Südburgenländischer Brauch: "Eierkratzen" für den guten Zweck

„Das Kulturgut ist vom Aussterben bedroht. Nur noch wenige Damen beherrschen die Technik und wenn man wirklich aktive Eierkratzerinnen sucht, ist die Auswahl sehr klein.“
Diese Sätze waren schuld an einem legendären Lachkrampf, der einen südburgenländischen Osterbrauch weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht hat. Mehr als zwei Millionen Mal wurden Videos von dem Beitrag auf YouTube geklickt, in dem sich die Journalistin Nadja Ebinger an einer Anmoderation über das Eierkratzen in Stinatz abmüht. Der Text sei „das Schlimmste, was ich jemals lesen hab müssen“, beklagt Ebinger in dem Video, den Tränen nahe.
Gar nicht zum Lachen sind hingegen die Schicksale zweier Familien aus dem Burgenland. Damit auch sie zu Ostern wieder Grund zur Freude haben, kommt das Eierkratzen ins Spiel. Seit 2021 verkauft die „Resl-Tant“ verzierte Ostereier für den guten Zweck, so auch heuer wieder.
Die Kunstfigur der Resl-Tant, der "Ur-Burgenländerin schlechthin", wurde von Paul Mühlbauer anlässlich des Jubiläums 100 Jahre Burgenland erschaffen. Heute steht hinter ihr ein wohltätiges Triumvirat: Die Firma Schlögl-Ei aus Stoob stellt die Rohstoffe zur Verfügung, Thomas Engelmeyer bearbeitet sie, Horst Horvath vom Verlag „edition lex liszt 12“ kümmert sich um den Vertrieb.
Laser hilft beim Kratzen
Da es mit traditioneller Handarbeit zu lange dauern würde, die benötigte Mengen von Ostereiern zu verzieren, bedient sich die Resl-Tant heute moderner Technik. Mittels Laser, den Engelmeyer zur Verfügung stellt, wird das Resl-Tant-Logo in Sekundenschnelle in die Eier geritzt.
Das Eierkratzen ist ein slawischer Osterbrauch, bei dem mithilfe von Kratz- oder Ritztechnik Ostereier verziert werden. Praktiziert wird es heute noch in Zentralkroatien, Polen, Böhmen, Siebenbürgen - und auch in der burgenlandkroatischen Gemeinde Stinatz im Südburgenland: Mit geschliffenen Stahlmessern werden feine Muster in die Farbe von Ostereiern gekratzt. Doch der Brauch ist vom Aussterben bedroht: Nur noch fünf Familien in Stinatz stellen die von Hand gekratzten Eier her und verkaufen sie vor Ostern.
Workshops als Zukunftshoffnung
Die Stinatzerin Wilma Zieserl bietet schon seit Jahren Workshops an, um das Wissen um das Eierkratzen weiterzugeben. Heuer gab es am 22. März wieder einen Kurs im Haydn Haus Eisenstadt - der wieder restlos ausgebucht war.
Da es sich nicht um die traditionelle Methode handelt, ist es dem Kollektiv wichtig, das „Eierkratzen“ unter Anführungszeichen zu setzen.
Rund 4.000 Eier will die Resl-Tant vor Ostern unter die Leute bringen, um den zwei Familien zu helfen.
Die Hälfte der Erlöse soll an Familie S. aus Parndorf gehen, deren Leid im vergangenen Jänner begann: Die 42-jährige Mutter von vier Kindern im Alter von drei bis zwölf Jahren wurde mit starken Kopfschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert. Die schockierende Diagnose: Gehirntumor, an dem sie Mitte Februar starb. Damit nahm das Unglück aber noch kein Ende: Im Keller des Einfamilienhauses brach ein Feuer aus, die älteste Tochter erlitt eine Rauchgasvergiftung. Der achtjährige Sohn hat besondere Bedürfnisse und wurde vor allem von der Mutter gepflegt. Jetzt steht der Vater vor der großen Herausforderung, alles allein bewältigen zu müssen.
Ausbildung für Therapiehund
Die andere Hälfte der Spendengelder sollen helfen, die Ausbildung von Therapiehund "Thranduil" zu finanzieren, die rund 12.000 Euro kostet. Er soll in Zukunft der 27-jährigen Tochter der Familie F. aus dem Südburgenland helfen, ihren Alltag zu meistern. Bei ihr wurde bereits im Alter von sieben Jahren Krebs diagnostiziert. Im Laufe ihres Lebens folgten weitere schlimme Diagnose: Unter anderem eine Autismus-Spektrum-Störung, eine posttraumatische Belastungsstörung und schwere Depressionen.
Ein Ei von der Resl-Tant kostet nur einen Euro. Horst Horvath betont: "Die Erlöse gehen eins zu eins, ohne Abzüge, an die Familien". Landesweit gibt es drei Verkaufsstellen: Im Landhausstüberl ins Eisenstadt (Johann Permayer-Straße 14) sowie in Oberwart in der "Bar Centrale Grocceria" (Hauptplatz 7) und immer samstags beim Bauern- und Genussmarkt im Stadtpark. Größere Bestellungen können auch beim "edition lex liszt 12"-Verlag aufgegeben werden: info@lexliszt12.at
Spendenkonto
Wer helfen möchte, ohne Eier zu kaufen, kann das auch mit einer Überweisung an das Spendenkonto tun:
IBAN: AT50 3312 5000 0200 5726
lautend auf: Andreas Lehner / Stichwort: Resl hilft – Familie Sorger
Kommentare