Als ihre Schwester Christiane Hörbiger achtzig wurde, verriet sie mir im Interview für den KURIER, dass sie sich beruflich zurückziehen wollte. Wie ihre Mutter, die große Paula Wessely, die ebenfalls mit achtzig aufhörte, Theater zu spielen. Anders Maresa Hörbiger, die genau in diesem Alter ganz und gar nicht ans Aufhören denkt, sondern im Gegenteil: etwas Neues beginnt.
Wohnsitz nach Venedig verlegt
Voraussetzung für den Neustart war, dass sie vor drei Jahren ihren Hauptwohnsitz von Wien nach Venedig verlegte. Dort mietete Maresa in einem Palazzo nahe des Canal Grande eine Wohnung und einen ebenerdig gelegenen Salon, in dem sie Literaturabende veranstalten will. Eröffnet wird der „Salotto del Leone“ (Salon des Löwen) am 4. April mit einer Lesung aus der Autobiografie der Kunstmäzenin Peggy Guggenheim.
Erster Abend
„In Venedig leben viele Deutsch sprechende Menschen“, erzählt Maresa Hörbiger, „denen möchte ich vor allem deutschsprachige Literatur nahe bringen.“ Die erste Vorstellung im April wird in sehr kleinem Rahmen, nur für geladene Gäste eine Art Generalprobe für spätere Lesungen, an denen dann auch Schauspielkolleginnen und Nachwuchskünstler mitwirken sollen. Vorbild für den vier bis fünf Mal im Jahr geplanten venezianischen Kulturtreff werden die beiden Literatursalons Maresa Hörbigers sein, die sie mit großem Erfolg in der ehemaligen Villa ihrer Eltern in der Grinzinger Himmelstraße und in einem Haus in der Cobenzlgasse veranstaltete.
Dass sie jetzt in Venedig lebt, sei „eine Art Ausstieg, aber keine Flucht“, wie sie sagt. Längst sind die Zeiten vorbei, da sämtliche Mitglieder der Dynastie unter einem Dach lebten. „Wir waren vier Frauen und alle spielten Theater“: Die von weiten Teilen des Publikums vergötterte Paula Wessely und deren drei Töchter. „Natürlich hat Eifersucht eine Rolle gespielt, natürlich waren wir – bei aller schwesterlicher Liebe zueinander – Konkurrentinnen, und meine Mutter hat nicht wenig dazu beigetragen, weil sie jeder von uns zeigen wollte, wer gerade die Nummer eins in der Familie ist. Ganz anders mein Vater, der nach einer Vorstellung zu mir sagte, dass ich die Beste von allen sei. Später sind wir dann draufgekommen, dass er das zu jeder von uns gesagt hat.“
Weniger vom Glück begünstigt?
Dennoch, anfangs waren die Eltern dagegen, dass ihre Töchter zum Theater gingen. „Sie hatten wohl Angst, dass wir uns als weniger begabt, weniger vom Glück begünstigt entpuppen könnten“, meint Maresa Hörbiger rückblickend. Kein Wunder: Wie ihr Vater einst damit leben musste, der Bruder des populären Filmstars Paul Hörbiger und der Mann der Paula Wessely zu sein, so wurden Elisabeth, Christiane und Maresa lange als Töchter der Wessely und als Schwestern der jeweils anderen wahrgenommen.
Inzwischen ist die Dynastie kleiner geworden: Attila Hörbiger starb 1987, Paula Wessely im Jahr 2000, Christiane 2022. Der ältesten Schwester Elisabeth Orth geht es mit ihren bald 89 Jahren gesundheitlich immer noch gut, sie tritt aber nicht mehr auf.
Schwester Christiane fehlt
Maresa Hörbiger vermisst ihre um sieben Jahre ältere Schwester Christiane. „Wir hatten eine sehr gute Beziehung zueinander. Ich habe mit keinem anderen Menschen so viel lachen können wie mit ihr. Der Tod von Gerhard Tötschinger hat sie furchtbar getroffen, sie hat sich danach sehr verändert und den Fehler begangen, sich vollkommen zurückzuziehen und in die Einsamkeit zu begeben.“
Trotz der vielfachen Konkurrenz innerhalb der Familie machte jede der drei Schwestern eine eigenständige Karriere: Christiane in erster Linie als Film- und Fernsehstar, Elisabeth ebenso wie Maresa in den großen Frauenrollen der Weltliteratur, beide vor allem am Burgtheater.
Und die Hörbiger-Dynastie lebt weiter. Elisabeths Sohn Cornelius Obonya zählt zu den gefragtesten Schauspielern Österreichs, Maresas Sohn Manuel Witting gastiert mit großem Erfolg vor allem auf deutschen Bühnen, Christianes Sohn Sascha Bigler arbeitet als Regisseur in den USA, Paul Hörbigers Enkel Christian Tramitz und Mavie Hörbiger sind Fernseh- und Theaterstars. Schauspieler sind schließlich auch Paul Hörbigers Urenkel Paul, Pirmin und Maresa Sedlmeir.
Und Maresa Hörbiger fängt mit achtzig noch einmal von vorne an.
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