Die Filmstory ist in wenigen Worten erzählt: Der Friseur gelangt auf der Flucht vor den Nazis an einen See, in dem Hitler (Chaplin nennt ihn Hynkel) gerade mit einem Boot kentert. Hynkel schwimmt ans Ufer und wird verhaftet, weil man ihn für den Friseur hält. Umgekehrt wird der Friseur für Hynkel gehalten, der danach eine Radioansprache halten soll. Doch statt der üblichen Hetztiraden erleben die Hörer eine flammende Rede für Frieden, Menschlichkeit und Demokratie. Höhepunkt des Films ist der Tanz Charlie Chaplins (der den Diktator und den Friseur spielt) mit der Weltkugel. Schließlich umarmt „Der große Diktator“ die Welt so fest, dass sie platzt.
Die Szene Hynkels mit dem Luftballon als Globus stellt einen der Glanzpunkte der Filmgeschichte dar, auch und vor allem weil sie gleichzeitig bitterböse und umwerfend komisch ist. Chaplin glaubte an das Lachen als Waffe, mit der es ihm wie niemandem sonst gelungen ist, Hitler in seiner ganzen Lächerlichkeit bloßzustellen.
Der in den Jahren 1939 und 1940 in Hollywood gedrehte erste Tonfilm Chaplins ist gleichzeitig sein erfolgreichster Film. Im Dritten Reich durfte er natürlich nicht gezeigt werden, auch mit dem immer wieder kehrenden Hinweis, dass der Star „der jüdischen Rasse“ angehören würde – was übrigens nicht stimmte.
„Mein Vater begann Hitler zu studieren“, erinnerte sich Chaplins Sohn Charles jun. „Zu diesem Zweck ließ er sich alle Wochenschauaufnahmen kommen, denen er habhaft werden konnte. Stundenlang betrachtete er diese Filmstreifen. Er sah Hitler, wie er mit Kindern sprach, Patienten in Krankenhäusern besuchte und bei allen möglichen Anlässen Reden hielt. Dad studierte jede Pose des Diktators, übernahm seine Eigenheiten und war von dem Gesamteindruck gefesselt.“
Chaplin selbst stellte fest, dass „Hitlers Gesicht in obszöner Weise komisch war – eine schlechte Imitation von mir, mit dem absurden Schnurrbart, den ungekämmten, strähnigen Haaren und dem widerwärtigen kleinen Mund … Das ist ein Verrückter, dachte ich. Doch als Einstein und Thomas Mann gezwungen wurden, Deutschland zu verlassen, war dieses Gesicht Hitlers nicht mehr komisch, sondern unheimlich.“
Chaplin wollte den „Führer“ als Satire zeigen und die Menschen wachrütteln, um die Schrecken der Diktatur zu dokumentieren. „Dad sah es als seine Mission an“, sagte der Sohn, „seinem Ebenbild, dem wahnsinnigen Hitler, einen Spiegel vorzuhalten und dadurch zu zeigen, wer er wirklich war – ein diabolischer Narr.“
Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels besorgte sich eine Kopie des „Großen Diktators“ und soll, als er ihn sah, Tobsuchtsanfälle bekommen haben, weil der Film „das übelste Machwerk“ sei, das man über den Führer des Deutschen Reichs jemals hervorgebracht hätte. Ob Hitler den Film gesehen hat, ist nicht bekannt.
Das Meisterwerk Charlie Chaplins fand auch in den USA, insbesondere bei der mächtigen „Hearst-Presse“, wortgewaltige Gegner, die den Film verbieten lassen wollten. Vonseiten der Regierung hatte man Chaplin schon während der Dreharbeiten empfohlen, den „Großen Diktator“ nicht fertigzustellen. Erst nach der Kriegserklärung Deutschlands an Amerika am 11. Dezember 1941 endete die Kritik an Chaplin, und er wurde zum Helden, der es immer schon gewusst hatte.
Nach dem Krieg stellte Chaplin in seiner Autobiografie selbst infrage, ob sein Film der richtige Weg gewesen sei, Hitler zu bekämpfen: „Hätte ich etwas von den Schrecken in den deutschen Konzentrationslagern gewusst, ich hätte den ,Großen Diktator’ nicht zustande bringen, hätte mich über den mörderischen Wahnsinn der Nazis nicht lustig machen können.“
In den deutschen Kinos wagte man es erst 1958 den Film zu zeigen, weil man im schlimmsten Fall Kundgebungen für Hitler befürchtete.
DAS THEATERSTÜCK
„Der große Diktator“ von Charlie Chaplin, für die Bühne bearbeitet und Regie: Dominic Oley. Mit Alexander Pschill, Daniela Golpashin, Matthias Franz Stein u. a. Premiere: Donnerstag, 6. Oktober, Kammerspiele der Josefstadt, Wien.
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