Zum 100. Jubiläum wird die burgenländische Passion weiblicher

Passionsspiele St. Margarethen
Die Figur der Maria Magdalena rückt bei den Passionsspielen 2026 in den Fokus der Erzählung.

Die Leidensgeschichte Jesu bleibt ein Publikumsmagnet. Alle fünf Jahre locken die Passionsspiele St. Margarethen Zehntausende Zuschauer in den Römersteinbruch.
Der religiöse Rahmen der  Handlung mag unverändert bleiben – der Reiz  liegt in den Details der Inszenierungen, von denen keine der anderen gleicht.  

Und 2026 wird in dieser Hinsicht keine Ausnahme bilden – ganz im Gegenteil.
Denn die burgenländischen Passionsspiele werden im kommenden Jahr in vielerlei Hinsicht einzigartig. Zum einen sind die letzten Spiele diesmal nicht fünf, sondern erst vier Jahre her. Das liegt daran, dass die für 2021 geplanten Vorstellungen coronabedingt auf 2022 verschoben worden waren. 

Zum anderen markieren die Passionsspiele 2026 das 100-jährige Jubiläum der traditionsreichen Veranstaltung. Und dieses will das Team, bestehend aus 400 ehrenamtlichen Mitwirkenden, würdig begehen.

So kommt es, dass Jesus heuer nicht der alleinige Star der Passionsspiele sein wird. Der Spielleiter und Pfarrer Richard Geier stellt 2026 eine weibliche Figur in den Mittelpunkt der Handlung: Maria Magdalena, auch bekannt unter ihrem hebräischen Namen Mirjam.

Perspektivenwechsel

Die Passion im Steinbruch wird  aus weiblicher Perspektive erzählt, wie Pfarrer Geier ausführt: „Das ist eine Sicht, die in der männerdominierten Kirche bisher vernachlässigt wurde. Da musste erst ein argentinischer Papst kommen, um Maria Magdalena als Apostelin anzuerkennen. Höchste Zeit also, dass auch die Passionsspiele in St. Margarethen weiblicher werden und den Frauenfiguren durch starke Darstellerinnen mehr Präsenz eingeräumt wird.“

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Komponist Mag. Albin Rudisch, PhD, Jesus-Darsteller Rupert Kugler, Regisseur Prof. Manfred Waba, Spielleiter und Autor Pfarrer Dr. Richard Geier, Mirjam-Darstellerin Iris Klemenschitz, Jesus-Darsteller Andreas Schalling und Mirjam-Darstellerin Renée Gallo-Daniel.

Am vergangenen Samstag wurden die Passionsspiele 2026 mit der traditionellen Auftaktveranstaltung und der Vorstellung der Spieler eingeläutet. In die Jesus-Rolle schlüpfen, wie auch schon 2022, Andreas Schalling und Rupert Kugler. Die Titelfigur der Jubiläumsproduktion – das Stück heißt „Mirjam – Stark wie der Tod ist die Liebe“ – verkörpern die Schauspielerinnen Renée Gallo-Daniel und Iris Klemenschitz

„Es ist etwas Besonderes, dass wir uns als erste Frauen nun in die Riege der Erzähler einreihen dürfen, um diese Geschichte weiterzugeben“, sagt Iris Klemenschitz. 

Der neue Passionstext setzt die Handlung 20 Jahre nach der Kreuzigung Jesu an. Mirjam blickt auf das Wirken des Gottessohns zurück und erinnert sich mit anderen Figuren aus dem Johannesevangelium an die Ereignisse in Jerusalem und Bethanien. „Auf dieser zweiten Handlungsebene wird eine mögliche Entstehungsgeschichte des Johannesevangeliums und damit die Geschichte der Verschriftlichung der Ereignisse in der frühchristlichen Zeit erzählt“, erklärt Spielleiter Geier seinen unkonventionellen Zugang zur Passionsgeschichte.

Die ungewohnte Erzählweise stellt auch den Regisseur vor neue Herausforderungen. Doch mit dem bekannten Podersdorfer Bühnenbildner Manfred Waba konnte ein Vollprofi für diese Funktion gewonnen werden: „Die Aufgabe bei der Inszenierung wird sein, dass das Stück zwischen Rahmenhandlung und Rückblenden nie steht, sondern immer weiterfließt und somit die Spannung erhalten bleibt; dass der Zuseher immer tiefer emotional bewegt wird – mit einer bildgewaltigen, ergreifenden Darstellung, zu der auch das neue Bühnenbild beitragen wird“, kündigt Waba an. 

Ikonische Szenen wie das letzte Abendmahl und die Kreuzigung sollen in dieser Inszenierung auf der Ruffinibühne möglichst nah am Publikum stattfinden.

Filmreifer Soundtrack

Auch aus musikalischer Sicht  dürften die Passionsspiele 2026 keine Wünsche offen lassen: Komponist Albin Rudisch gibt sein Debüt im Steinbruch und untermalt die spirituelle Handlung mit hollywoodreifen Orchesterstücken. „Am Anfang standen vier Töne, die in allen Stücken immer wiederkehren und uns in die Geschichte von Mirjam und damit in die Geschichte Jesu hineinziehen“,   macht Rudisch auf seine Kompositionen neugierig. 

Anfänge am Bauernhof

Die Neuinszenierung wird ein würdiges Geburtstagsgeschenk zum 100er der Passionsspiele werden, soviel dürfte feststehen. Im Jahr 1926 hat Pfarrer Josef Kaindlbauer auf dem Bauernhof der Familie Unger das erste Passionsspiel aufgeführt. Seit 1961 ist der Steinbruch die Spielstätte, was die Veranstaltung über die Landesgrenzen hinaus berühmt machte.

Von 23. Mai bis 12. Juli 2026 wird an allen Samstagen, Sonntagen und Feiertagen „Mirjam – Stark wie der Tod ist die Liebe“ gespielt.
Mehr Informationen und Tickets unter: passio.at 

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