Die 50er-Jahre. Eine eigene Wohnung, das erste Auto, der erste Urlaub, wenn möglich in Italien. Dementsprechend lauteten die Titel der Schlager: „Pack die Badehose ein“, „Arrivederci Roma“ oder „Capri-Fischer“. Zu hören waren die Songs in Tanzlokalen, Bars, im Radio, im Kino und im noch jungen Medium Fernsehen.
Peter Kraus schrieb, als er von Bill Ramseys Tod erfuhr, auf Facebook: „Und wieder hat sich ein bedeutender Kollege verabschiedet… Er besuchte mich in Hamburg bei meiner letzten Tournee. Hinter der Bühne. Er wollte seinen unvergesslichen Hit ,Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett’ von uns interpretiert hören. Das machte ihn glücklich – mich auch. Für einen der besten Jazz- und Bluessänger zu singen, einfach erfüllend... Bill, Du wirst ewig ein ganz Großer bleiben, Dein Peter.“
Bill Ramsey und Peter Kraus – zwei Legenden in der Zeit des Wirtschaftswunders. Wie auch Caterina Valente, Peter Alexander, Conny Froboess, Heidi Brühl, Trude Herr, Gitte, Gus Backus, Lolita und der noch ganz junge Udo Jürgens. „Wir waren zwei Handvoll Leute“, erzählt Peter Kraus dann im KURIER-Interview, „und wir schätzten einander als Kollegen. Konkurrenzneid kannten wir nicht.“
Österreich und Deutschland waren mit dem Wiederaufbau beschäftigt, die im Krieg zerstörten Städte wurden wieder bewohnbar. „Alle träumten von Amerika“, erinnert sich Peter Kraus, „und von dort kam die Musik“. Jedenfalls der Rock’n’Roll. Peter Kraus sang „Wenn Teenager träumen“, „Tutti Frutti“, „Sugar Baby“. Daneben gab es den – nicht minder erfolgreichen – deutschen Schlager: „Die Liebe ist ein seltsames Spiel“ (Connie Francis), „Mama“ (Heintje), „Marmor, Stein und Eisen bricht“ (Drafi Deutscher), „Kalkutta liegt am Ganges“ (Vico Torriani) – was übrigens nicht stimmt: Kalkutta liegt nicht am Ganges. Aber ein Schlager muss ja keine Geografiestunde ersetzen.
Peter Kraus führt den Erfolg des Rock’n’Roll und des Schlagers dieser Zeit „auf die Aufbruchstimmung, die sensationell gute Musik und auf tolle Texte“ zurück. Auch wenn eine Liedzeile lautete: „Brennend heißer Wüstensand, fern so fern das Heimatland“ – es waren die richtigen Worte zur richtigen Zeit.
„Das Publikum“, sagte Caterina Valente einmal, „geht immer vor. Man muss singen, was ihm gefällt. Ohne meine Schlager hätte ich keinen Jazz machen können… Schlager haben mir Freiheit gegeben. Na klar, über viele Liedertexte lache ich mich heute kaputt. Aber ,Ganz Paris träumt von der Liebe’ ist immer noch ein wunderschönes Lied.“
Das von keinem Geringeren als Cole Porter stammt, im Original „I Love Paris“ heißt und die Valente zum Superstar machte. Der Erfolg lässt sich in Zahlen messen: Von diesem Song wurde eine Million Platten verkauft, die bis heute unübertroffene Verweildauer von 22 Wochen in der deutschen Hitparade wurde nur im Jahr darauf von Freddy Quinn mit „Heimweh“ („Dort wo die Blumen blüh’n“) erreicht.
Der 1931 im niederösterreichischen Niederfladnitz geborene Franz Eugen Nidl wurde als Einspringer für einen verhinderten Kollegen entdeckt. Freddy Quinn landete zwischen 1956 und 1966 zehn Nummer-Eins-Hits und verkaufte 60 Millionen Platten, darunter „Seemann, deine Heimat ist das Meer“, „Junge komm bald wieder“, „Die Gitarre und das Meer“. Der Österreicher sang so viele Seemannslieder, dass ihn viele für einen Hamburger hielten. Dort lebt er auch, heuer übrigens 90 Jahre alt.
Die Schnulzen und Schlagerlieder der Zeit des Wirtschaftswunders verbreiteten Optimismus und eine heile Welt. Jung und Alt liebten den Rock’n’Roll und Peter Kraus. Geheimnisse des Erfolgs sieht er darin, „dass damals Schallplatten und Musikfilme ihre Blüte erlebten. Die verschiedenen Medien haben einander gegenseitig unterstützt, das war die beste Werbung, die man haben konnte.“
Doch sind Erfolge keine Garantie für ein geglücktes Leben. Auch Rex Gildo zählte in den 60ern mit 40 Millionen verkauften Tonträgern zu den beliebtesten Schlagerstars. Als seine große Zeit vorbei war, bekam er Alkoholprobleme, trat auf Volksfesten und in Einkaufszentren auf. Zuletzt 63-jährig, am 26. Oktober 1999 in einem Möbelhaus. Doch der Auftritt missglückte, Rex Gildo brachte seine Hits („Speedy Gonzales“, „Fiesta Mexikana“) nicht gut über die Bühne und sagte die danach geplante Autogrammstunde ab.
Am selben Abend stürzte er sich aus einem Fenster im zweiten Stock seiner Wohnung in München. Er wurde an der Seite seines früheren Managers und Lebensgefährten Fred Miekley am Münchner Ostfriedhof beigesetzt.
Ja, und dann kamen die 70er-Jahre mit ihren ganz spezifischen Schlagern: „Ein bisschen Spaß muss sein“ (Roberto Blanco), „Griechischer Wein“ (Udo Jürgens) oder „Er hat ein knallrotes Gummiboot“ (Wencke Myhre). Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.
georg.markus
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