Robert F. Kennedys letzter Auftritt: Ein Mord erschüttert die USA
Das letzte Foto: Ethel und Robert Kennedy während seiner Wahlrede im Ambassador Hotel in Los Angeles. Wenige Minuten danach fielen die tödlichen Schüsse.
Es ist knapp vor 23 Uhr an diesem 4. Juni 1968. Robert F. Kennedy wurde eben mitgeteilt, dass er die Vorwahlen der Demokratischen Partei für die Präsidentschaftswahlen fast schon gewonnen hatte. Was noch bevorstand, war der eigentliche Wahlkampf gegen den Republikaner Richard Nixon. Kennedy hält im Ballsaal des Ambassador Hotels in Los Angeles vor 2.000 Sympathisanten die letzte Rede seines Lebens: „Meine Freunde, wir können es schaffen die Kluft, die durch die Vereinigten Staaten geht, zu schließen. Die Kluft zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Arm und Reich, zwischen den Generationen ...“
Jubel und Chaos
Der 42-jährige Senator und ehemalige Justizminister steigt unter dem Jubel seiner Anhänger vom Podium und wird in Richtung eines Raums geführt, wo er Interviews geben soll. Er schüttelt Hunderte Hände, wird von einem Blitzlichtgewitter der Fotografen überfallen. Es herrscht Chaos und unvorstellbares Gedränge.
Mitarbeiter schieben Robert „Bob“ Kennedy in einen Küchengang, durch den man in den Presseraum gelangt. 90 Personen befinden sich in dem 25 m2 kleinen Raum. Einer von ihnen ist Kennedys Mörder.
Noch wurden in den USA nur amtierende Präsidenten von Securities geschützt, nicht jedoch Präsidentschaftskandidaten. Kennedy selbst lehnte auch jegliche Bewachung ab, weil er seinen Wählern möglichst nahe sein wollte. Doch die Risiken waren bekannt, unter seinen Fans ging die Angst um: „Wenn er gewinnt, bringen sie ihn um“, ein Attentat auf Bobby wäre für einen psychisch Kranken nach der Ermordung seines Bruders John eine „logische“ Konsequenz.
Der Attentäter
Der gebürtige Palästinenser Sirhan Bishara Sirhan ist zum Zeitpunkt des Attentats 24 Jahre alt und lebt seit zehn Jahren in den USA. Robert Kennedy sieht er als Feind, der sich für Israel einsetzt.
Sirhan fährt ins Ambassador, nimmt an der Bar vier Tom Collins zu sich und nähert sich dann dem Küchengang, wo er den Wirbel um Kennedy wahrnimmt. Er zieht seinen Revolver vom Typ Iver-Johnson, Kaliber 22, aus der Hosentasche, ruft „Kennedy, du verdammter Hurensohn“ und schießt sein Magazin leer.
Drei der acht Schüsse haben den Senator getroffen, eine im Kopf, die beiden anderen im Rücken. Kennedy stürzt zu Boden, man hört Kreischen und Schreien und mittendrin den Satz: „Mein Gott, nicht schon wieder!“
Zwei der drei Brüder wurden ermordet: John F. und Robert F. Kennedy. Rechts: Edward Kennedy.
Jedem Amerikaner sind die Bilder der Ermordung John F. Kennedys am 22. November 1963 in Dallas/Texas noch präsent. Viereinhalb Jahre später haben die Gäste dieser Wahlparty ein schreckliches Déjà-vu-Erlebnis. Bei dem Attentat im Los Angeles werden fünf weitere Personen verletzt, die aber alle völlig genesen werden.
Doch um Kennedy steht es schlimm. Ethel kämpft sich in dem Wirbel zu ihrem Mann vor und erkennt sofort, wie ernst die Verletzungen sind. Robert Kennedy ist noch bei Bewusstsein und fragt seine Frau: „Sind alle anderen okay?“ Ethel nimmt seinen schwer verwundeten Kopf in ihre Hände, versucht Bob aber zu beruhigen: „Alles wird wieder gut, Bobby!“
Zwei Ärzte leisten Erste Hilfe
13 Minuten nach den Schüssen trifft ein Rotkreuzwagen ein. Kennedy sagt noch: „Nein, bitte nicht“ und verliert das Bewusstsein, das er nie wieder erlangen sollte.
Der Senator wird zunächst ins Central Receiving Hospital geführt, wo man sich für nicht zuständig erklärt und ihn in das benachbarte Good Samaritan Hospital weiterreicht. Unter den Tausenden Zeitungsartikeln, die in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten über die neuerliche Tragödie in Amerikas „First Family“ berichten, finden sich auch solche, die die naheliegende Frage stellen, warum man Kennedy nicht gleich ins richtige Spital gebracht hat.
Vierstündige Operation
Im Good Samaritan Hospital erfolgt eine vierstündige Operation, die den Senator nicht retten kann. Das tödliche Projektil ist hinter sein rechtes Ohr gedrungen und im Schädel stecken geblieben.
Robert Francis Kennedy wird 27 Stunden nach der Tat, am 6. Juni 1968 um 1.44 Uhr nachts für tot erklärt.
Sirhan Bishara Sirhan wird noch am Tatort verhaftet. Aus der aufgebrachten Menge hört man die Worte „Bringt ihn um“, aber ein Parteifreund ruft, darauf anspielend, dass John F. Kennedys mutmaßlicher Mörder Lee Harvey Oswald zwei Tage nach dem Anschlag von dem Barbesitzer Jack Ruby erschossen wurde: „Wir wollen kein zweites Dallas!“
Der Attentäter gesteht die Tat, widerruft das Geständnis jedoch wieder. Er wird des vorsätzlichen Mordes für schuldig befunden, zum Tod verurteilt, später aber zu lebenslanger Haft begnadigt, die der heute 81-Jährige im Staatsgefängnis von Coalinga/Kalifornien absitzt. Durch sein mehrmaliges Zurücknehmen des Schuldbekenntnisses entwickelten sich Verschwörungstheorien, die einen zweiten Täter ins Spiel brachten.
Sohn und Großneffe
Apropos. Der ermordete Präsidentschaftskandidat Robert F. Kennedy dreht sich wohl im Grab um, ist doch sein Sohn Robert Jr. einer der bekanntesten Verschwörungstheoretiker der USA.
Robert Kennedy Jr.
Als Gesundheitsminister der Regierung Trump ist er Impfgegner, AIDS-Leugner und Vertreter obskurer Pseudowissenschaften. Der 71-jährige Minister ist das dritte von elf Kindern des Ehepaares Ethel und Robert Kennedy.
Witwe Ethel starb voriges Jahr mit 96 Jahren, Robert Kennedy wäre am vergangenen Donnerstag 100 Jahre alt geworden.
Doch es gibt auch einen Hoffnungsträger im Hause Kennedy: der Demokrat Jack Schlossberg (32), ein Enkel John F. Kennedys.
Jack Schlossberg
Er gab vor wenigen Tagen bekannt, dass er 2026 für das Repräsentantenhaus kandidieren werde.
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