Ebenfalls nahe des Friedhofs, in der Himmelstraße, lebte das Ehepaar Attila Hörbiger-Paula Wessely. Als er 1987 mit 91 Jahren starb, sagte sie: „Ich hoffe im Jenseits all den Menschen, die ich geliebt habe, wieder zu begegnen.“ Ihr Begräbnis im Jahr 2000 hatte sie selbst minutiös geplant: Welcher Priester die Einsegnung vornehmen und welche Musik gespielt werden sollte. Und sie hat es sich verbeten, dass ihr Sarg – wie bei Ehrenmitgliedern des Burgtheaters üblich – um das Bühnenhaus getragen wird.
Am ungleich größeren Zentralfriedhof sind mit Figl, Raab und Kreisky gleich drei Bundeskanzler vereint. Josef Klaus wollte es anders. Er lebte in seinen letzten Jahren im Seniorenwohnheim der Wiener Kaufmannschaft nahe des Grinzinger Friedhofs, in dem er 2001, nach seinem Tod mit 90 Jahren, begraben wurde. An seinem Todestag wird von der Volkspartei immer noch jedes Jahr ein Kranz hinterlegt.
Während am Zentralfriedhof ein Ehrengrab an das andere gereiht ist, herrscht in Grinzing keine derartige Rangordnung, dort ruhen die Prominenten über den ganzen Friedhof verteilt und sind somit nicht ganz leicht zu finden. Einer, der alle ihre Gräber kennt, ist der 71-jährige Jurist Franz Luger, der vis-á-vis des Friedhofs wohnt, ihn seit Jahrzehnten regelmäßig besucht und immer wieder Neues und Interessantes herausfindet.
So führt er uns zum schlichten Metallkreuz des 1989 verstorbenen Thomas Bernhard, auf das lange Zeit kein sichtbares Namensschild hinwies, weil das Grab für Friedhofsbesucher versteckt bleiben sollte – wie der Schriftsteller ja auch verfügt hatte, dass seine Stücke nach seinem Tod nicht mehr aufgeführt werden. Beide Wünsche wurden nicht erfüllt: Bernhards Stücke werden bekanntlich gespielt und da zahllose Menschen immer wieder nach seiner Ruhestätte fragten, hat die Friedhofsverwaltung am Fuße seines Grabes doch noch eine Tafel mit seinem Namen angebracht.
Was Beethoven für den Zentralfriedhof, ist Gustav Mahler für Grinzing: der große Anziehungspunkt für Besucher aus aller Welt. Als der Komponist 1911 mit 50 Jahren an einer Herzschwäche verstorben war, entwarf der berühmte Architekt Josef Hoffmann den Grabstein. Mahler ruht an der Seite seiner vierjährig verschiedenen Tochter Anna, und nur wenige Schritte entfernt von der Ruhestätte seiner Frau Alma Mahler-Werfel. Sie starb 1964 in New York und ließ ihre sterblichen Überreste nach Wien überführen.
Die ersten Bestattungen im alten Teil des Grinzinger Friedhofs erfolgten im Pestjahr 1713, der neue Teil entstand 1829. Der Friedhof gilt als eine der schönsten Ruhestätten Wiens und beherbergt rund 5.000 Gräber, davon weit mehr als 100 Prominenten- und ehrenhalber gewidmete Gräber.
Auch die Damen Christl Schönfeldt und Lotte Tobisch ruhen in Grinzing in trauter Nachbarschaft. Dabei konnten sie einander zu Lebzeiten nicht ausstehen. So sagte die Tobisch, die der Schönfeldt 1981 als Opernballorganisatorin gefolgt war, spitz: „Sie hat den Opernball in den 1950er-Jahren glänzend organisiert, aber sie hat nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass die Zeiten nach einem Vierteljahrhundert andere geworden sind.“ Die Damen haben bis zu Schönfeldts Tod im Jahr 2013 kein Wort mehr miteinander gewechselt.
Der Grabstein, in den „Lotte Tobisch von Labotyn“ eingraviert ist, erzählt die diffizile Geschichte ihres Lebens: Sie hatte sich als 22-jährige Schauspielerin in den um 37 Jahre älteren Dramaturgen Erhard Buschbeck verliebt, doch als der Direktor des Burgtheaters wurde, musste sie es verlassen: „Direktor und Schauspielerin an einem Theater, das war damals unmöglich.“ Er starb 1960, womit für sie die große Liebe und die große Schauspielkarriere auf der Strecke geblieben sind. In ihrem Grab am Grinzinger Friedhof haben sie einander wiedergefunden. Nach fast 60 Jahren!
Ebenfalls in Grinzing sind die Architekten August Sicard von Sicardsburg (Staatsoper), Heinrich Ferstel (Votivkirche) und Gustav „Ironimus“ Peichl begraben. Weiters die Journalisten Hans Dichand, Alfons Dalma und Ex-KURIER-Chefredakteur Hubert Feichtlbauer, der Schriftsteller Heimito von Doderer, der Kabarettist Martin Flossmann sowie die Schauspieler Raoul Aslan, Ida Krottendorf, Ernst Meister und Helmuth Lohner, dessen Grabinschrift kaum leserlich ist.
Inmitten all der Prominenz ruht auch derjenige, der jahrzehntelang über sie berichtete: der 2015 verstorbene Kronen-Zeitung-„Adabei“ Roman Schliesser, der zuletzt für die KURIER-freizeit geschrieben hat.
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