Schon wieder eine Kaiserin im Musical

Über Kaiserin Elisabeth und Kronprinz Rudolf, über Mozart, Sigmund Freud und Falco gibt es bereits Musicals, da war es nur eine Frage der Zeit, wann auch Maria Theresia ein musikalisches Denkmal gesetzt wird. Sie hat Kriege geführt, 16 Kinder zur Welt gebracht, die Schulpflicht erfunden und Österreich modernisiert. Der perfekte Stoff für ein Musical also. Es feiert demnächst im Wiener Ronacher Premiere.
Keine Revolutionen
„Das Musical soll natürlich vor allem unterhalten, dennoch entspricht die Handlung weitestgehend der Wirklichkeit“, sagt die Historikerin Katrin Unterreiner, die die Bühnenversion wissenschaftlich begleitet. „Es war Maria Theresias Leistung, den Staat so zu modernisieren, dass es nicht zu großen Revolutionen wie in Frankreich und anderen Ländern gekommen ist. Sie hat das Heer, die Justiz und die Verwaltung reformiert, die Leibeigenschaft der Bauern eingeschränkt und die Schulpflicht eingeführt.“
Als Maria Theresia auch die Steuerfreiheit des Adels abschaffte, sagte sie ausgerechnet zu ihrem Staatskanzler Fürst Kaunitz: „Ein Fürst besitzt keine andere Berechtigung als jeder Privatmann.“
Wie, fragt man sich, konnte eine Frau neben ihren Aufgaben als Mutter einer Großfamilie all das bewältigen?
„Das mit den 16 Kindern ist so ein Klischee“, erklärt Katrin Unterreiner. „Sie hat zwar 16 Kinder zur Welt gebracht, aber einige von ihnen sind früh gestorben. Sie war auch nicht die liebevolle Mutter, als die sie oft dargestellt wird, hat ihre Kinder weder selbst erzogen, noch hat sie viel Zeit mit ihnen verbracht.“ Jedes Kind hatte einen eigenen Hofstaat, bestehend aus Erziehern und Kammerdienern. Maria Theresia hat ihre 16 Kinder, laut Unterreiner, „nicht geboren, weil sie so viele Kinder wollte, sondern weil sie eine offensichtlich funktionierende, leidenschaftliche Ehe führte. In Wahrheit war sie in erster Linie Regentin und lange danach erst Mutter. Die Interessen des Staates hatten immer Vorrang vor den familiären. So hat sie ihre Töchter aus rein politischen Gründen verheiratet, ob die jetzt glücklich wurden oder nicht, das war überhaupt kein Maßstab.“
Liebesheirat
Maria Theresia selbst hat sich eine Liebesheirat gegönnt.
Apropos. Natürlich werden im Musical die Affären ihres Mannes, Franz Stephan von Lothringen, thematisiert, unter denen die Kaiserin sehr gelitten hat – ohne dass es ihre Ehe nachhaltig belastet hätte.
Dramatischer Höhepunkt in ihrem Leben (wie auch im Musical) war der unerwartete, plötzliche Herztod des geliebten Mannes während der Hochzeitsfeierlichkeiten ihres Sohnes Leopold in Innsbruck. Da war Franz Stephan 56 Jahre alt und Maria Theresia 48.
Wie viel ihr die Zeit mit ihm bedeutet hat, zeigt eine Berechnung, die sich nach ihrem Tod auf einem handgeschriebenen Zettel fand: Die 29 gemeinsamen Jahre waren „354 monat, 1416 wochen, 9912 täge, 237.888 stunden“.
Keine Begegnung
„Erfunden“ für die Musicalbühne wurde eine persönliche Begegnung Maria Theresias mit ihrem Erzfeind, Preußens König Friedrich dem Großen. „Diese Begegnung hat es in Wirklichkeit nicht gegeben“, betont Katrin Unterreiner, „was vor allem daran lag, dass Reisen beschwerlich waren und lange gedauert haben. Man hat sich damals mit Diplomaten und Kurieren ausgetauscht, konnte ja auch nicht zum Telefonhörer greifen.“
Sogar der dunkle Punkt in Maria Theresias Leben – ihre religiöse Intoleranz inklusive antisemitischer Grundhaltung – kommt im Musical vor, auch wenn ein befremdliches Detail nicht das Bühnenlicht erblickt: Nachdem sie 1744 die jüdischen Bürger aus Prag vertrieben hatte, fehlten dem Staat erhebliche Steuereinnahmen, worauf Maria Theresia nichts anderes übrig blieb, als eine jüdische Abordnung in Audienz zu empfangen. Da ließ sie zwischen sich und den ihr unliebsamen Besuchern einen Paravent aufstellen! Erst ihr Sohn Joseph II. gewährte Andersgläubigen mit dem Toleranzpatent persönliche, berufliche und religiöse Freiheiten.
War sie Kaiserin?
Maria Theresia starb, 63 Jahre alt, nach 40-jähriger Regentschaft, am 29. November 1780 in der Wiener Hofburg an „Wassersucht, Katarrh und Brand“, wie die Leibärzte diagnostizierten. Zuletzt zollte ihr sogar Friedrich II., ihr lebenslanger Gegner, Respekt, als er aus Anlass ihres Todes schrieb: „Ich habe mit ihr Krieg geführt, aber ich war nie ihr Feind.“
Eine ewige Streitfrage ist, ob Maria Theresia sich überhaupt Kaiserin nennen durfte. „Eindeutig ja“, meint Historikerin Unterreiner. „Auch wenn sie offiziell nur Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn und Königin von Böhmen war, hatte sie als Ehefrau von Franz I. Stephan, der 1745 zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs gekrönt wurde, das Recht den Titel Kaiserin zu tragen.“
Im Leben und im Musical.
georg.markus
DAS MUSICAL
„Maria Theresia – Das Musical“. Weltpremiere: 10. Oktober, Wiener Ronacher. Musik: Dieter und Paul Falk, Texte: Jonathan Zelter und Thomas Kahry. Mit Nienke Latten (Maria Theresia), Fabio Diso (Franz I. Stephan), Moritz Mausser (Friedrich II.) u. v. a. Regie: Alex Balga.
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