Marlene Dietrichs Wiener Affäre
Sie war noch ganz unbekannt, damals im Jahr 1927, als sie in den Wiener Kammerspielen auftrat. Eine Zeitungskritik nahm von dem künftigen Weltstar vorerst nur mit den Worten „Marlene Dietrich darf viel Bein zeigen“ Notiz. Mindestens so aufregend wie ihre Auftritte war aber ihr Privatleben, hatte sie doch während ihres Wiener Aufenthalts eine stürmische Affäre mit dem Filmstar Willi Forst. 93 Jahre nach ihrem Wien-Gastspiel kehrt die Dietrich quasi zurück an die Wiener Kammerspiele. Sona MacDonald, selbst ein Star, spielt Marlene in dem Stück „Engel der Dämmerung“.
Noch in kleinen Rollen
Die Dietrich war nur in kleineren Filmrollen und Revuen an Berliner Bühnen aufgetreten, ehe sie in Wien ihre ersten richtigen Rollen bekam. Als sie Anfang September 1927 zu den Proben des Stücks „Wenn man zu dritt“ in Wien erschien, war sie noch nicht die Kunstfigur, die Josef von Sternberg drei Jahre später, vor Beginn der Dreharbeiten zum „Blauen Engel“, schuf: in dem Film, der sie unsterblich machte. Der Regisseur änderte ihre Frisur, ihr Make-up, ihre Stimme, die Garderobe, ja selbst ihre Persönlichkeit. Sie war ab 1930 nicht mehr jenes bescheidene Fräulein Dietrich, das sie bei den Proben und Aufführungen in Wien gewesen war. Durch Sternberg wurde die Dietrich zum Produkt einer perfekt kalkulierten Erfolgsstrategie.
Sie war noch brünett
Die Künstlerin hatte, „um meine Familie nicht zu entehren“, wie sie sagte, nach der Schauspielschule ihren tatsächlichen Namen Maria Magdalena von Losch auf Marlene Dietrich geändert.
In Wien beachtete vorerst kaum jemand die 26-jährige – damals brünette – Blondine, die man in der Operette „Wenn man zu dritt“ als Mädchen namens Claude sah, aber von keiner einzigen Kritik zur Kenntnis genommen wurde. Erst bei ihrem zweiten Wiener Stück „Broadway“ wurden in der Neuen Freien Presse die sagenhaften Beine des späteren Weltstars gewürdigt.
Pikantes Nachspiel
Marlene Dietrich hatte dann noch in Carl Sternheims Lustspiel „Die Schule von Uznach“ im Theater in der Josefstadt einen Auftritt, über den der Kritiker Felix Salten schrieb: „Von den Mädchen war Marlene Dietrich dem Äußeren nach am ehrlichsten der Typ, der gezeigt werden soll: schöne, triebhafte Weibsjugend, die gedankenlos plappert.“
Marlene Dietric kam am 27. Jänner 1901 in Berlin als Maria Magdalena von Losch zur Welt, ihr Vater war Polizeioffizier. Sie ließ sich gegen den Willen ihrer Mutter bei Max Reinhardt zur Schauspielerin ausbilden und spielte ab 1922 in Berlin in Revuen und kleinen Filmrollen. 1927/28 trat sie in drei Stücken an den Wiener Kammerspielen und am Theater in der Josefstadt auf und drehte mit Willi Forst den Film „Café Elektric“.
1930 wurde sie durch den Film „Der blaue Engel“ weltberühmt. Sie ging nach Hollywood, wo sie in 30 Filmen meist den Typ des Vamps verkörperte. 1939 wurde sie US-Staatsbürgerin und schlug alle Angebote aus, nach Hitler-Deutschland zurückzukehren. In den 1950er-Jahren feierte sie internationale Erfolge als Diseuse mit Liedern wie „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, „Lili Marlen“, „Sag mir, wo die Blumen sind“...
Privates
Marlene Dietrich war von 1923 bis zu seinem Tod 1976 mit dem Film-Aufnahmeleiter Rudolf Sieber verheiratet, die gemeinsame Tochter Maria kam 1924 zur Welt. Die Dietrich verbrachte ihren Lebensabend in Paris, wo sie am 6. Mai 1992 starb.
Tipp
Wiener Kammerspiele, „Engel der Dämmerung. Marlene Dietrich“ von Torsten Fischer und Herbert Schäfer, mit Sona MacDonald und Martin Niedermair, Regie: Torsten Fischer, Premiere: 6. Februar.
Die Geschichte des Wien-Aufenthalts der Dietrich hat aber noch ein pikantes Nachspiel. Während sie in den Kammerspielen auftrat, drehte der Regisseur Gustav Ucicky in den Studios der Wiener Sascha-Film den Stummfilm „Café Elektric“. Es war ihre erste Hauptrolle im Film, und sie hatte mit Willi Forst eine Liebesszene. Bald waren die Schauspieler auch privat ein Paar – und das, obwohl beide verheiratet waren. „Wir flogen vom ersten Augenblick aufeinander“, hinterließ Willi Forst in seinen handgeschriebenen Aufzeichnungen, die seine Nichte Melanie Langbein nach seinem Tod im Jahr 1980 in seiner Schreibtischlade fand. „Noch in derselben Nacht lagen wir uns in den Armen. Sie war die Erfüllung! Ich betete sie an, keine Frau vorher und nachher war imstande, solche Liebe zu geben.“
Nur wenige Zeilen
Von Willi Forst sind nur diese wenigen Zeilen über sein Verhältnis mit der Dietrich erhalten geblieben. Er selbst verbrannte aus Rücksicht auf seine Frau alle ihre Briefe. Marlene Dietrich war zwar auch verheiratet, doch wurde bei ihr die eheliche Untreue nicht so genau genommen, schreibt ihre Tochter Maria Riva in ihren Lebenserinnerungen: „Als meine Mutter endlich aus Wien zurückkam, brachte sie einen neuen Freund mit, ihren Filmpartner Willi Forst. Ich begrüßte ihn artig mit einem Knicks, und er tätschelte meinen Kopf. Er schüttelte meinem Vater, den er zu kennen schien, die Hand und war fortan bei uns zu Gast.“
Längere Beziehung
Da die Dietrich im Gegensatz zu Forst keine Probleme hatte, seine Liebesbriefe aufzubewahren, wissen wir, dass die Beziehung noch längere Zeit anhielt. „Ich gäbe ein Jahr meines Lebens“, schreibt er ihr 1935, bereits nach Amerika, „wenn ich Dich jetzt nur einen halben Tag bei mir haben könnte. Immer wieder sehe ich mir Deine Bilder an, immer wieder lese ich Deine süßesten Briefe, immer wieder spiele ich Deine Platten und nichts hilft. Es ist zum Verzweifeln.“ Willi Forsts Liebesbriefe an Marlene Dietrich sind in der „Marlene Dietrich Collection“ im Filmmuseum Berlin aufbewahrt.
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