Es waren vor allem evangelikale Moralisten und christliche Frauenvereine, die mit der Gründung einer eigenen Prohibition-Partei das absolute Verbot des „Teufelszeugs“ verlangten. US-Präsident Woodrow Wilson legte zwar ein Veto ein, wurde aber vom Kongress überstimmt, sodass am 16. Jänner 1920 der National Prohibition Act als Zusatz zur Verfassung in Kraft trat. In den Monaten davor wurde in Amerika so viel getrunken wie noch nie, weil bis zum Beginn der geplanten Abstinenz Alkohol gekauft und konsumiert werden durfte.
Doch jetzt waren „Herstellung, Verkauf, Transport und Einfuhr berauschender Flüssigkeiten“ untersagt – also nicht nur Hochprozentiges, sondern auch Bier und Wein. Das Gesetz war so streng angelegt, dass man etwa in den Bundesstaaten Kansas und Michigan schon nach dreimaligem Alkoholkonsum zu langjährigen Haftstrafen verurteilt werden konnte. Ausnahmen, Alkohol legal zu erwerben, gab es nur für religiöse und medizinische Zwecke.
Die Mafia war auf den Fall gut vorbereitet und hatte große Lager harter Getränke angelegt, die jetzt verbotenerweise und zu überhöhten Preisen an den Mann – und zuweilen auch an die Frau – gebracht wurden. Es gab aber auch illegale Brauereien und Destillen, die giftigen Fusel erzeugten, durch den in den Jahren 1920 bis 1933 laut Schätzungen 10.000 Menschen gestorben sind.
Die Mafiabosse Lucky Luciano, Meyer Lansky und Al Capone eröffneten geheime, in Kellern oder Hinterhöfen versteckte Trinkstuben, in denen auch Prostitution und Glücksspiel blühten. Und sie verdienten auf diese Weise Millionen. Nicht wenige Polizisten und eigens ausgebildete „Prohibitionsagenten“ kassierten Bestechungsgelder und verrieten dafür geplante Razzien, sodass Gäste und Alkoholika rechtzeitig aus verbotenen Lokalen verschwinden konnten. Frühere Bars und Restaurants wichen getarnten „Flüsterkneipen“ (blind pigs), von denen es allein in New York mehr als 30.000 gab, die die hochprozentige Ware mithilfe von Schmugglerbanden meist aus Mexiko, Kuba und Kanada bezogen. Oder sie wurden in illegalen Schwarzbrennereien in den USA hergestellt. Wer Pech hatte, konnte in einzelnen Bundesstaaten, wenn er eine Flasche Whisky bei sich hatte, ins Gefängnis gehen.
Leichter als die „kleinen Leute“ hatten es die Angehörigen der High Society, die ihren Durst auf diskreten Partys oder in verschwiegenen Szenelokalen mit illegal eingeführtem Champagner löschten.
Noch ein berühmter Name taucht unter den Profiteuren der Prohibition auf: Joseph Kennedy, der Vater des späteren US-Präsidenten, baute sein Vermögen durch Alkoholschmuggel auf und legte damit die Grundlage für den immensen Reichtum des Kennedy-Clans. Der Patriarch hatte für diesen Zweck in Kanada – wo die Alkoholerzeugung legal war – eine Firma zur Herstellung alkoholischer Getränke gegründet, die er illegal in die USA exportierte.
Außerdem führte Joseph Kennedy Whisky aus England für angeblich „medizinische Zwecke“ ein und holte sich dafür mit seinen guten Kontakten in der Administration des damaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt eine Sondergenehmigung.
Je länger das Alkoholverbot andauerte, desto größer wurde der Widerstand in der Bevölkerung – auch unter harmlosen Bürgern, die hin und wieder ein Glas Wein oder Bier trinken wollten. Vor allem in den Großstädten sah man die Prohibition als Schikane an, die eher Kriminalität und Korruption förderte als stille Zecher abstinent leben ließ. Allein in Chikago verdoppelte sich die Mordrate während der Prohibitionszeit.
Und auch die hohe Politik war plötzlich für das Ende der Prohibition, da sie erkannte, dass durch das Verbot alkoholischer Getränke beträchtliche Steuereinnahmen verloren gingen. Dies war besonders in den Jahren der großen Depression und der Weltwirtschaftskrise spürbar.
Also beendete der Kongress am 5. Dezember 1933 nach knapp 14 Jahren die „trockenen Jahre“. Joseph Kennedy profitierte auch davon und machte mit dem Auslaufen der Prohibition wieder ein Vermögen, da nach der Legalisierung besonders große Mengen an Alkohol verlangt wurden, wofür er über genügend Vorräte verfügte.
Es gibt in den Südstaaten der USA heute noch vereinzelte „dry counties“, das sind Städte und Landkreise, in denen der Verkauf von Alkohol verboten ist. Zuwiderhandeln kann dort nach wie vor belangt werden.
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