Politisch machtlos, wie sie nun einmal sind, beschreiten gekrönte Häupter allzu oft andere Wege, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Am ehesten gelingt das immer noch, wenn sie oder ihre Thronfolger Skandalöses oder Amouröses zu bieten haben. Diesbezügliche Hauptlieferanten sind nach wie vor die Briten, doch brachte im Jahr 2010 auch Schwedens König Carl Gustaf seine Monarchie ins Wanken, als bekannt wurde, dass er sich im Rotlichtmilieu bewegt haben soll. Allerdings ist die Affäre durch die Heirat der sympathischen Kronprinzessin Victoria mit ihrem bürgerlichen Mann Daniel fast in Vergessenheit geraten.
Der einzige Monarch Europas, dem vor absehbarer Zeit noch eine bedeutende politische Rolle zukam, war Spaniens König Juan Carlos, der sein Land 1975 in die Demokratie führte und sechs Jahre später einen Putschversuch vereiteln konnte. Mit seinem privaten Verhalten machte er seine Verdienste jedoch wieder zunichte: Juan Carlos musste sich mit Schwarzgeld- und Korruptionsvorwürfen herumschlagen und nahm, während Spanien in einer Wirtschaftskrise steckte, in Botswana an einer Elefantenjagd teil. Nicht genug damit, begleitete ihn dorthin die deutsche Prinzessin Corinna zu Sayn-Wittgenstein, die sich als seine langjährige Geliebte entpuppte. Juan Carlos musste 2014 zugunsten seines Sohnes Felipe zurücktreten, womit er die schwer angeschlagene Monarchie wohl gerettet hat. Juan Carlos lebt heute im Exil in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Dort besuchten ihn kürzlich seine Töchter Elena und Cristina und sorgten für die nächsten Negativschlagzeilen, als sie sich in Abu Dhabi vorzeitig gegen Corona impfen ließen. Cristina ist ohnehin von den offiziellen Aktivitäten der Königsfamilie ausgeschlossen, da ihr und ihrem Mann Korruption und Unterschlagung vorgeworfen werden.
Für Empörung sorgte kürzlich der populäre König Willem-Alexander der Niederlande, als er mit seiner Frau Maxima und den Kindern mitten in der Corona-Krise nach Griechenland reiste. Nach einem Aufschrei in den Medien brach die Familie den Urlaub ab und entschuldigte sich.
Auch das kleine, aber reiche Monaco hatte jede Menge Krisen zu bewältigen. Einst durch die strahlende, in Hollywood geschulte Gracia Patricia mit Glamourfaktor gesegnet, plumpste das Fürstentum in der nächsten Generation von einem Skandal in den anderen. Vorerst waren es Gracias und Fürst Rainiers Töchter Caroline und Stephanie, die durch ehe- und außereheliche Eskapaden die Schlagzeilen beherrschten, später brachte es Fürst Albert zuwege, bei seiner Hochzeit mit der Schwimmerin Charlene Wittstock im Juli 2011 ähnlich ernst dreinzuschauen wie beim Begräbnis seines Vaters. Kein Wunder, tauchte doch, während die Trauung live im TV lief, das Gerücht auf, dass die Braut eben noch Monte Carlo verlassen wollte, weil sie erfahren hatte, dass Albert während ihrer Beziehung ein Kind mit einer anderen gezeugt hatte.
So gering die politische Bedeutung der europäischen Monarchien heute auch sein mag, so enorm ist ihr Beitrag in der Geschichte. Praktisch stand einst der gesamte Kontinent unter imperialer Führung. Herrschten die Habsburger noch im 16. Jahrhundert in aller Welt, so begann bald danach der Abstieg der Dynastien. England war das erste Land, das die absolute Autorität des Königs beendete. Mit einem blutigen Schritt: 1649 wurde Charles I. hingerichtet und die Monarchie durch eine Republik ersetzt. Sie hielt zwar nur kurz, doch blieb die wahre Macht auch nach Rückkehr des Throns dem Parlament vorbehalten.
In Frankreich begann die Entmachtung der Krone, als sich das Volk 1789 mit der Revolution gegen Willkür und Dekadenz der Könige zur Wehr setzte. Zwar fand auch Frankreich wieder zur monarchischen Tradition zurück, doch war hier die absolute Herrschaft ebenfalls beendet. Ein Satz wie der des einstigen „Sonnenkönigs“ Ludwig XIV. – „Der Staat bin ich“ – konnte nie wieder fallen.
Die meisten großen Monarchien Europas gingen in den beiden Weltkriegen unter: im Ersten Österreich-Ungarn, Deutschland und das russische Zarenreich, im Zweiten Italien. Nur in Griechenland wurde die Republik erst 1975 ausgerufen – und König Konstantin ins Exil geschickt.
Europas Monarchen – Belgien, Luxemburg und Liechtenstein wären hier noch zu nennen – konnten ihre Throne dort retten, wo sie demokratische Entwicklungen zuließen. Eine wichtige Rolle spielte auch die Einheirat der alten Dynastien in bürgerliche Familien, weil man mit einer Braut oder einem Bräutigam „wie du und ich“ Volksnähe zeigen kann. Bedeutsam auch für den Fortbestand der Monarchien: Wann immer ein royaler Skandal auftaucht, stehen die besten PR-Berater zur Verfügung, um die Gefahr mit modernsten Marketingmethoden aus der Welt zu schaffen.
Die Monarchien werden also weiterhin bestehen bleiben. Wobei die aktuelle Causa um Harry und Meghan auch mit den besten Beratern nicht ganz einfach zu lösen sein wird.
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