Kaiserfamilie Habsburg auf der Flucht: Den Schmuck immer dabei

Kaiser Karl I. und Kaiserin Zita 1921 auf dem Kreuzfahrtschiff "Cardiff"
Kaiser-Witwe Zita und ihre Kinder waren in sechs Ländern. Der Schmuck aus der Schatzkammer dürfte immer mit gewesen sein.

Dass sie mit einem braunen Lederkoffer voller Schmuck von unschätzbarem Wert unterwegs waren, das wissen wir seit ein paar Tagen. Aber die näheren Umstände, unter denen der letzte Kaiser mit seiner Familie die Flucht aus Österreich antrat, sind kaum bekannt.

Es ist die Nacht zum 12. November 1918, als Karl mit Gemahlin Zita und fünf Kindern Schloss Schönbrunn verlassen, nachdem er tags zuvor auf jeden Anteil der Staatsgeschäfte verzichtet, aber formell nicht abgedankt hat. Die Habsburger fahren zunächst in ihr privates Schloss Eckartsau im Marchfeld, wo Karl immer noch hofft, den Thron zurückerobern zu können.

Der Weg ins Exil

Da er sich weigert, Staatskanzler Renner zu empfangen, um mit ihm über das weitere Vorgehen zu verhandeln, bleibt dem Ex-Kaiser nichts anderes übrig als auf Geheiß der Regierung ins Exil zu gehen.

Die Großfamilie verbringt fast fünf Monate in Eckartsau, ehe am 23. März 1919 der frühere k. u. k. Hofzug in den nahen Bahnhof Kopfstetten einfährt. Karl I. muss das Land verlassen, aber die Regierung in Wien gibt seinem Wunsch statt, ihn „wie einen Kaiser und nicht wie einen Dieb“ in die Schweiz zu schicken. Während er mit Frau, Kindern und den letzten Getreuen den Salonwagen besteigt, wird ein letztes Mal im Beisein eines österreichischen Kaisers die Kaiserhymne intoniert.

Karl winkt aus dem Waggonfenster und sagt mit tränenerstickter Stimme zu einem Begleiter: „Und das nach 700 Jahren!“ – So lange hat das Haus Habsburg in Österreich fast regiert.

Sicherheitsoffizier

Karls Cousin, der englische König George V, hat der Kaiserfamilie zu ihrem persönlichen Schutz den Offizier Edward Lisle Strutt zur Seite gestellt. „Der Kaiser“, notierte Colonel Strutt in seinem Tagebuch, „ist ein liebenswürdiger, wenn auch schwacher Mensch“, das eigentliche Familienoberhaupt sei Ex-Kaiserin Zita. Weitere Begleiter auf der historischen Bahnfahrt sind Karls Mutter, Adjutanten, Sekretäre, Kinderfrauen und Dienerinnen.

Um den „standesgemäßen Lebensunterhalt“ im Exil zu finanzieren, hat der Kaiser zehn Tage vor der Abreise aus Wien durch seinen Oberstkämmerer Graf Berchtold die jetzt in Kanada aufgetauchten Juwelen in die Schweiz bringen lassen, darunter Schmuck Maria Theresias, eine Smaragduhr Marie-Antoinettes, die diamantene Krone der Kaiserin Sisi und der berühmte „Florentiner“, einer der wertvollsten Diamanten der Welt. Die Gegenstände werden vorerst in Tresoren der Schweizer Nationalbank in Bern deponiert.

Über den weiteren Verbleib der Juwelen schrieb Zitas Memoiren-Autor Erich Feigl unmissverständlich: „Selbstverständlich musste die kaiserliche Familie immer wieder Schmuck verkaufen, um das Notwendigste zu bestreiten.“

Als der „Kaiserzug“ am 24.  März 1919 um 15.45 Uhr in die Schweizer Grenzstation Buchs einfährt, ist die Mission des britischen Colonels Strutt beendet, er übergibt die ihm anvertrauten Wertgegenstände der kaiserlichen Familie und verabschiedet sich.

Nun erhält der Vermögensverwalter Baron Steiner den Auftrag, sich um die Aufbewahrung der Juwelen zu kümmern. Doch laut Kaiserin Zita hätte der Verwalter die Preziosen veruntreut.

Drei Nachzügler

Ganz so kann das nach heutigem Wissensstand aber nicht gewesen sein, da der Schmuck inklusive „Florentiner“ nach Kanada gebracht wurde, wo er sich nach Aussagen Karl Habsburgs heute noch befindet. Und zwar in einem Schließfach der Habsburg-Familienstiftung. Wie ist das möglich, wenn er gestohlen wurde?

Das Kaiserpaar nimmt indes am Genfer See Quartier, wo Zita Sohn Rudolf und Tochter Charlotte zur Welt bringt, das achte Kind Elisabeth wird in Spanien geboren – zwei Monate nach Karls Tod.

Der Ex-Kaiser glaubt immer noch an eine Rückkehr auf den Thron und unternimmt in Ungarn 1921 zwei Restaurationsversuche, die kläglich scheitern, worauf er in der Benediktinerabtei Tihany am Plattensee vorübergehend inhaftiert wird. Danach wird er im Auftrag der Siegermächte auf die portugiesische Insel Madeira gebracht.

Dort lebt er ab November 1921 in Verbannung, die Kinder kommen nach. Ex-Kaiser Karl bewohnt mit seiner Familie vorerst das Hotel Victoria in der Hauptstadt Funchal. Als ihnen das Geld ausgeht, übersiedeln sie in das Herrenhaus Quinta do Monte in Madeira, das ihnen ein kaisertreuer Bankier zur Verfügung stellt.

Der Tod mit 34 Jahren

In Madeira ereignet sich dann die wahre Familientragödie: Kaiser Karl zieht sich eine Lungenentzündung zu, der er am 1. April 1922 im Alter von nur 34 Jahren erliegt. Für die Witwe und ihre acht Kinder beginnt damit die eigentliche Odyssee. Sie lassen sich in Spanien nieder und 1929 in Belgien. Als Hitler 1940 Belgien angreift, flüchten Zita und ein Teil der Familie nach Kanada, ein anderer Teil – darunter der älteste Sohn und Nazi-Gegner Otto – in die USA.

Die acht Kinder des Kaiserpaares Karl und Zita, nach Größe geordnet.

Nach dem Tod Ex-Kaiser Karls waren‘s acht Kinder, mit denen Zita um die halbe Welt reiste – hier vermutlich in Belgien.

Zita kehrt 1953 zurück nach Europa und bezieht im Kloster Zizers in der Schweiz ihren Alterssitz, wobei der Koffer mit den Juwelen in Kanada bleibt. Während Otto Habsburg im Jahr 1966 – nachdem er auf die Thronrechte verzichtet hatte – nach Österreich einreisen darf, wird dies seiner Mutter erst 1982 gewährt – obwohl sie noch immer nicht verzichtet hatte.

Die letzte Ruhe in Wien

Die ehemalige Kaiserin stirbt 1989 im Alter von 96 Jahren und findet ihre letzte Ruhe in der vom Kapuzinerorden betreuten Kaisergruft in Wien.

Eine KURIER-Seite auf dem Jahr 1989 über Zitas Aufbahrung in Österreich.

Der KURIER im Jahr 1989, über Zitas Aufbahrung. 

Die Antwort auf die entscheidende Frage hat sie mit ins Grab genommen: Wem gehören die kaiserlichen Juwelen im Banksafe? Ihren Erben oder der Republik Österreich?

Kommentare