelte Sold eines einfachen Ratsherrn zu, außerdem hatten sie alljährlich Anspruch auf einen vergoldeten Silberbecher im Wert von 25 Pfennig. In der Folge wurde das Bürgermeisteramt von „Erbbürgern“, Kaufleuten und Angehörigen alter Handwerksfamilien ausgeübt.
Im Streit mit dem Herrscherhaus zu stehen, tat dem jeweiligen Stadtoberhaupt gar nicht gut. So wurde Bürgermeister Konrad Vorlauf 1408 durch einen Schwerthieb öffentlich enthauptet, weil er sich in der Auseinandersetzung zweier Habsburger auf die falsche Seite gestellt hatte. Und Bürgermeister Wolfgang Holzer warf man vor, einen Putsch angezettelt zu haben, worauf im Jahr 1463 über ihn die Todesstrafe durch Vierteilung verhängt wurde.
Unter Maria Theresia und Kaiser Joseph II. kam es zu großen Magistratsreformen, die den damaligen Bürgermeister Josef Hörl stärkten. Er war mit 31 Dienstjahren Wiens bisher längstdienender Stadtchef, in seiner Amtszeit wurden Schotterstraßen gepflastert, das Allgemeine Krankenhaus und das alte Burgtheater am Michaelerplatz eröffnet sowie die Friedhöfe innerhalb der Stadtmauern aufgelassen.
Von 1868 bis 1878 stand Cajetan Felder an der Spitze der Stadt. In seiner Ära entstanden weite Teile der Ringstraße, er legte fest, dass das Rathaus an seinem heutigen Platz statt wie vorgesehen auf dem Areal des Stadtparks steht. Felder ließ die Donauregulierung und die Erste Hochquellwasserleitung fertigstellen und eröffnete den Zentralfriedhof. Die FPÖ erklärt ihn gerne zu ihrem Säulenheiligen, „freiheitlich“ war er allerdings nur bedingt: Felder gehörte der liberalen „Mittelpartei“ an, und in seiner Amtszeit wurde eine der höchsten Zuwanderungsraten in der Wiener Stadtgeschichte erreicht.
Mitte des 19. Jahrhunderts gab es bereits Gemeinderatswahlen, doch sie waren aus heutiger Sicht eine Farce: Wahlberechtigt waren ausschließlich männliche Angehörige der Oberschicht. Wien hatte damals inklusive der Vorstädte rund 600.000 Einwohner, aber nur 27.000 waren wahlberechtigt.
Cajetan Felder und seine liberale „Mittelpartei“ wurden von den Christlichsozialen um den Volkstribun Karl Lueger verdrängt. Das Lied „Der Doktor Lueger hat mir einmal die Hand gereicht“ zählt – von Hans Moser interpretiert – zu den populärsten Wienerliedern und besagter Karl Lueger zu den bedeutendsten Bürgermeistern der Stadt.
In seiner Amtszeit von 1897 bis 1910 entstanden Schulen, Waisenhäuser, die Zweite Hochquellwasserleitung, Gas- und Elektrizitätswerke und andere, heute noch wichtige Einrichtungen. Lueger vergrößerte den Wald- und Wiesengürtel um Wien, ließ die dampfbetriebene Straßenbahn elektrifizieren und unter städtische Verwaltung stellen.
Freilich hat Lueger durch seinen aggressiven Antisemitismus sein eigenes Denkmal zerstört. Kaiser Franz Joseph wusste seine Leistungen zu schätzen, lehnte ihn jedoch persönlich ab, weshalb er seine Wahl zum Stadtoberhaupt drei Mal verhinderte.
Heute wissen wir, dass Lueger trotz seiner antisemitischen Hetzreden eine langjährige Beziehung mit der jüdischen Schauspielerin Valerie Loewy hatte, die ihm auch Sprechunterricht erteilte, der sich für seine Karriere als förderlich erweisen sollte.
Seit dem Ende der Monarchie stehen der Stadt (abgesehen von den Jahren 1934 bis 1945) durchwegs sozialdemokratische Bürgermeister vor. Jakob Reumann war der erste, er wurde 1919 gewählt und leitete die Reformen im „Roten Wien“ ein, die zum Bau Zehntausender Gemeindewohnungen führten. Sein Nachfolger Karl Seitz baute das Wohnbau-, Gesundheits-, Fürsorge- und Bildungssystem aus, ehe er 1934 vom Ständestaat im Arbeitszimmer des Bürgermeisters verhaftet wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Theodor Körner Bürgermeister, der den Wiederaufbau der zerbombten Stadt und die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Brennstoffen und Baumaterial organisierte. Ihm folgten Franz Jonas und Bruno Marek, in dessen Amtszeit der Baubeginn der U-Bahn fällt. Weitere Bürgermeister waren Leopold Gratz und Helmut Zilk, der für die Öffnung und einen kulturellen Aufbruch der Stadt sorgte. Ihm folgte 1994 Michael Häupl als Stadtoberhaupt, das 2018 von Michael Ludwig abgelöst wurde. Er verteidigt am 11. Oktober seinen Titel als Bürgermeister.
Zilk war übrigens nicht der einzige Wiener Bürgermeister, auf den ein Attentat verübt wurde: Am 26. November 1927 gab der arbeitslose Chorsänger Richard Strebinger auf dem Gelände des Nordwestbahnhofs mehrere Pistolenschüsse auf Karl Seitz ab, der in Deckung gehen konnte und dadurch unverletzt blieb.
Insgesamt gab es in Wien laut den Berechnungen des Stadtchronisten Felix Czeike in 800 Jahren rund 220 Bürgermeister.
georg.markus
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