Wie aber kam es zum Fall Helene von Damm?
„Ich heiße seit über 50 Jahren so, plötzlich soll ich einen anderen Namen tragen“, versteht die einstige Assistentin Ronald Reagans, Personalchefin im Weißen Haus und US-Botschafterin in Österreich die Welt nicht mehr.
Geboren am 4. Mai 1938 in Linz als Helene Antonia Winter, wanderte sie mit 20 Jahren in die Vereinigten Staaten aus, um den amerikanischen Traum wahr zu machen. Sie heiratete einen Angehörigen der US-Armee und nahm 1959 die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Gleichzeitig musste sie die österreichische zurücklegen.
Als sich der ehemalige Hollywoodschauspieler Ronald Reagan 1966 um den Posten des Gouverneurs von Kalifornien bewarb, trat sie in sein Wahlkampfteam ein und wurde nach dem Sieg des Republikaners seine persönliche Sekretärin. Danach blieb sie 20 Jahre lang, während des beispiellosen Aufstiegs Reagans zum 40. Präsidenten der Vereinigten Staaten, als dessen engste Mitarbeiterin an seiner Seite.
Nach der Scheidung ihrer ersten Ehe heiratete sie 1969 den bald ebenfalls in den USA lebenden deutschen Staatsbürger und Bankangestellten Christian von Damm. „Seither trage ich diesen Namen“, erklärt Helene von Damm, „und das hat auch nie irgendjemand infrage gestellt“.
Fest steht, dass das Führen von Adelstiteln in Österreich nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie untersagt wurde. Doch in Deutschland ist das „von“ nie abgeschafft worden und bis heute nicht als Titel, sondern als Teil des Familiennamens zugelassen.
Gilt das auch für eine Österreicherin, die den Namen eines deutschen Staatsbürgers trägt? „Nicht nach österreichischem Recht“, erklärt Helene von Damms Wiener Rechtsanwalt Gottfried Schellmann, „denn der Verfassungsgerichtshof hat 2014 festgehalten, dass auch Doppelstaatsbürger nach dem Adelsaufhebungsgesetz aus dem Jahr 1919 nicht berechtigt sind, ,Adelstitel ausländischen Ursprungs’ zu führen.“
Und das trifft auf Helene von Damm zweifellos zu.
Ihre Ehe mit Christian von Damm wurde im Jahr 1978 geschieden, danach heiratete sie zwei weitere Male, behielt aber den Familiennamen von Damm, „weil ich zu diesem Zeitpunkt in den Vereinigten Staaten schon als persönliche Assistentin Ronald Reagans bekannt und für sehr viele Menschen eine wichtige Kontaktperson zu ihm war.“
1983 kam Helene von Damm – von Präsident Reagan persönlich berufen – als US-Botschafterin nach Österreich, wo sie „Sacher“-Chef Peter Gürtler heiratete. Danach trat sie wegen einer damals geltenden Bestimmung von ihrem hohen diplomatischen Posten zurück, derzufolge ein amerikanischer Botschafter, der einen Angehörigen eines Landes heiratet, in dem er amtiert, sein Amt aufgeben muss. Die Republik Österreich verlieh ihr aufgrund ihrer Verdienste für beide Nationen 1992 zusätzlich zur amerikanischen auch die österreichische Staatsbürgerschaft.
Damit verbunden war die Eintragung „Helene von Damm“ in sämtlichen amtlichen Dokumenten: Im Reisepass ebenso wie im Meldezettel und im Führerschein.
Daran fand auch niemand etwas auszusetzen, bis sie jetzt bei der MA 62 um die Verlängerung ihres Passes ansuchte. Rechtsanwalt Gottfried Schellmann: „Bisher hat man Frau von Damm nur mündlich mitgeteilt, dass die Behörde ein Verfahren nach dem Adelsaufhebungsgesetz einleiten werde, wonach der Namensbestandteil ,von’ zu streichen sei.“
Die frühere Botschafterin und ihr Anwalt warten jetzt ab, „wie die Behörde in der schriftlichen Stellungnahme ihren Standpunkt erklärt. Dementsprechend wird unsere Argumentation ausfallen.“ Dabei müsse, sind sie überzeugt, die eben gefällte Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte berücksichtigt werden.
Auf jeden Fall steht in Helene von Damms amerikanischem Pass weiterhin (das dort zugelassene) „von“. „Ein Mensch kann aber nicht zwei unterschiedliche Namen haben“, meint der Anwalt.
„Ich respektiere selbstverständlich die Gesetze, die das Führen von Adelstiteln in Österreich untersagen“, erklärt Helene von Damm, hofft aber auf eine einvernehmliche Lösung, denn eine Umsetzung der Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs kann mehrere Jahre dauern. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mit meinen bald 85 Jahren noch einmal meinen Namen ändern soll.“
Helene Damm.
Klingt zumindest ungewohnt.
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