Filmstadt Wien: Volkstheater sichert historische Halle 1 am Rosenhügel

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Die Existenz der historischen Halle 1, in der einst Stars von Paula Wessely über Romy Schneider bis Hans Moser und Peter Alexander legendäre Filme drehten, wurde durch den Ankauf des Volkstheaters gesichert.

Der Glanz wird zwar ein wenig verblasst sein, wenn man hier in Zukunft Bühnenbilder adaptiert statt Filme zu drehen, aber immerhin ist die Halle 1 der Rosenhügel-Studios gerettet. Und damit jenes Atelier, in dem viele Klassiker der österreichischen Kinogeschichte entstanden sind. Am Wiener Rosenhügel drehten Romy Schneider, Willi Forst, Paula Wessely, Curd Jürgens, Hans Moser, Peter Alexander u. v. a.

Um den Fortbestand des einst 25.000 m2 großen Areals wird seit Jahrzehnten gerungen. Republik, Stadt Wien, ORF und Filmproduzenten haben mehrmals versucht, die alten Studios wiederzubeleben, doch die Erhaltungskosten waren einfach zu hoch. Also wurden auf dem Gelände eine Wohnhausanlage, ein Kindergarten und ein Supermarkt errichtet. Doch für die denkmalgeschützte Halle 1, in der viele legendäre Filme entstanden, fand man lange keine passende Funktion. Bis dieser Tage bekannt wurde, dass das zuletzt leer stehende Atelier vom Wiener Volkstheater gekauft wurde, womit einem Stück Filmgeschichte zumindest wieder eine künstlerische Aufgabe zukommt. Kaufsumme inklusive Adaptierung: 2,8 Millionen Euro.

Wo einst eine Meierei stand

Die auf dem Grundstück einer ehemaligen Meierei in Wien-Liesing errichteten Rosenhügel-Studios wurden 1923, noch in der Stummfilmzeit, von einer Produktionsfirma namens Vita-Film als Österreichs größtes und modernstes Atelier eröffnet. Doch damit hatte sich die Vita-Film offenbar übernommen, denn sie ist noch im gleichen Jahr pleitegegangen. „Europas erstes Kunstlichtatelier“ – man konnte erstmals mit elektrischen Scheinwerfern unabhängig von Wetter und Tageslicht drehen – stand daraufhin jahrelang leer.

Bis 1933 am Rosenhügel endlich gedreht wurde, wobei der im darauffolgenden Jahr entstandene Tonfilm „Maskerade“ gleich einen künstlerischen Höhepunkt und den Durchbruch für die junge Schauspielerin Paula Wessely darstellte.

„Wiener Kongress“ aufgebaut

Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten wurden die Rosenhügel-Studios mit den Sascha-Ateliers in Sievering zur Wien-Film fusioniert. Während an den Fronten und in Konzentrationslagern Hunderttausende Menschen starben, ließ Willi Forst am Rosenhügel den „Wiener Kongress“ in seiner ganzen Pracht aufbauen, wobei kaum jemand bemerkte, dass man zu den Melodien von Johann Strauss tanzte, obwohl der „Walzerkönig“ erst zehn Jahre nach dem Kongress geboren wurde. „Wir waren froh, in Wien historische Stoffe drehen zu können, während in Berlin Durchhalte- und Propagandafilme entstanden“, sagte Wien-Film-Chef Karl Hartl nach dem Krieg.

Ganz so ruhmreich ist die Geschichte des Rosenhügels allerdings nicht, wurden doch in Wahrheit auch hier üble Tendenzfilme gedreht – allen voran „Heimkehr“, ebenfalls mit Paula Wessely. Daneben aber auch Unterhaltung mit Hans Moser, Heinz Rühmann, Paul Hörbiger, Fred Liewehr und Annie Rosar.

Nach dem Krieg in der Sowjetzone gelegen, blieb der Rosenhügel als Filmstudio erhalten. Franz Antel drehte 1948 „Das singende Haus“ mit Curd Jürgens und erinnerte sich, unter welchen Bedingungen damals gearbeitet wurde: „Wir drehten nur nachts, weil der Rosenhügel tagsüber ohne Strom war. Und die eleganten Vorhänge, die man im Film sah, waren aus Klopapier. Es hat buchstäblich nichts gegeben.“

Dennoch entstanden jetzt Kinoklassiker wie „Der Engel mit der Posaune“ (1948), wieder etliche Moser-Filme und später „Die Fledermaus“ (1962) und „Charleys Tante“ (1963), beide mit Peter Alexander.

Nur die Möbel waren „kaiserlich“

Der international erfolgreichste Film war „Sissi“ mit Romy Schneider. Regisseur Ernst Marischka brachte das Kunststück zuwege, dass die Salons auf der Kinoleinwand exakt denen der Hofburg und Schönbrunns glichen, obwohl die Innenaufnahmen in den Ateliers am Rosenhügel und in Sievering entstanden. Nur die Möbel waren „echt kaiserlich“, sie wurden für die Dreharbeiten dem Fundus des Wiener Möbelmuseums entliehen.

Ein anderer Film- und Fernsehstar verdankte den Rosenhügel-Studios seinen Hinauswurf aus dem Reinhardt-Seminar: Christiane Hörbiger übernahm als 17-jährige Schauspielschülerin die Rolle der Mary Vetsera in dem Film „Kronprinz Rudolfs letzte Liebe“, den sie 1956 mit Rudolf Prack am Rosenhügel drehte. Da es Reinhardt-Seminaristen damals verboten war, während des Studiums in Filmen mitzuwirken, wurde sie aus dem Seminar entlassen. Ihrer Karriere hat dies keinen Abbruch getan.

Selbst Welterfolge wie die „Sissi“-Trilogie konnten die Verdrängung des Kinos durch das Fernsehen nicht aufhalten. Die Hallen am Rosenhügel verfielen und das riesige Areal, auf dem man ganze Städte errichten konnte, schrumpfte zusammen, als Teile des Geländes verkauft wurden.

So war es naheliegend, dass der ORF 1966 den Rosenhügel erwarb und dort Fernsehserien entstanden, allen voran „Ein echter Wiener geht nicht unter“ und „Kaisermühlen Blues“. Doch auch die Tage des ORF und der 1995 gegründeten „Filmstadt Wien“ waren gezählt, als die Dreharbeiten immer mehr auf den Küniglberg und in das neue Media Quarter Marx verlegt wurden.

Geblieben sind dem Rosenhügel die Synchron-Halle 6 (in der heute noch Filmmusik eingespielt wird) und die historische Halle 1. Cay Urbanek, der kaufmännische Direktor des Volkstheaters, hat durch Zufall erfahren, dass sie leersteht und gleich zugeschlagen. In Zukunft werden hier Kulissen und Dekorationen für die Bühne angepasst und bearbeitet.

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