Fan-Zonen: Zwölfter Mann unter Beobachtung

Enormer Sicherheitsaufwand bei dem Fußball-Spektakel in Wien, heikle Situation auch in Graz.

Der IS-Terror, aber auch Anschläge durch rechtsradikale Randgruppen sowie Randale durch aggressive Hooligans beschäftigen dieser Tage die Behörden. Betroffen davon ist nicht nur Frankreich sondern ganz Europa. Denn in zwei Tagen wird das EM-Fußball-Spektakel in Paris angepfiffen. Der zwölfte Mann steht quasi unter Beobachtung, pilgern doch europaweit Millionen von fußballbegeisterten Anhängern in die Public-Viewing-Zonen.

Und diese Menschenansammlungen gelten als Terrorziele. Vor dem Wiener Rathaus finden etwa 13.400 Besucher in der Fanzone Platz. Die Sicherheitsvorkehrungen sind rigoros. Das Gelände wird komplett eingezäunt, drei Eingänge kanalisieren die Menschen auf das Areal. Lückenlose Videoüberwachung ist selbstverständlich.

"Die Kontrollen an den Checkpoints werden von Securitys der Stadt Wien durchgeführt. Jede Person, jedes Gepäckstück, jeder Rucksack muss einzeln durchsucht werden", bestätigt Polizeisprecher Roman Hahslinger.

Vor jedem Spiel erstellen die Spezialisten eine individuelle Lage-Situation. Dafür wurde am Wiener Rathausplatz eine Sicherheitszentrale aus Containern errichtet. Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl kündigte an, bei Spielen bestimmter Nationen verstärkt Beamte einzusetzen. Denn in Wien leben viele Türken, Serben, Albaner, Polen, Rumänen oder Ungarn. Es besteht die Gefahr von Vandalenakten sowie von Übergriffen zwischen rivalisierenden Fan-Gruppen. Im Schnitt beschützen pro Tag 100 Beamte (inklusive ziviler Kräfte und Diensthunde) die Besucher. Weitere EURO-Partys gibt es in Wien auf der Hohen Warte, in der Strandbar Herrmann, im alten AKH, am Hauptbahnhof, dem WUK sowie auf der Lokalmeile am Donaukanal.

Regenschirm verboten

Auch in den Bundesländern bekommen die Anhänger jede Menge Fanzonen geboten. Wobei zum Beispiel Graz mit einer heiklen Sicherheitsproblematik konfrontiert ist: "Man darf nicht vergessen, wir haben in Graz die meisten Dschihadisten-Prozesse bisher gehabt", überlegt Stadtpolizeikommandant Kurt Kemeter. Von fünf Grazer IS-Verfahren ist zudem das brisanteste gegen Prediger Ebu Tejma noch am Laufen.

Nicht zuletzt wegen dieser Prozesse gelten auch in Graz verschärfte Sicherheitsmaßnahmen rund um die beiden Public-Viewing-Zonen. Die größere der beiden am Karmeliterplatz am Fuß des Schlossbergs fasst 4000 Besucher. Auch für sie gilt: Ohne Personen- und Taschenkontrolle kein Einlass.

"Man muss sich das vorstellen wie bei einem Match im Stadion", vergleicht Polizeichef Kemeter. "Im Sinne der Sicherheit aller ist das eine vernünftige Maßnahme. Man muss sagen, die Sicherheitslage ist nach Frankreich und Belgien heute leider eine andere."

Schusswaffen, Sprengmittel oder Messer sind sowieso verboten, auch Regenschirme oder Glasflaschen werden abgenommen. Die Kontrolle machen private Sicherheitsleute, die von den Veranstaltern organisiert wurden. Polizisten seien aber stets in der Nähe, sagt Kemeter: Je nach Match werden mindestens zehn bis zwanzig Beamte abgestellt.

Die Verhaftung des Franzosen Gregoire M. an der ukrainisch-polnischen Grenze zeigt die Sicherheitsproblematik rund um das EM-Turnier schonungslos auf. Denn der 25-jährige Rechtsradikale hatte ein Waffenarsenal in seinem Auto (der KURIER berichtete). Damit soll der Terrorverdächtige 15 Anschläge in Frankreich geplant haben.

Womit auch Fans die mit dem Auto oder der Bahn nach Frankreich reisen, verstärkt ins Visier der Behörden geraten. Günther Marek, Chef der im Dezember des Vorjahres gegründeten EM-Task-Force steht mit allen bei der Europameisterschaft involvierten Sicherheitsbehörden in engstem Kontakt: "In diesem Fall gilt Österreich in erster Linie als Transitland. Wir haben Infos über alle heiklen Spiele und über gewaltbereite Fangruppen. Natürlich kennen auch die nationalen Fußball-Verbände ihre Problemgruppen. Sind Verdächtige auf Bahn und/oder Bus auf dem Weg nach und durch Österreich, sind wir informiert."

Dass sich etwa IS-Terroristen unter Fußballfans mischen könnten, hält Martin Weiss, Abteilungsleiter im Verfassungsschutz des Innenministeriums, für eher unwahrscheinlich: "In diesen Gruppen würden Terroristen auffallen. Auch den Behörden. Denn an der Schengen-Grenze werden Pässe kontrolliert. Und der nachrichtendienstliche Informationsaustausch, Datenbanken plus Netzwerke sind auf dem aktuellsten Stand. Terrorverdächtige Personen oder sogenannte Gefährder würden nicht durchkommen."

Update der Terrorliste

Das war am 9. September des Vorjahres noch anders: Denn damals wurde in Oberösterreich der spätere Terrorpate von Paris, Salah Abdeslam, bei einer Verkehrskontrolle angehalten. Er behauptete, nur auf der Durchreise zu sein und konnte mit seinen beiden aus Deutschland stammenden Komplizen weiterfahren. Der Top-Terrorist war zu diesem Zeitpunkt in den Datenbanken als Kleinkrimineller geführt. Laut Verfassungsschützer Weiss sind jetzt alle internationalen registrierten "Gefährder" als Terrorverdächtige eingestuft.

Abseits der Anschlags- und Hooligan-Gefahr werden Österreichs Schlachtenbummler in Frankreich von sechs Beamten begleitet. Sie sollen den französischen Behörden aber nur assistieren. Weiters sind zwei Verbindungsbeamte (mit Französisch- Kenntnissen) sowie zwei Cobra-Spezialisten in Paris.

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