Ein Besuch bei der Mätresse des Kaisers

Zusammenfassung
- Die Villa Nahowski in der Maxingstraße war das geheime Liebesnest von Kaiser Franz Joseph und seiner langjährigen Mätresse Anna Nahowski.
- Der heutige Besitzer öffnete erstmals das geschichtsträchtige Haus für Dreharbeiten und Einblicke in die Atmosphäre vergangener Zeiten.
- Anna Nahowski blieb dem Kaiser zeitlebens verbunden, erbte das Haus an ihre Tochter Helene, die als Tochter des Kaisers gilt.
Wenn man die Maxingstraße hinauffährt und fast schon den Küniglberg erreicht hat, kommt man an einem zweistöckigen Biedermeierhaus vorbei, von dem man nicht ahnen würde, welches Juwel sich hinter seinen Mauern verbirgt. Ich habe schon öfter über Anna Nahowski berichtet, aber eines ist mir bisher nie gelungen: in die Villa vorzudringen, die ihr der Kaiser geschenkt und in der er intime Stunden mit ihr verbracht hat.
Mein Freund Karl Hohenlohe hat es jetzt möglich gemacht. Nicht nur, dass ich ihm vor laufender ORF-III-Kamera über Anna und ihre Verbindung zum Kaiser erzählen durfte, kann ich hier auch ein wenig die Atmosphäre schildern, in der sie Franz Joseph glücklich machte.
Die Hietzinger Villa befindet sich vis-à-vis des Schönbrunner Schlossparks, von dem aus der Kaiser durch einen privaten Seiteneingang zu der Geliebten kam. Die perfekte Lage also, um hier regelmäßig das Frühstück einzunehmen. Und zwar um fünf Uhr früh, wie’s Seine Majestät beliebten.
Wie zu Kaisers Zeiten
Der Wiener Rechtsanwalt Klaus Hoffmann hat das Anwesen 1987 gekauft, renoviert und "anhand alter Pläne in den Originalzustand, wie zu Kaisers Zeiten, gebracht. Nur die Möbel sind nicht mehr die von damals." Hinter dem Haus erstreckt sich ein blühender, rund 1.400 Quadratmeter großer Garten.

Anna Nahowski im Alter von 22 Jahren.
"Wenn Sie mich lieb haben, erwarten Sie mich im Bett"
Als der frühere Eigentümer vor bald vier Jahrzehnten das Anwesen verkaufen wollte, konsultierte er Dr. Hoffmann als Rechtsberater. Als der Anwalt feststellte, dass der Meistbietende das in einer Schutzzone gelegene Schlössl abreißen und durch einen Neubau ersetzen wollte, hat er es selbst gekauft.
Womit ein Stück Wien erhalten blieb. Ein Stück Wien, in dem Kaiser Franz Joseph jahrelang ein und aus ging. Der 45-jährige Monarch hatte die erst 15-jährige Anna im Mai 1875 bei einem Spaziergang im öffentlich zugänglichen Teil des Schönbrunner Schlossparks kennengelernt. Es kam zu Zärtlichkeiten und nach drei Jahren zu einer Affäre, die Anna detailreich in ihrem Tagebuch schildert. "Wenn ich zu Ihnen komme, werden Sie das lästige Mieder nicht haben ... Wissen Sie was, wenn Sie mich lieb haben, erwarten Sie mich im Bett."
Anfangs besucht Franz Joseph, dessen Gemahlin Elisabeth ständig auf Reisen ist, die fesche Wienerin in ihrer Wohnung in Wien-Gumpendorf. Doch mit der Zeit wird ihm die Anreise zu mühsam, auch fürchtet er, bei seinem Eintreffen in der Vorstadt erkannt zu werden. Und so übergibt er Anna im Mai 1883 ein Kuvert mit 50.000 Gulden (heute rund 650.000 Euro), mit denen sie die Villa in der Maxingstraße 46 kauft und umbaut.
Franz Joseph kommt, so oft es seine Zeit erlaubt. Zum Frühstück gibt’s Kaffee und Kipferl.
Eine Villa mit 14 Zimmern
Als Karl Hohenlohe die neue ORF-III-Serie „Wiens erotische Palais“ plante, lag es nahe, mit der Villa Nahowski zu beginnen. Da traf es sich gut, dass deren Besitzer damit einverstanden war, in dem 800 Quadratmeter großen Haus zum ersten Mal Dreharbeiten zuzulassen. "Ich habe die Villa nicht gekauft, weil sie geschichtsträchtig ist", erklärt Klaus Hoffmann, "sondern weil sie mir gefallen hat". Und der emeritierte Rechtsanwalt zeigt uns einige der 14 Zimmer, darunter die Bibliothek (sie war zu Annas Zeiten das Schlafzimmer), den Salon und das "Chinesische" Zimmer, das die Nahowski dem "Chinesischen Kabinett" in Schönbrunn nachempfinden ließ.
Anna Nahowski geb. Nowak war während der 14 Jahre dauernden Beziehung mit dem Kaiser zwei Mal verheiratet. Die erste Ehe mit dem Seidenfabrikanten Johann Heuduck war unglücklich, ihr zweiter Mann, Franz Nahowski, wusste von Annas kaiserlichen Tête-à-Tête in der Maxingstraße (die damals noch Hetzendorfer Straße hieß). Da Nahowski praktischerweise Beamter der k. k. Südbahngesellschaft war, wurde er oft "auf Anordnung von ganz oben" auf Dienstreise in entlegene Kronländer der österreichisch-ungarischen Monarchie geschickt, wodurch Anna und der Kaiser ungestört waren.

