Auch wenn man sich heute eher an ihre skandalgebeutelte Liebe zum Ölmilliardär Aristoteles Onassis erinnert als an ihre goldene Stimme, geht Maria Callas doch als größte Sängerin aller Zeiten in die Geschichte ein. Die Primadonna Assoluta wäre heuer hundert Jahre alt und ist 46 Jahre nach ihrem Tod „wieder auferstanden“, zumal Andrea Eckert in dem Erfolgsstück „Meisterklasse“* ihr ebenso Aufsehen erregendes wie glamouröses Leben erzählt.
Dabei hat alles recht düster begonnen. Maria Kalogeropoulou, wie die 1923 in New York zur Welt gekommene Tochter eines Apothekers ursprünglich hieß, war 14, als sich ihre griechischen Eltern scheiden ließen. Sie ging nach Griechenland und erlebte eine unglückliche Kindheit. Ihre Mutter nannte ihre ältere Tochter Jackie „die Schöne“, während sie Maria als zu dick und zu hässlich empfand, um jemals einen Mann zu finden.
Der erste Ehemann
Maria freilich war schon als Kind durch ihre Stimme aufgefallen, die so eindrucksvoll war, dass sich die Nachbarn unter dem Fenster versammelten, wenn sie La Paloma sang. Mit 17 emanzipiert sie sich von der strengen Mutter und wird festes Mitglied der Athener Oper.
Sieben Jahre später feiert man sie beim Opernfestival in Verona als La Gioconda, gleichzeitig lernt sie den um 28 Jahre älteren Bauunternehmer Giovanni Battista Meneghini kennen. Er wird ihr Manager, 1949 auch ihr Ehemann und verschafft ihr Engagements in den großen Opernhäusern der Welt. Ihre künstlerische Heimat ist aber die Mailänder Scala, wo sie als Turandot, Madame Butterfly, La Traviata und Tosca zur besten – und mit einer Gage von bis zu 10.000 Dollar pro Abend – auch zur teuersten Sängerin der Welt wird. 1953 entschließt sie sich, ihr Image als „dicke Primadonna“ abzuschütteln und verliert mit einer Abmagerungskur fast 30 Kilogramm.
„La Divina“ – „Die Göttliche“ ist für manchen Skandal gut. Im Frühjahr 1956 holt sie Herbert von Karajan für Donizettis Lucia di Lammermoor an die Wiener Staatsoper. Das Publikum tobt, nie zuvor wurde die „Wahnsinnsarie“ so überzeugend gesungen wie von der 32-jährigen Maria Callas. Nach der Vorstellung fällt sie im nicht enden wollenden Applaus auf die Knie und küsst Maestro Karajan auf offener Bühne beide Hände.
Der Erfolg muss fortgesetzt werden. Sie einigt sich mit Karajan, im Wiener Festspielsommer 1957 La Traviata zu singen. Ihr Management fordert 2.100 Dollar pro Aufführung, Karajans Gegenangebot lautet 1.600. Die Callas ruft dem Maestro wütend zu: „Dann singen Sie die Violetta doch selbst!“ Karajan zerreißt den Vertrag vor ihren Augen, sie verlässt die Direktionskanzlei. Und die Wiener Traviata kommt nicht zustande.
Silvesterparty
Im selben Jahr feiert sie auf einer ausgelassenen Silvesterparty in einem römischen Nachtclub bis in die Morgenstunden und ist am folgenden Abend nicht in der Lage, Vincenzo Bellinis Oper Norma zu singen. Die Stimme ist weg, die Aufführung muss nach dem ersten Akt abgebrochen werden. Das Publikum randaliert vor ihrem Hotel, die Presse fällt über sie her, die Karriere der Callas scheint am Ende.
Da tritt Onassis in ihr Leben. Der griechische Reeder feiert auf seiner Luxusjacht Christina eine seiner legendären Partys, die mehrere Tage dauern. Mit an Bord sind Englands Ex-Premier Winston Churchill, Fiat-Boss Umberto Agnelli. Und die Callas.
Callas lässt sich scheiden
Dass auch ihr Ehemann dabei ist, fällt weiter nicht auf, er ist seekrank und fast die ganze Zeit in seiner Kabine. Genau da passiert es, Onassis und die Callas verlieben sich ineinander. Am Ende der Kreuzfahrt steht fest, dass sie sich scheiden lässt, bald darauf geht auch Onassis‘ erste Ehe in die Brüche.
Was folgt, ist eine stürmische Liebesbeziehung, Der 53-Jährige überhäuft die um 18 Jahre jüngere Sopranistin mit Schmuck und anderen sündteuren Geschenken, das schillernde Paar verbringt jeden Sommer – mit 60 Mann Personal – auf der Christina, die übrigen Monate des Jahres lebt es in Paris. Die Callas weiß, dass er immer wieder Affären hat, aber sie liebt ihn so sehr, dass sie es hinnimmt.
Das Ende mit Onassis
An „Aris“ Seite erholt sich auch ihre Karriere. Sir Rudolf Bing engagiert sie an die Metropolitan Opera nach New York, wo sie als La Traviata stürmisch gefeiert wird.
Doch so leidenschaftlich die Affäre begann, so traurig endet sie. Als Maria mit 43 Jahren schwanger wird, zwingt Onassis sie, die sich immer Kinder gewünscht hat, zur Abtreibung.
Der Milliardär hat eine andere, Jacqueline Kennedy, die Witwe des ermordeten US-Präsidenten. Wie einst die Callas lädt er jetzt Jackie auf seine Jacht Christina ein und verführt sie dort. Kennedy und Onassis heiraten im Herbst 1968, doch die Ehe wird nicht glücklich, er bezeichnet sie als den „größten Fehler meines Lebens“ und bereitet gerade die Scheidung vor, als er im März 1975 im Alter von 69 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung stirbt.
Wieder auf der Bühne
Die Callas hat die Trennung von ihm nie verwunden und sieht sich als seine „Witwe“. Sie überlebt Onassis um zweieinhalb Jahre, in denen sie viel an ihn und ihre unvergleichliche Karriere denkt. Sie hört ihre alten Platten, träumt davon, wieder auf der Bühne zu stehen. Einmal versucht sie es noch, geht mit Giuseppe di Stefano auf Tournee, doch beider Stimmen sind nicht mehr auf der Höhe, die Auftritte werden zum Flop. Maria Callas erkennt die Vergänglichkeit, als sie gegen Ende ihres Lebens sagt: „Das Publikum klatscht nicht für das, was einmal war.“
Sie stirbt einsam am 16. September 1977 mit 53 Jahren in ihrer Pariser Wohnung an einem Herzinfarkt. An gebrochenem Herzen, wie ihre Freunde meinen. Ihre Asche wird in der Ägäis in den Wind gestreut.
„Meisterklasse“ von Terence McNally mit Andrea Eckert im Vindobona, Vorstellungen bis 2. Dezember 2023, dem 100. Geburtstag von Maria Callas.
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