"Wenn es den Biber nicht gäbe, müsste man ihn erfinden"

Kärnten erlaubt mehr "Entnahmen" von Bibern (Symbolbild)
Alles eine Frage des Image. Das gilt sogar in der Natur, auch wenn dort die sozialen Medien noch keinen Einfluss haben. Seine putzige Art hilft dem Biber nämlich, seine Akzeptanz in der Bevölkerung zu steigen. Freilich ist kein Grundstücksbesitzer oder Landwirt darüber erfreut, wenn seine Felder aufgrund von Dammbauten überflutet oder Maiskolben vor der Ernte angeknabbert werden.
Unterm Strich sorgen Biber aber für ein intaktes Ökosystem, das ein breit gefächertes Spektrum an Arten anlockt und den perfekten Lebensraum bietet.
➤ Mehr dazu: Wie dem „stillen Baumeister“ das Comeback gelang
Der Biber ist aber nicht nur ein stiller Baumeister für die Natur, sondern hilft auch dem Menschen.
Damit Biber ihr Potenzial ungestört entfalten können, braucht es geeignete Feuchtflächen. Nur gehören diese heute zu den gefährdetsten Lebensräumen.
Arbeiten für die Natur...
Der Naturschutzbund ist eine der Organisationen, die sich darum kümmern. Österreichweit konnten bereits über 1.650 Hektar für verschiedene Lebensräume wie Trockenrasen, Auwälder und Moore gesichert werden. Mehr Infos dazu und wie Sie sich beteiligen können, finden Sie auf naturfreikauf.at.
Der am Ufer sitzende Biber mit rund um ihn verstreuten Fischgräten ist ein Mythos. Denn entgegen der oft gehörten Meinung ernähren sich Biber ausschließlich vegetarisch. Vielleicht hält sich das Wissen über das Nagetier auch deshalb in Grenzen, weil es für viele als nicht heimisch gilt.
- Tatsächlich ist der Biber so etwas wie ein europäischer Ureinwohner, der Jahrtausende lang eine entscheidende Rolle für die Ökosysteme entlang der Gewässer gespielt hat.
- Der Biber war auch einmal sehr begehrt – als Fleisch- und Felllieferant, aber vor allem wegen des sogenannten Bibergeils (Castoreum), ein moschusähnliches Duftsekret, das als „Aspirin“ des Mittelalters galt.
- Die Folge: Rund um 1850 war der Biber in Europa fast vollständig ausgerottet.
- Eigentlich markieren die Tiere mit diesem Duftsekret ihr Revier entlang der Ufer. Innerhalb dieses ein bis maximal sieben Kilometer langen Bereichs dulden sie keine Eindringliche.
- Beim Wohnen mögen es die Biber übrigens trocken. Nur der Ein- beziehungsweise Ausgangsbereich zur meist am Ufer situierten Wohnhöhle muss nass sein. Seichtere Bäche werden deshalb meist bis zu einer Wasserhöhe von 80 bis 100 Zentimeter aufgestaut.
- Nachwuchs gibt es nur einmal im Jahr. Die zwei bis drei Nachkömmlinge bleiben dann zwei weitere Jahre bei ihren Eltern, um zu lernen. Dann ziehen sie los, um eigene Dämme zu bauen.
Das Burgenland hat sich in den vergangenen Jahren als besonders fleißig erwiesen. Den unter Schutz stehenden Bibern stehen derzeit vier eigens geschaffene Reviere zur Verfügung, zwei weitere sollen in den kommenden Monaten hinzukommen.
➤ Mehr dazu hier: EU-Parlament stimmt für Gesetz zu Renaturierung

Biberschutzprojekt in Neuhaus in der Wart im Bezirk Oberwart.
"So schaffen wir verschiedene kleinere Schutzgebiete und damit auch Lebensräume für andere Bewohner von Feuchtgebieten", erzählt Klaus Michalek, Geschäftsführer des burgenländischen Naturschutzbundes und im Land (gemeinsam mit Clemens Trixner; Anm.) verantwortlich für das Biber-Management, das 2015 ins Leben gerufen wurde.
... und bald auch für die EU?
"Wenn es den Biber nicht gebe, müsste man ihn eigentlich erfinden." Das sagt der grüne Landtagsabgeordnete Wolfgang Spitzmüller, der unlängst auch in seiner Funktion als Naturschutzorgan gemeinsam mit Parteikollegin Astrid Rössler, ehemalige Landesrätin in Salzburg, den Biberdamm in Neuhaus in der Wart (Bezirk Oberwart) besuchte.

Astrid Rössler und Wolfgang Spitzmüller in Neuhaus in der Wart.
Denn die positiven Folgen der Biber´schen Bauwut beschränken sich nicht nur auf die Natur. Bei Starkregen fungieren die Flächen als Pufferzone, die das Wasser zurückhalten beziehungsweise dann später wieder ins Grundwasser abgeben. „Dabei entstehen in Trockenzeiten Rückzugsbereiche und natürliche Retentionsräume im Sinne des passiven Hochwasserschutzes“, bestätigt Michalek.
Mit dem jüngst vom EU-Parlament beschlossenen Renaturierungsgesetz dürfte die Bedeutung des Bibers sogar noch steigen. Das schreibt nämlich vor, dass geschädigte Ökosysteme bis zum Jahr 2030 zu einem gewissen Prozentsatz „ökologisch wiederhergestellt“ werden müssen.
Hört sich nach einer Aufgabe für den "Baumeister der zukünftigen Naturräume", wie Spitzmüller das niedliche Tier nennt. Sollten Sie übrigens einmal eines zu Gesicht bekommen, freuen Sie sich. Biber sind extrem scheu.
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