Treffpunkt im Zögernitz
Ich treffe dort Eduard Strauss, den Ururenkel von Johann Strauss Vater, weiters Hermann Rauter, den Besitzer des Zögernitz, und Norbert Rubey, den Kurator der neuen Dauerausstellung.
„Das House of Strauss ist kein Museum im herkömmlichen Sinn“, erklärt Eduard Strauss, „es beherbergt vielmehr eine multimediale Ausstellung mit einigen Original-Erinnerungsstücken, darunter das Klavier meines Vaters (des Dirigenten Eduard Strauss II., Anm.), eine Büste von Johann Strauss Sohn und die Thonet-Sessel, die noch aus der Zeit stammen, in der er hier auftrat“. Im ganzen Haus finden sich überlebensgroße Kopien des goldenen Strauss-Denkmals im Stadtpark.
Strauss führt durchs Haus
Eduard Strauss, Obmann des Wiener Instituts für Strauss-Forschung und langjähriger Senatspräsident am Oberlandesgericht Wien, führt mittels elektronischer Zuspielungen durch das biedermeierliche Gebäude, und wenn größere Gruppen kommen, steht der Strauss-Nachfahre persönlich als Guide zur Verfügung.
Die Videoclips beginnen mit Bildern aus dem Leben von Strauss Vater, der als Sohn eines Bierwirts in der Wiener Leopoldstadt in bitterer Armut aufwuchs. Die Verhältnisse waren so trist, dass vier seiner Geschwister im Kleinkindalter starben. Der Aufstieg geht vom Elend der Familie bis zur weltweiten Verehrung. Parallel dazu werden in einer Zeitreise Bilder historischer Ereignisse von den napoleonischen Kriegen bis zur Wiener Weltausstellung 1873 gezeigt. Und natürlich ist die Musik aller „Sträusse“ und ihrer Zeitgenossen omnipräsent.
Der Immobilienkaufmann Hermann Rauter hat um neun Millionen Euro das Casino Zögernitz (das übrigens nie ein Spielcasino, sondern immer ein Tanz- und Vergnügungslokal war) erworben, renoviert und als House of Strauss eingerichtet. In erster Linie Touristenattraktion mit Restaurant, „sind natürlich auch die Wiener herzlich willkommen, um mehr über die Musikgeschichte ihrer Stadt zu erfahren“. Ab März 2024 gibt eine Strauss-Kapelle im großen Saal Konzerte.
Gleichzeitig veranstaltet Dr. Eduard Strauss mit seinem Wiener Institut für Strauss-Forschung im Zögernitz die Reihe „Tanz-Signale“, in der die Musik der Dynastie und deren Interpretation wissenschaftlich aufgearbeitet wird.
Museumskurator Norbert Rubey ist es wichtig, in der Ausstellung auf immer wiederkehrende Fake-Darstellungen und auf Unbekanntes im Zusammenhang mit der Strauss-Familie hinzuweisen:
- Falscher Titel So hat Strauss Vater 1846 beim Kaiser um Verleihung des Titels „k. k. Hofballmusik-Direktor“ angesucht. Und damit um einen Titel, der gar nicht existierte! Sehr österreichisch: Er wurde ihm trotzdem verliehen, mit dem Hinweis, „dass damit kein Gehalt verbunden“ sei.
- Abgelehnt Zehn Jahre später bat Johann Strauss Sohn, ihm dieselbe Ehre zu erweisen. Dies wurde vom Kaiser mit einer bürokratischen Spitzfindigkeit abgelehnt: Der Komponist hätte „nicht um den Titel, sondern um die Stelle“ angesucht. Hintergrund war, dass Strauss Sohn während der Revolution 1848 nicht loyal zum Kaiserhaus stand. 1863 wurde ihm dann endlich der (formal noch immer nicht existierende) Titel verliehen. Später erhielt ihn auch sein Bruder Eduard.
- Doppel-S Für falsch hält Eduard Strauss die von den Wiener Philharmonikern verwendete Schreibweise „Strauß“, gibt es doch Noten und Unterschriften, die beweisen, dass seine Ahnen das Doppel-S verwendeten. So kam es, dass auch im heutigen KURIER zwei Schreibweisen vorherrschen: die auf Seite 23 zur Geschichte des Neujahrskonzerts (ß) und die auf dieser Seite in der Familientradition (ss).
Einer der Höhepunkte für Besucher des neuen Museums ist die Möglichkeit, interaktiv in einer Strauss-Operette mitzuspielen: Man wählt eine Szene aus und fügt ein Foto von sich in die Handlung ein. Und schon ist man Interpret!
Die Betreiber rechnen im ersten Jahr mit 30.000 Besuchern, wesentlich mehr sollen es dann 2025 sein. Da wird im großen Johann-Strauss-Jahr weltweit der 200. Geburtstag des Walzerkönigs gefeiert.
House of Strauss: 1190 Wien, Döblinger Hauptstraße 76, Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr. Eintritt 18 €.
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