Stier Iwan schüchtert "Lockvögel" ein
Es ist noch dunkel. Doch das Vogelgezwitscher lässt auf den herannahenden Morgen schließen, als in der Finsternis die Silhouette eines Stiers auftaucht. Er nähert sich einem Gehege, nimmt es in Augenschein. Es ist Iwan, jener Bulle aus dem Burgenland, der im Oktober des Vorjahres beim Ausladen vor einer Maststation ausgebüxt ist und seither ein Leben in Freiheit in Wäldern außerhalb von Eisenstadt genießt. Hans Wintersteller von Gut Aiderbichl hat diese Bilder mit seiner Videokamera festgehalten. Er ist gemeinsam mit einem Team des bekannten Salzburger Gnadenhofes ins Burgenland gereist, um Iwan einzufangen. Doch das gestaltet sich schwierig. So wurden alle Hoffnungen, Iwan in der Nacht auf Donnerstag zu erwischen, zerschlagen: Er kam einfach nicht.
Mystisch
"Das Ganze ist so unglaublich mystisch, wenn dieser melangefarbene Charolais-Stier im Wald in Erscheinung tritt. Er ist mittlerweile riesengroß", schwärmt der Hausherr von Gut Aiderbichl, Michael Aufhauser. Der Deutsche hatte gehofft, am Vatertag (in Deutschland wird dieser stets an Christi Himmelfahrt gefeiert, Anm.) verkünden zu können, dass man Iwan eingefangen habe. "Acht Mann lagen auf der Lauer. Doch dann hat der Wind gedreht, und Iwan ist nicht gekommen. Dabei waren wir schon so nahe dran", erzählt der Tierschützer.
Tags zuvor hatte sich Iwan fast 50 Minuten an den Lecksteinen erfreut. Kurzfristig sei er sogar in den Anhänger gestiegen. "Aber ohne Betäubung können wir ihn nicht transportieren.
Jetzt wollen wir ihn mit Leckereien ins Fanggatter locken. Vom angrenzenden Hochstand aus ist Hans Wintersteller sicher, ihn betäuben zu können", sagt Aufhauser.
Wie berichtet, hatte man anfangs versucht, Iwan mit geballter Weiblichkeit zu "erlegen".
Doch Kuh Burgi fühlte sich in ihrer Haut als "Lockvogel" gar nicht wohl und musste abgezogen werden. Kalb Iwana hatte mehr Glück. Ein wenig Muhen reichte aus, und schon tauchte Iwan aus dem nächtlichen Wald auf. "Iwana hat dann aber leider Durchfall bekommen", erklärt Aufhauser. Ob Iwans Anblick die Verdauungsprobleme auslöste? Möglich wäre es, denn der einstige Jungstier hat sich zu einem wahren Muskelpaket entwickelt.
"Haben Sie in die Augen dieses Tieres gesehen. Der ist zu allem entschlossen. Der weiß, was er will", sagt Aufhauser lachend und hofft am Freitag, Iwans Transport nach Aiderbichl verkünden zu können.
Die Flucht von Kuh Yvonne wird verfilmt
Iwan ist nicht das erste Rindvieh, dessen Flucht für Aufsehen sorgt. Im vergangenen Sommer hielt Kuh Yvonne 92 Tage lang Oberbayern in Atem. Das österreichische Hausrind war nach Bayern verkauft worden, wo es gemästet und geschlachtet werden sollte. Doch dazu kam es nicht.
Yvonne schlich sich am 24. Mai 2011 von der Weide ihres Besitzers und versteckte sich in den Wäldern. Alle Versuche, die Kuh wieder einzufangen, scheiterten vorerst. Im Schutze der Nacht besuchte Yvonne sogar die anderen Tiere, danach entkam sie aber wieder. Schließlich wurde die Suche durch den Einsatz von Hubschraubern und Wärmebildkameras intensiviert. Die Kosten dafür teilten sich ein Radiosender und Gut Aiderbichl. Das Medienecho war enorm. Sogar die renommierte New York Times berichtete ganzseitig. Nun kommt Yvonnes Geschichte als Animationsfilm in die Kinos. Laut Süddeutscher Zeitung wird es aber kein pädagogisches Lehrstück, sondern eine überzeichnete Liebesgeschichte zwischen der Kuh und einem Hirsch.
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