Fritz Eckhardt: Erinnerungen an einen Straßenfeger
Es war im Herbst 1992, da empfing er mich in seinem bescheidenen Haus in Klosterneuburg bei Wien. Fritz Eckhardt sprach in seltener Offenheit über seine Arbeit fürs Fernsehen, sein Leben und auch über den Tod: „Ich sitze derzeit jede Nacht an meiner Schreibmaschine und arbeite an einer 14-teiligen TV-Serie“, weiters hatte der damals 85-jährige Publikumsliebling gerade erst seinen letzten „Tatort“ verfasst und die Hauptrolle als Oberinspektor Marek abgedreht. Ob er sich nicht zu viel zumute, fragte ich ihn.
„Wo denken Sie hin, ich habe immer noch Freude an meiner Arbeit.“ Und dann lächelte er: „In Wirklichkeit ist’s keine Arbeit. Ich hab ja nie den Marek oder den Portier vom Sacher gespielt. Sondern immer nur den Eckhardt.“
„Der Eckhardt“ war 1907 in Linz als Sohn eines Schauspieler-Ehepaares zur Welt gekommen. Seine Mutter starb, als er neun war, sein Vater Viktor Eckhardt war Direktor des Wiener Apollotheaters (des heutigen Apollokinos). Fritz Eckhardt trat nach der Schauspielschule in Wiener Kabaretts auf und musste sich in der Nazizeit als „Halbjude“ versteckt halten. Um zu überleben, schrieb er unter dem Namen seines Freundes Franz Paul für eine Wiener Kleinkunstbühne.
„Das ist mein Metier“
Nach dem Krieg an mehreren Theatern beschäftigt, nahm er ab 1957 keine festen Engagements mehr an. „Das war mein Glück“, sagte er, „denn damals begann der Aufstieg des Fernsehens und ich wusste: Das ist mein Metier. Ich habe auch davon profitiert, dass der deutsche Film am Ende war, die großen Schauspieler aber immer noch lebten. So konnten Stars wie Paul Hörbiger, Johannes Heesters, Gustav Knuth und Hilde Krahl in meinen Serien mitspielen.“
In Serien, mit denen er Fernsehgeschichte schrieb: „Hallo, Hotel Sacher … Portier!“, „Wenn der Vater mit dem Sohne“, „Der alte Richter“ und sein „Tatort“, in dem er den Oberinspektor Marek spielte, waren allesamt „Straßenfeger“. So nannte man damals Serien, bei deren Ausstrahlung die Straßen buchstäblich leer gefegt waren, weil alle vor den Bildschirmen saßen. Im Falle Eckhardt bis zu heute unvorstellbaren drei Millionen Menschen in Österreich und 30 Millionen in Deutschland. Neben insgesamt 200 Folgen für diverse Serien schrieb Fritz Eckhardt noch 30 Theaterstücke. Unermüdlich und fast bis zum Schluss. Die Arbeit, erklärte er, hielte ihn jung.
Geld spielt keine Rolle
„Das Geld jedoch“, das er als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller von ARD und ORF erhielt, spielte für ihn keine besondere Rolle. Er hatte nach dem Tod seiner Frau Hilde im Jahr 1987 keinen einzigen Verwandten mehr, sein Nachlass sei geordnet, sagte er. „Leute, die mir nahestehen, die mir geholfen haben, mein Leben zu verschönern“, die würden eines Tages bedacht. Gemeint war ein in seiner Nachbarschaft lebendes, befreundetes Ehepaar, das sich um den alternden Fernsehstar kümmerte.
Doch es kam anders. Fritz Eckhardt ging in den letzten Jahren seines Lebens eine Beziehung mit der um fast 40 Jahre jüngeren deutschen Schauspielerin Irmgard Riessen ein, die er bei Dreharbeiten zu seinen Serien „Meine Mieter sind die besten“ und „Der gute Engel“ getroffen hatte. Riessen besuchte Eckhardt regelmäßig und half ihm, der drohenden Einsamkeit zu entkommen. Der Allroundkünstler hat Frau Riessen schließlich adoptiert und als Universalerbin seines Vermögens eingesetzt.
Vor dreißig Jahren, am 30. Dezember 1995, ist er in seinem letzten Domizil, dem Altenheim der Caritas in Klosterneuburg, 88-jährig einem Krebsleiden erlegen.
georg.markus
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