Georg Markus und Karl Hohenlohe
Anna brachte vier Kinder zur Welt, von denen die 1885 geborene Helene als Tochter des Kaisers gilt, da Ehemann Franz Nahowski laut Tagebuch zum Zeitpunkt der Empfängnis im Ausland weilte, während der Kaiser ihr zum exakt richtigen Zeitpunkt einen Besuch abstattete. Helene Nahowski heiratete später den weltberühmten Komponisten Alban Berg.
Ein Beamter macht Schluss
Als sich der Kaiser in die Schauspielerin Katharina Schratt verliebt, werden die Besuche bei Anna seltener. Bis es zum würdelosen Ende kommt: Am 14. März 1889 – wenige Wochen nach der Tragödie von Mayerling – wird die Nahowski in die Hofburg bestellt, wo ihr ein Beamter (!) mitteilt, dass es "aus" sei. Anna will den Kaiser sprechen, wird aber nicht vorgelassen. Sie ist ihm nie wieder begegnet.
Dafür wird die Schratt ihre neue Nachbarin. Der Kaiser schenkt der Schauspielerin eine Villa gleich ums Eck, in der Gloriettegasse, wo er von nun an sein Frühstück einnimmt.
Karl Hohenlohe: "Wiens erotische Palais", Folge 1: Villa Nahowski am Dienstag, 9. September, 20.15 Uhr, ORF III.
Regie: Susanne Pleisnitzer.
Die Atmosphäre ist geblieben
Anna hat nie aufgehört, den Kaiser zu lieben. Sie trauerte ihm zeitlebens nach und machte damit ihrem Mann Franz Nahowski das Leben zur Hölle. In ihrem Schlafzimmer hing bis zu ihrem Tod ein gerahmtes Bild Franz Josephs mit Trauerflor. Sie hat es nie verkraftet, nicht mehr die Mätresse des Kaisers zu sein, sondern nur noch eine einfache Bürgersfrau.
Wenn Herr Dr. Hoffmann heute durch die Räumlichkeiten seiner Villa in der Maxingstraße geht, spürt er "immer noch die Atmosphäre, wie sie von Anna Nahowski in ihrem Tagebuch beschrieben wird".
Anna stirbt 1931 mit 71 Jahren. Das Haus in der Maxingstraße erbt Helene Berg, die vermutliche Tochter des Kaisers.
Der Kreis schließt sich.
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