Stolze Storchenstadt als kleinster Verwaltungsbezirk Österreichs

Rust ist als Statutarstadt ein eigener Verwaltungsbezirk – der kleinste in Österreich.
Das große Klappern über den Dächern von Rust hat begonnen. Nach und nach treffen in diesen Tagen die Störche aus ihren Winterquartieren wieder in der Kleinstadt am Neusiedler See ein. Längst sind sie hier zu einer Mischung aus Maskottchen und Wahrzeichen geworden.
Für die Rusterinnen und Ruster gleicht das Schnäbelklappern der Weißstörche im Frühling einem Weckruf: Der historische Ortskern putzt sich wieder für die Sommersaison heraus.
Auch heuer wird wieder viel Geld in die Hand genommen, um einige Fassaden der Bürgerhäuser zu renovieren, die zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert erbaut wurden und allesamt noch heute genutzt und bewohnt werden.
Das gilt auch für das Rathaus im Herzen der Altstadt. Das Storchenpaar, das seine Sommerresidenz auf dem Dach bereits bezogen hat, überwacht die Arbeiten an der Fassade des altehrwürdigen Amtsgebäudes. Drinnen sitzt seit 2012 Gerold Stagl von der SPÖ auf dem Bürgermeistersessel.

"Uns macht das stolz, Freistadt zu sein. Ich sehe das nur als Vorteil", sagt Bürgermeister Gerold Stagl (SPÖ).
Mit rund 2.000 Hauptwohnsitzen leben in Rust weniger Menschen als beispielsweise im Wiener Gemeindebau Rabenhof. Stagls Aufgaben sind aber eine Spur komplexer als die von Ortschefs vergleichbar großer Gemeinden. Denn Rust ist als Statutarstadt ein eigener Verwaltungsbezirk – der kleinste in Österreich.
Das Rathaus erfüllt daher auch die Funktionen einer Bezirkshauptmannschaft; eine Annehmlichkeit, die die Ruster zu schätzen wissen. Überhaupt werden große Stücke auf den Status als Freistadt gelegt. "Uns macht das stolz, Freistadt zu sein. Ich sehe das nur als Vorteil", sagt Gerold Stagl.
Historisches
Erstmals 1317 urkundlich erwähnt, wurde Rust 1681 zur „Königlich Ungarischen Freistadt“ erhoben.
Ruster Ausbruch
Der edelsüße Weißwein aus den Sorten Furmint und Gelber Muskateller hat eine Jahrhunderte alte Tradition.
1.984 Menschen
leben in Rust: 1.043 weiblich, 941 männlich (Stand: 1. Jänner 2024). Verglichen mit den anderen burgenländischen Bezirken hat Rust den höchsten Anteil älterer Menschen über 65 Jahre (27,7 Prozent). Der Ausländeranteil (8,1 Prozent) ist nur in Jennersdorf (7,9 Prozent) noch niedriger.
Der einzige Nachteil: Ein größerer Personalbedarf. Die Stadtgemeinde Rust beschäftigt in Summe 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wein und Olivenöl
Stolz kann Rust auch auf seine vielen Spitzenwinzer sein: 25 Weinbaubetriebe produzieren unter anderem den legendären "Ruster Ausbruch", dessen Geschichte am Westufer des Neusiedler Sees bis ins 15. Jahrhundert nachweisbar ist.

Maskottchen und Dauergast: 2024 nisteten 29 Storchenpaare auf den Dächern der Stadt.
Die enge Beziehung zwischen Rust und Meister Adebar soll um das Jahr 1910 begonnen haben. Die Population nahm rasch zu: Anfang der 1960er-Jahre brüteten bis zu 40 Storchenpaare am Westufer des Neusiedler Sees. Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft gingen die Nahrungsflächen für den Storch verloren, die Zahl der Brutpaare sank dramatisch.
Anfang der 1980er-Jahre will der neugegründete "Verein zum Schutz des Weißstorchs" für eine Trendumkehr sorgen. Mit Erfolg: Neue Futterplätze werden geschaffen, die Horste mit Hingabe gepflegt. In einer Storchenpflegestation werden verletzte und schwache Tiere aufgenommen.
Heute betreut der Storchenverein Rust rund zwölf Hektar Wiesen, die den Störchen als Nahrungsquelle dienen. Durch die Beweidung mit einer Rinderherde wird das Gras kurz gehalten und das Vordringen des Schilfes in die Feuchtwiesen verhindert. Zusätzlich lockern die Rinder den Boden des Schilfgürtels auf, dabei entstehen Wasserflächen.
Das freut nicht nur die Störche: Die Pflegemaßnahmen kommen auch den anderen, rund 85 Vogelarten zugute, die sich am Seeufer tummeln. In Rust gibt es heute auch den größten Graugans-Bestand am Westufer des Steppensees.
2024 war für den Storchenverein Rust ein Rekordjahr: 29 Horstpaare und 86 Storchenküken wurden gezählt.
Die Ruster Landwirte beweisen außerdem, dass der Klimawandel im Nordburgenland nicht nur negative Auswirkungen hat: 2024 wurden die ersten 17 Liter burgenländisches Olivenöl gepresst. Inzwischen gedeiht in Rust und im benachbarten Mörbisch ein prächtiger Olivenhain mit mehr als 1.000 Bäumen.
Das Olivenöl führt uns direkt zur Gastronomie: Mit rund 40 Hotellerie- und Gastrobetrieben braucht Rust in kulinarischer und touristischer Hinsicht den Vergleich mit größeren Gemeinden nicht zu scheuen.
Das neueste Restaurant-Highlight befindet sich in der Ruster Bucht: "Niki am Hafen" wird in den nächsten Tagen mit einem Soft Opening dem ehemaligen "Katamaran" neues Leben einhauchen.

Einzigartiger Wein: Nicholas Ofczarek machte 2022 Werbung für den Ruster Ausbruch.
Das angrenzende Seebad wird mittelfristig gemeinsam mit dem Miteigentümer Esterhazy komplett erneuert. Der "Masterplan Seebad Rust" soll in den nächsten drei Jahren umgesetzt werden, stellt Stadtchef Stagl in Aussicht.
Tourismus-Hotspot
Mit rund 160.000 Nächtigungen lag Rust im Jahr 2024 an fünfter Stelle der meistbesuchten Orte im Burgenland. Das Publikum ist bunt gemischt: "Familien mit Kindern, Radfahrer, Wassersportler, Menschen, die Kultur, Kulinarik und die Vielfalt des Weins zu schätzen wissen – da kann man schön ein Wochenende in Rust verbringen", schwärmt der Bürgermeister.
Wo man aus touristischer Sicht noch ansetzen kann: Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Urlauber liegt derzeit bei 2,5 Tagen. "Wie kann man es den Menschen schmackhaft machen, länger zu bleiben? Daran arbeiten wir im Moment", sagt Stagl.
Vielleicht sollte man die Störche fragen. Die fühlen sich nämlich von März bis August in Rust sichtlich wohl.
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